„Mit unseren Stiftungen können wir in Düsseldorf etwas bewegen“
Interview mit Eduard H. Dörrenberg, Präsident der GFFU
von Dr. Susan Tuchel
Die Heinrich-Heine-Universität wurde 1965 gegründet. Die Gesellschaft von Freunden und Förderern (GFFU) hat ihre Wurzeln jedoch im Jahr 1955. Wie passt das zusammen?
Weil es bereits 1907 mit der „Düsseldorfer Akademie für praktische Medizin“ einen Vorläufer der heutigen Universität gab, in der aber erst nach dem ersten Weltkrieg 1919 der klinische Unterricht aufgenommen wurde. 1923 wurde die Akademie dann in „Medizinische Akademie in Düsseldorf“ umbenannt, ab dem Wintersemester 1931/32 konnte man Zahnmedizin studieren. nach dem zweiten Weltkrieg erlangte die Akademie einen weltweiten Ruf in der Herzforschung und Herzchirurgie. Der Freundeskreis wurde vor 65 Jahren von Freunden und Förderern der Medizinischen Akademie Düsseldorf gegründet, aus dem Gedanken heraus die medizinische Forschung voranzutreiben und Stipendien zu vergeben. An diesem Grundgedanken hat sich auch nichts geändert, als die Universität Düsseldorf 1965 gegründet wurde. Heute hat die nach Heinrich Heine benannte Universität fünf Fakultäten mit über 35.700 Studierenden, die von den Stiftungen der Freunde und Förderer profitieren. Und natürlich hätten wir das 65. Jahr gerne groß gefeiert, aber da hat Corona uns einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Ihr Vorgänger von 2003-2013 war Prof. Gert Kaiser, der über Jahrzehnte auch Rektor der Heinrich-Heine-Universität war. Wie kamen Sie als Mann aus der Wirtschaft zu diesem Ehrenamt?
Ziemlich spontan und unerwartet, weil mich Dr. h. c. Rolf Schwarz-Schütte, der selbst von 1988 bis 2000 Präsident der GFFU war, vor sieben Jahren anrief und fragte, ob ich mir nicht vorstellen könnte, auch Präsident der GFFU zu werden. Ich war damals kurz davor, meine Firma zu verkaufen, war im Vorstand des Industrieclubs und noch nicht einmal Mitglied bei den Freunden und Förderern. Ich sagte dennoch zu, auch wenn mir gleich klar war, dass der Zeiteinsatz nicht so gering sein würde, wie gerne von Vorgängern bei solchen Stabübergaben behauptet wird.
Bei Ihrem Amtsantritt hatten Sie sich vorgenommen, die Mitgliederzahl der Gesellschaft von 300 auf 600 in drei Jahren zu verdoppeln. Haben Sie Ihr Ziel erreicht?
Nein, da habe ich wohl kläglich versagt. Dabei kann eine Einzelperson schon für 100 Euro Jahresbeitrag bei uns Mitglied werden. Wir haben in der GFFU allerdings eine hohe Altersstruktur, das heißt, uns sterben die Mitglieder weg. Aktuell haben wir rund 350 Mitglieder, ein kleiner Anstieg der Mitgliederzahl geht dann doch auf meine Kappe. Aber noch wichtiger als die Mitgliederzahl war mir während meiner Amtszeit noch mehr zu bewegen, vor allem in Richtung Wirtschaft, aus der ich nun einmal komme. 2017 haben wir einen Start-up-Wettbewerb initiiert. Er hilft jungen Forschern bei ihrem Eintritt in eine Unternehmerkarriere mit 50.000 Euro Preisgeld. Dieser Wettbewerb hat auch landesweit Aufmerksamkeit erregt. Vor drei Jahren war Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, bei der Preisverleihung dabei. Dieses Projekt hat sich zu einem Leuchtturmprojekt für die Wirtschaftsregion Düsseldorf entwickelt. Das ist auch der Motor für meine Arbeit, weil ich sehe: Mit unseren Stiftungen können wir in Düsseldorf etwas bewegen.
