30. Dezember 2020In 2020/3

„Eine spannende und vielseitige Aufgabe“

Ein Gespräch mit Dr. Albert Michael Tilmann, Vorsitzender der Robert-Schumann-Gesellschaft

von Dr. Susanne Altweger 


2017 wurden sie zum Vorsitzenden der Robert-Schumann-Gesellschaft gewählt. Wie kam es zu diesem bürgerschaftlichen Engagement? 

Ich wurde von unserem Kulturdezernenten Hans-Georg Lohe angesprochen, der einen neuen Vorsitzenden suchte, weil mein Vorgänger beruflich nach Asien ging und es sich auf Dauer schwierig gestaltete, die Gesellschaft ausschließlich virtuell zu leiten. Herr Lohe meinte, mein „Doppelberuf“ als Jurist und Musiker sei die ideale Grundlage für diese Funktion. Gemeinsam mit meiner Frau habe ich mich dann entschieden, diese herausfordernde Aufgabe für das Düsseldorfer Kulturleben zu übernehmen.

Nun blicken sie auf fast drei Jahre zurück. Was konnten sie in dieser Zeit verändern oder bewirken?

Mein erstes Anliegen war, der Schumann-Gesellschaft in Düsseldorf wieder ein Gesicht zu geben. Das hieß konkret, bei Politik und Verwaltung und im Düsseldorfer Kulturleben präsent zu werden, um die Schumann Gesellschaft wieder ins Bewusstsein zu rücken. 

Eine weitere wichtige Aufgabe war, neue Mitglieder zu gewinnen. Dabei hat mir meine gute Vernetzung in der Stadt geholfen, insbesondere zu den der Musik verbundenen Menschen in Düsseldorf. Unser moderater Jahresbeitrag von 75 Euro hilft natürlich auch dabei. Die nächste große Herausforderung war 2019 das Schumann Fest. Die bisherige Finanzierung mit großzügigen Sponsoren war nicht mehr möglich. Banken und Firmen, die ein Sponsoring in sechsstelliger Höhe zur Verfügung stellen, gab es nicht mehr. In Abstimmung mit der Stadt wurde besprochen, dass zukünftig die Tonhalle gGmbH die Schumann Feste als Veranstalterin organisiert und wir daran mit Programmvorschlägen und Empfehlung von Musikern mitwirken. 2019 stand ganz unter dem Motto „200 Jahre Clara Schumann“. Auch wenn wir Robert-Schumann-Gesellschaft heißen, fördern wir mit derselben Leidenschaft das Andenken Claras.

Worin liegt Claras besondere Bedeutung? 

Sie war nicht nur eine hervorragende und erfolgreiche Solistin, sondern auch beeindruckende Komponistin, deren Werke es verdienen, aufgeführt zu werden. Sie hat zum Beispiel ein fantastisches Klavierkonzert komponiert. Als Solistin dafür konnte ich die georgische Virtuosin Mariam Batsashvili gewinnen, die meine Frau und mich in Hamburg bei der „Deutsche Stiftung Musikleben“ elektrisiert hatte. Beim Studium ihrer Vita sah ich, dass sie eine der wenigen jungen Pianistinnen war, die dieses Clara Schumann-Konzert bereits vor dem Jubiläumsjahr 2019 im Repertoire hatte. Der Intendant der Tonhalle, Michael Becker, gestand freimütig, dass dieses Werk noch nie von den Düsseldorfer Symphonikern aufgeführt worden war. So kam es im Mai 2019 zur Düsseldorfer Erstaufführung. Ein Solo Rezital mit Mariam Batsashvili folgte im Januar 2020 im Schumann-Saal. Dafür bat ich sie, auch Robert Schumann in ihr Repertoire aufzunehmen. So studierte sie die Fantasiestücke für Klavier Opus 12 ein. In Düsseldorf spielte noch nach Noten, aber vor einem Monat bei einem im Internet weltweit übertragenen Konzert in der Londoner Wigmore Hall spielte sie „ihren“ Schumann bereits auswendig. Sie hatte ihn verinnerlicht und schrieb mir wortwörtlich: „Ich liebe dieses Stück“. Das hat mich sehr berührt. Beim nächsten Schumann Fest im Mai 2021 werden wir Mariam Batsashvili mit Kammermusik im Cello Duo mit Maximilian Hornung präsentieren. 

Robert-Schumann-Gesellschaft

Kurzinfo
1979 gegründet, verfolgt die Gesellschaft folgendes Ziel: „Der Verein dient der künstlerischen und wissenschaftlichen Pflege des musikalischen Erbes von Robert Schumann und seiner Zeit.“ Neben der Ausrichtung der Schumannfeste und des internationalen Klavierwettbewerbs „Concours Clara Schumann“ werden Konzerte, Vorträge, Symposien und Ausstellungen organisiert.

