„Ich bediene mich hauptsächlich aus einem lokalen Pool an DJs, die eine sehr enge Verbindung zur Stadt haben und auch hier leben“
Interview mit dem Gastronom und Schauspieler Walid El Sheikh
von Christian Theisen
Walid, Du betreibst in Düsseldorf inzwischen 3 Gastronomie-Projekte, die sich zwar sehr voneinander unterscheiden, aber dennoch eins gemeinsam zu haben scheinen: Die Inszenierung des Gastes. Ist das beabsichtigt?
Beabsichtigt ist es, einen Raum zu inszenieren, in dem sich jeder Gast mit seinen verschiedenen Ansprüchen an den Raum als Protagonist fühlt und sich dadurch als Teil der Gesamtinszenierung versteht. Dies ist beabsichtigt, da ich den Wunsch habe, Gäste so aus der Realität in die von mir geschaffene Welt zu entführen, dass sich das Ergebnis mit den Wünschen des Gastes deckt, den Alltag für die Zeit des Besuches abzustreifen.
Welche Mittel setzt Du ein, um das zu erzielen?
Es ist die Innenarchitektur. Mit anderen Worten: Materialien mit Substanz, einer besonderen Haptik, Farben einer gewissen Qualität und formreduzierte aber substantielle Möbel.
Was sind für dich weitere wichtige Erfolgsfaktoren?
Genauso wichtig wie die Architektur und die Inszenierung, sind die Mitarbeiter, die hochmotiviert und glaubhaft freundlich den Gast empfangen und sich selbst daran erfreuen, gute Dienste zu leisten.
Die ehemalige Anaconda-Lounge wurde gerade frisch als „Oh Baby Anna“ wiedereröffnet. Der Umbau war sehr umfangreich, das Ergebnis ist dafür aber auch atemberaubend. Du hast dabei alles bis ins Detail selbst entwickelt. Für diejenigen, die noch nicht dort Gast waren: Was sind die Highlights, was ist das (neue) Konzept?
Das neue und gleichzeitig auch das alte Konzept war und ist es, die elektronische Musik und ihre Akteure in Düsseldorf zu fördern und zu stärken. Ich bediene mich hauptsächlich aus einem lokalen Pool an DJs, die eine sehr enge Verbindung zur Stadt haben und auch hier leben. Gleichzeitig möchte ich nicht nur den Musikgenuss fördern, sondern auch den Raum erlebbar machen. Eines der absoluten Highlights ist die neu gestaltete Spiegelinstallation im Rückbuffet der Bar, die in Kombination mit einem Videomapping von Dino Korati (ebenfalls ein Düsseldorfer Licht- und Videokünstler) den Raum förmlich zerreißt und ihn dem Betrachter immer wieder neu erscheinen lässt.
Viele gehobene Gastronomieprojekte wurden in den letzten Jahren nicht mehr in der Düsseldorfer Altstadt umgesetzt, sondern vielmehr im Medienhafen oder anderen „In-Stadtteilen“. Dein Bekenntnis zur Altstadt ist ein starkes Signal für den Standort. Was müsste Düsseldorf tun, um die Altstadt wieder aufzuwerten?
Eine Aufwertung der Altstadt ist nicht notwendig, da ich mir keinen besseren Ort als die Altstadt vorstellen kann. Wir müssen uns davon befreien, Stadtteile und ihr Angebot zu homogenisieren. Die Vielfältigkeit des Angebots in der Altstadt lockt ein extrem heterogenes Publikum an und nur mit dieser Vielfalt an „Farben“ lässt sich auch die Besonderheit meiner geschaffenen Objekte erfahren.
Immobilienprojekte wie das Kameha Residence, das Andreas-Quartier oder LambertusEins beschleunigen die Gentrifizierung der Altstadt. Wie siehst Du die Entwicklung?
Von Gentrifizierung kann keine Rede sein, denn die Wohnviertel, die in der Altstadt neu entstanden sind, ersetzen keine alten Wohnquartiere, sondern sind vollkommen neu geschaffene Wohnviertel. Gleichwohl mir bewusst ist, dass aufgrund der hohen Kaufpreise die dort angebotenen Wohnflächen ausschließlich einem sehr potenten Publikum zugänglich sind.
Düsseldorf ist – wie der Name schon sagt – eigentlich nur ein Dorf. Irgendwann ist das Potential von Düsseldorf ausgeschöpft. Gibt es Orte, die dich reizen, dort etwas umzusetzen?
Das Schöne an dem „Dorf“ Düsseldorf ist, dass sich seine wahre Größe hinter dem niedlichen Begriff verborgen hält, denn in Wirklichkeit ist Düsseldorf eine Megametropole mit einem über 10 Millionen Menschen umfassenden Einzugsgebiet mit so vielen kulturellen Spots, die man erst einmal alle kennen lernen muss. Daher lockt mich im Augenblick nicht viel aus Düsseldorf heraus. Dies gilt zumindest fürs hier und jetzt.
Du bist ausgebildeter Schauspieler, sammelst moderne Kunst, hast eine enge Verbindung zur Musik. Man könnte vermuten, dass Du irgendwann noch andere Bühnen „bespielen“ willst. Gibt es dazu schon konkretere Ideen? Was könnte das sein?
Tatsächlich gibt es diese Vision und auch konkrete Ideen, die ich aber zu gegebener Zeit erst kommunizieren möchte.
Gastronomie – speziell dein Segment – ist mit einem geregelten Familienleben oftmals nur schwer zu vereinbaren. Wie gehst Du damit um?
Ich halte mir konsequent, völlig unabhängig von der Dichte und Vielfalt meiner Aufgaben, ein wöchentliches Zeitfenster offen, in dem ausschließlich die Familie im Vordergrund steht. Zudem habe ich auch eine sehr verständnisvolle und liebevolle Familie.
Kurzvita
Walid El Sheikh. Gebürtiger Düsseldorfer, 39 Jahre alt. Absolvent der Folkwang Universität der Künste, Fachbereich 3 Darstellende Künste (Schauspiel). Betreiber der: Elephant Bar, Sir Walter, Oh Baby Anna. Leidenschaften: Architektur, Fotografie, American Football. Verheiratet, eine Tochter.
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