Die Gründungsidee der Freunde und Förderer ist der Austausch von Universität mit der Stadt und der Region sowie die vielzitierte Bürgernähe. Wie füllen Sie diese Idee mit Leben? Was haben die Mitglieder davon?
Die GFFU ist die führende private Institution der Wissenschaftsförderung in der Region Düsseldorf. Was die Mitglieder betrifft: Ich finde die Frage, was der Einzelne von einer Mitgliedschaft hat, durchaus legitim. Wir haben für die Mitglieder ein Programm ins Leben gerufen. Sie werden z.B. eingeladen, den zoologischen Garten der Universität zu besuchen oder an einem Kunstrundgang auf dem Campus teilzunehmen. Auf dem Campus gibt es insgesamt 23 Kunstwerke, wobei die vier Wandbilder „Brushstroke“ von Roy Lichtenstein im Foyer des vorklinischen Instituts, die „Tages- und Nachtzeiten“ des Düsseldorfer Malers Ulrich Erben im Konrad-Henkel-Hörsaal und das bronzene Heine-Denkmal von Hugo Lederer vor der Universitäts- und Landesbibliothek zu den bekanntesten zählen. Und was die Bürger betrifft: Wir bieten kostenfreie Vorträge und Podiumsdiskussionen im Haus der Universität zu aktuellen Themen wie z. B. China und die Seidenstraße an, zu denen wir hochkarätige Vortragende einladen.
50.000 Euro Preisgeld für Start-up-Forscherteam
Die Gesellschaft von Freunden und Förderern der Heinrich-Heine-Universität e.V. GFFU hat im Oktober im Industrie-Club erneut ihr seit 2017 ausgeschriebenes Start-up-Stipendium vergeben. „Im letzten Jahr konnte das Publikum mitabstimmen. Dieses Jahr war das leider nicht möglich“, bedauert Präsident Eduard H. Dörrenberg, der aufgrund der aktuellen Corona-Verordnungen über 100 Gäste wieder ausladen musste. Die Verleihung wurde aber gefilmt und auf die Website der GFFU gestellt.
Auf dem Foto: Prof. Dr. Anja Steinbeck, Lutz Berwanger, Maximilian Dietsch, Dr. Nicolas Schilling, Eduard H. Dörrenberg
© Foto: Artur Rundt
Die Jury hatte die Wahl zwischen drei Erfindungen, die es bis in die Endrunde geschafft hatten. Erstens die App „MyCare“, die Mitarbeitern des Gesundheitswesens bei der Stressbewältigung helfen soll, sodann die Software-Plattform „Who Moves“, die ausländischen Fachkräften mittels künstlicher Intelligenz den Einstieg ins Berufsleben in weniger dicht besiedelten Regionen erleichtern soll und schließlich „Krauts’n Sprouts“, ein Mehrstoffdünger, der unter Einsatz von Mikroorganismen Emissionen und Abfälle reduziert, indem Abwärme, CO2, phosphathaltige Abwässer sowie Gülle in der Produktion von Industrieunternehmen recycelt werden. Die Erfindung von „Krauts’n Sprouts“ überzeugte die Jury. Dr. Nicolas Schmelling, Lutz Berwanger und Maximilian Dietsch konnten sich über ein Preisgeld in Höhe von 50.000 Euro freuen. „Dieser Preis hat sich zu einem Leuchtturmprojekt entwickelt und das ist genau das, was wir wollten, etwas, das nach außen strahlt“, erklärt Dörrenberg und hofft, dass im nächsten Jahr das Publikum wieder mitabstimmen kann.
Die hauptsächliche Arbeit Ihrer Gesellschaft besteht darin, die 24 Stiftungen zu verwalten. Wie hat man sich das vorzustellen?
