4. Dezember 2014In 2014/4

Der Macher: René Heinersdorff

Schauspieler, Regisseur, Autor und Theaterdirektor


von Evelin Theisen

„Nicht umsonst sind wir so ziemlich das einzige unsubventionierte Theater dieser Größe, das nicht klagt.“

Es gibt Leute, die behaupten, René Heinersdorff erkennt erst am Bühnenbild, in dem er als Scha​uspieler auftritt oder in dem er als Regisseur inszeniert, in welcher Stadt er sich befindet. Nicht selten hat er gleichzeitig vier Stücke zu betreuen. Als Autor, als Schauspieler, als Regisseur und als Produzent.

1963 geboren, wollte er schon mit 12 zum Theater. Sein erstes diesbezügliches Erlebnis war der Besuch einer Vorstellung von Brandon Thomas’ CHARLYS TANTE, was in der nächsten Spielzeit, gute 40 Jahre später, in Düsseldorf in seiner Inszenierung mit Marcus Majowski zu sehen sein wird. Seine Vorliebe für Komödien und das Boulevard war da bereits geprägt. Nicht umsonst waren – neben seinem Studium der Germanistik und Philosophie nach seinem Godesberger Abitur – seine Lehrmeister Wolfgang Spier, Harald Leipnitz und die legendären Wölffers. Und seine engen Freunde in diesem Beruf heißen Jochen Busse und Hugo Egon Balder, alles Spezialisten im theatralischen Erzählen von komischen Geschichten.

Ein normaler Tag in Düsseldorf, den DJournal begleitet hat, sah so aus: Um 07h30 verlässt er das Haus mit seinen drei Kindern. Das Wegbringen der Kinder in Schule, Kindergarten und Krabbelgruppe dauert eine gute Stunde.

Im Kindergarten, der zweiten Station, trifft er seinen Freund Moritz Führmann, einer der Protagonisten am Düsseldorfer Schauspielhaus. Führmann und er tauschen sich aus, informieren sich über die neuesten Stimmungen, Projekte, aber auch Gerüchte und Vertraulichkeiten der Theaterszene. Ein Käffchen im Stehen, obwohl Heinersdorff morgens am liebsten Tee trinkt.

Danach fährt Heinersdorff, der leidenschaftlicher Nutzer der öffentlichen Verkehrsmittel und BahnCard 100 ist, nach Köln. Dort synchronisiert er heute einen neuen Walt-Disney Film. Er spielt einen Frosch: surrt, krächzt, überschlägt die Stimme für eine gute Stunde und trifft per Zufall seine alten Weggefährten Thomas Fritsch und Rolf Berg, die ebenfalls aus der Dunkelkammer kommen.

Viel Zeit bleibt nicht. Um 10h ist Probe im Kölner Theater am Dom für Charlys Tante. Unlängst hat er das Stück in Bamberg inszeniert und probiert nun die Kölner Version mit einem Ensemble von 9 Leuten. Mit bester Laune und einem offenen Ohr für alle Belange der Schauspieler – und scheinen sie noch so zweitrangig – treibt er die heutige Szene auf Tempo. Um 13h ist Schluss. Sein Geschäftspartner Oliver Durek fängt ihn noch kurz für ein paar unternehmerische Entscheidungen ab und begleitet ihn über die Domplatte zum Hauptbahnhof, um noch ein paar Details zu besprechen.

Fast, aber auch nur fast, pünktlich erreicht er gegen 14h die Probebühne auf der Kronprinzenstraße in Düsseldorf. Tom Gerhardt, Moritz Lindbergh und Tina Seydel probieren das Stück DINNER FÜR SPINNER von Francis Veber, das nun schon erfolgreich Premiere hatte. (Siehe Bericht auf Seite…) Heute sollen Sprachaufnahmen gemacht und ein heikler Umzug probiert werden, da Tina Seydel eine Doppelroll​e spielt. Tom Gerhardt wartet mit neuesten Textänderungen auf, die er allabendlich zur Verbesserung am Stück vornimmt. Mit viel Lachen und Spaß werden Passagen eingearbeitet oder verworfen, eingearbeitet oder modifiziert.

Um 19h macht sich Heinersdorff auf ins Theater an der Kö. In den Schadow Arkaden kann man allabendlich im Basement unterschiedlich essen. Heute entscheidet er sich gegen Sushi oder Currywurst und wählt den Thailänder. Kein Gastronom, der ihn nicht herzlich grüßt. „Das hier ist meine Multi-Kulti-Kantine“, lacht er und schiebt sich zwei vegetarische Frühlingsrollen in den Mund.

Um 20h heißt es: Vorhang auf für DER MENTOR von Daniel Kehlmann, der 20-jährigen Jubiläumsproduktion des Theaters (DJournal berichtete im letzten Heft). Als er um zwanzig vor acht die Garderobe betritt, ruft sein Bühnenpartner Peter Bongartz: Du bist aber früh heute!

Nach der Vorstellung trifft er noch Gäste aus Stuttgart: den Theaterleiter Manfred Langner, der die Produktion DER MENTOR gerne nach Stuttgart einladen möchte.

So kann es, wie im letzten Sommer, passieren, dass zeitgleich sieben Produktionen aus Heinersdorffs Düsseldorfer Theaterschmiede bundesweit unterwegs sind: „Ohne das ginge es nicht. Nicht umsonst sind wir so ziemlich das einzige unsubventionierte Theater dieser Größe, das nicht klagt. Leben könnte ich von dem Theater nicht. Das ist ein Nullsummenspiel ohne die eigene Arbeit zu berechnen. Ich verdiene erst, wenn die Produktion weiter verwertet wird. Auch als Autor.“

Ach ja: Wann schreibt er eigentlich die Stücke, die überall gespielt werden?

„Im Zug. Die Deutsche Bahn ist mein Büro. Deshalb stören mich die vielen Verspätungen nur, wenn ich selber spielen muss.“

Wenn das kein echter MACHER ist …


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