Wie haben sie das Coronajahr 2020 im Hinblick auf die Robert-Schumann-Gesellschaft erlebt?

Wir hatten am 14. Februar noch ein anspruchsvolles Konzert im Bechstein Centrum im Stilwerk mit dem jungen deutschen Klavierduo Vincent und Sophie Neeb. Danach kam natürlich alles zum Erliegen. Das tut einem im Herzen weh für die Künstler. Deshalb überlegen wir, ob digitale Aktivitäten helfen können. 

Das kann ich bestätigen. Ich habe mir etliche „stay at home“-Konzerte auf YouTube angesehen und angehört.

Ja, es gibt im Internet auch viele positive Kommentare für die Musiker, und so bleibt die Kommunikation wenigstens erhalten. Ich bin sehr dafür, denn dadurch werden die jungen Musiker und Musikerinnen motiviert, weiter zu üben und ihr Repertoire zu erweitern. Die finanzielle Problematik, wie Einnahmen für die Künstler generiert werden können, darf man allerdings nicht vernachlässigen. Auch an diesem Thema arbeiten wir. 

Gibt es auch eine internationale Vernetzung der Robert-Schumann-Gesellschaft?

Wir haben Mitglieder in der ganzen Welt, und da ich zu einem Viertel Niederländer bin, sehe ich gute Möglichkeiten, die Schumann-Gesellschaft auch dort bekannt zu machen. Robert und Clara hatten eine besondere Verbindung in die Niederlande. Sie reisten oft dorthin und fühlten sich im Nachbarland zum Schluss mehr geschätzt, als in Düsseldorf.

Robert Schumann Haus, , „Eine spannende und vielseitige Aufgabe“
Schumannhaus in Düsseldorf

Und dann gibt es doch noch eine Baustelle….

Ja, Düsseldorf hat die Baustelle Schumann-Haus. Engagierte Bürger haben viel Geld gesammelt, um dort ein anspruchsvolles Museum einzurichten – vorausgesetzt, die Stadt saniert die historische Bausubstanz. Diese Initiative ist vom Rat der Stadt einstimmig aufgenommen worden. Wir hoffen, dass im kommenden Jahr das Schumann Haus eröffnet werden kann. Ein Schumann-Haus kann – gemeinsam mit dem Heine Institut – ein weiterer Kristallisationspunkt der kulturellen Aktivitäten auf der Bilker Straße als Straße der Romantik und Revolution werden. Wir begleiten und unterstützen dieses neue kulturelle Aushängeschild der Stadt Düsseldorf.

Mein großer Traum ist, so wie es in Bonn an allen Rheinbrücken ein Hinweisschild auf das „Beethoven-Haus Bonn“ gibt, auch an den Düsseldorfer Brücken auf das „Schumann-Haus Düsseldorf“ hinzuweisen. Das würde Düsseldorf als Stadt der Kultur weithin bekannt machen. Unserem neuen Oberbürgermeister, Dr. Stephan Keller, konnte ich schon vor seiner Wahl meinen Wunsch nahebringen. Er erkannte sofort das enorme Potential für das künftige Stadtmarketing und kulturelle Aktivitäten.

Zuletzt möchte ich noch von einer wunderbaren Fügung sprechen: Ein langjähriges Mitglied unsere Gesellschaft hat uns nach seinem Tod eine große Summe vererbt: eine Hälfte wurde dem Förderverein der Clara Schumann Musikschule vermacht, die andere Hälfte der Schumann-Gesellschaft. Alles zweckgebunden, um junge Menschen an die Schönheit der Musik heranzuführen und vor allem junge Menschen zu fördern, die Musiklehrer*in werden wollen. Wir werden zum einen gezielt Konzerte junger Musiker für junge Menschen veranstalten, vor allem aber mit diesem Geld drei Stipendien für angehende Schulmusiker*innen vergeben. Wir sind sicher, damit den Mangel an jungen Schulmusikern lindern zu können. Ein Stipendium haben wir für die Niederlande vorgesehen, so fördern wir auch die europäische Zusammenarbeit junger Menschen, deren Herz für die Musik schlägt. 

Ich bin einfach glücklich über diese spannende und vielseitige Aufgabe, auch wenn sie mit viel Arbeit verbunden ist.


© Titelfoto: Dr. Susanne Altweger
© Foto Schumannhaus: Michael Gstettenbauer, Landeshauptstadt Düsseldorf

Ähnliche Beiträge