Jede Stiftung hat ein Kuratorium von drei bis sechs Personen, die die Stiftung verwalten. Qua meines Amtes bin ich in drei Viertel der Kuratorien vertreten und führe in der Hälfte den Vorsitz. Jede Stiftung hat ihre eigene Satzung und schreibt darin z.B. vor, welche Fakultäten berücksichtigt werden sollen. es gibt Stiftungen, die vorsehen, dass nur die Erträge verbraucht werden dürfen. es gibt aber auch so genannte verzehrende Stiftungen, was sich vor allem bei kleineren Stiftungen anbietet. Die Dr. Günther- und Imme-Wille-Stiftung vergibt jedes Jahr zwölf Stipendien zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Die GFFU selbst finanziert 30 Deutschlandstipendien. insgesamt werden mehr als 300 Deutschlandstipendien an der HHU vergeben und damit stehen wir mit an der Spitze in Deutschland. Bei der Mitgliederversammlung vergeben wir jedes Jahr Preise, in diesem Jahr werden diese am 16. Dezember vergeben. 10.000 Euro werden an die Philosophische Fakultät gehen, 12.500 Euro an die Mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät und 10.000 Euro an die Klinik der Urologie.
Wie legen Sie das Vermögen an und wie hoch ist es?
Das Vermögen aller Stiftungen, die wir verwalten, liegt im mittleren zweistelligen Millionenbereich. Wenn ich auch die Mitgliederzahlen in meiner Amtszeit nicht sehr stark steigern konnte, so ist das von uns verwaltete Vermögen in dieser Zeit um ca. 25 Prozent gestiegen. Früher haben wir das Geld in Bundesanleihen angelegt, die werfen jedoch keine Rendite mehr ab, so dass wir unseren Aktienanteil erhöht haben. Darüber entscheidet der Anlagenausschuß. Das Stiftungsvermögen wird in einem Fonds verwaltet, der immerhin noch knapp drei Prozent ausschüttet.
Welche Projekte unterstützt die GFFU?
Wir unterstützen mit den Stiftungen eine Vielzahl von Projekten in der Hirnforschung, Stammzellenforschung, Krebsforschung und der Erforschung und Behandlung der HIV-Infektion. Außerdem gibt eine Stiftung für den Erhalt von Schloss-Mickeln und eine für das Haus der Universität. Des Weiteren unterstützen wir das Uni Orchester und die Nacht der Wissenschaft, die im letzten Jahr 10.000 Besucher hatte und voraussichtlich auch 2021 wieder auf dem Schadowplatz stattfinden soll.
Kurzvita
Eduard H. Dörrenberg erblickte im letzten Kriegsjahr in Rengsdorf in Rhein-land-Pfalz das Licht der Welt. Sein Elternhaus in Düsseldorf war nach dreimaliger Bombardierung nicht mehr bewohnbar. Kurz bevor die Amerikaner im Mai 1945 in Düsseldorf einmarschierten, kehrte die sechsköpfige Familie zurück. Dörrenbergs Vater hatte ein Werkzeugunternehmen auf der Hansaallee, auf der damals in verschiedenen Produktionsunternehmen rund 5.000 Menschen beschäftigt waren. Eduard H. Dörrenberg studierte Technische Betriebswirtschaft in Karlsruhe, machte seinen Abschluss als Dipl. rer. pol. (techn.). 1973 lernte er seine Frau Marina kennen, heiratete und stieg mit in das Familienunternehmen ein, das auch verschiedene Standorte in Deutschland und Österreich hatte. im Jahr 1984 löste Dörrenberg aus der Gruppe die Firma Schulz & Braun heraus und übernahm 1990 ein weiteres Werkzeugunternehmen in Österreich. Dieses Traditionsunternehmen für Qualitätswerkzeuge führte er bis in das letzte Jahrzehnt. Heute besteht nur noch der immobilienzweig, der von seiner Frau geführt wird. Dörrenberg ist weiter Geschäftsführender Gesellschafter. 2013 übernahm er in der Nachfolge von Prof. Dr. Gert Kaiser das Amt des Präsidenten der Gesellschaft von Freunden und Förderern der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
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