Praesident der oesterreichischen Gesellschaft scaled, , Neuer Präsident der österreichischen Gesellschaft in Düsseldorf

Neuer Präsident der österreichischen Gesellschaft in Düsseldorf

von Dr. Susanne Altweger


Nach 9jähriger Amtszeit hat die Präsidentin der österreichischen Gesellschaft Susanne Traschler ihr Amt in die Hände des bisherigen Vizepräsidenten Gerald Sonnleitner übergeben. Er wurde einstimmig gewählt. Gesamtvorstand und Beirat wurden im Amt bestätigt. Susanne Traschler nimmt nun den Posten der 1.Vizepräsidentin ein, und der langjährige Präsident Karl Heinz Marschner bleibt als 2. Vizepräsident erhalten.

In seiner sehr gut vorgetragenen und pointierten Einführungsrede erklärte der neue Präsident sein Anliegen für die Zukunft der österreichischen Gesellschaft: 

Gute Vernetzung und damit die Chancen
das Vereinsleben auch für 
jüngere Mitglieder attraktiv zu gestalten.

Dabei ist ihm ein echter Coup gelungen: 

die „Initiative Netzwerk NRW“, ein „Joint Venture“ der ÖGD zusammen mit Advantage Austria, vertreten durch den Botschaftsrat für Handelsangelegenheiten Dr. Michael Scherz und den österreichischen Honorarkonsul Georg Schmidt

Immerhin leben in NRW 250.000 Österreicherinnen und Österreicher und das Land befindet sich unter den Top 5 der Handelspartner von NRW. Exklusive Veranstaltungen in vertrauensvoller Atmosphäre sollen den geschäftlichen Erfolg unserer Landsleute fördern.


Foto: Susanne Traschler, 1. Vizepräsidentin, Gerald Sonnleitner, Präsident der österreichischen Gesellschaft (© Susanne Altweger) 


Niesche Tuchel, , „Ein Theater ohne eigenes Haus ist ein Problem“ 

„Ein Theater ohne eigenes Haus ist ein Problem“ 

Interview mit Madeleine Niesche, Intendanz und Geschäftsführung Komödie Düsseldorf 

von Dr. Susan Tuchel


Dass die Komödie Düsseldorf zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit ihren Standort gewechselt hat, ist noch ganz neu. Sie spielen seit Juni im Ibach-Saal des Stadtmuseums, was man nicht vermuten würde, wenn man vor dem Stadtmuseum steht. Was hat nicht gepasst an der vorherigen Spielstätte, dem Capitol? 

Es war eigentlich schon im Oktober klar, dass es nicht funktionieren würde. Zum einen war für uns die Saalmiete finanziell nicht tragbar, zum anderen hat sich schnell herausgestellt, dass es akustische Probleme gab bei Parallelveranstaltungen im Großen Saal. Wir mussten handeln und haben gekündigt. Da fing für mich ein regelrechter Stadt- und Verwaltungsmarathon an, um bezahlbare Räume und eine neue Bühne zu finden. Ich habe mich da streckenweise ein bisschen im Stich gelassen gefühlt, weil es in der Stadt eine Zwei-Klassen-Kultur zu geben scheint, nämlich Kultur, die ohne Wenn und Aber gefördert wird, und Kultur, die eben nicht öffentlich gefördert wird. Josef Hinkel hat mich dann irgendwann mit Dr. Susanne Anna, der Direktorin des Stadtmuseums, zusammengebracht, wofür ich sehr dankbar bin. 

Ist der Ibach-Saal eine Interimslösung?

Wir mieten den Saal für die Aufführungsabende. Zu spielen ist immer besser als nicht zu spielen, weil uns sonst die Einnahmen komplett wegbrechen. Wir sind froh, den Saal mieten zu können, aber am Ende des Jahres ist hier definitiv Schluss. Länger genehmigt die Stadt die Nutzung nicht. Ein Theater ohne eigenes Haus ist ein Problem. Dabei brauchen wir nur einen Saal für 200 Leute. Vielleicht müssen wir da einfach auch mehr Richtung Wirtschaft denken, an Konzerne, die ihre Säle abends ja in der Regel nicht nutzen. Wer da eine Idee hat, möge sich bitte bei mir melden. Ich bin für jeden Hinweis dankbar. 

Es ist zwar noch etwas verfrüht, aber wie hat das Publikum auf den Spielplatzwechsel reagiert? 

Bislang durchweg positiv. Wir hatten im Juni Premiere mit „Gretchen 89ff.“. Der Vorteil des Ibach-Saales ist, dass die Zuschauer mehr sehen und näher dran sind als im Capitol. Beim Theaterspielen geht es ja nicht nur um das Stück, sondern auch um das Theater als den Ort der Begegnung. Das haben viele Theaterbesucher im Capitol vermisst, so dass wir zu unserem großen Bedauern Zuschauer verloren haben, denen die Umgebung der Spielstätte nicht zusagte. Wir hoffen natürlich, diese Besucher wieder zurückzuholen mit der zentralen Lage mitten in der Carlstadt. Ein Highlight können wir dem Publikum in diesem Sommer auf jeden Fall bieten: Im Ibach-Saal können wir die Rückseite zum Garten öffnen und bekommen so ein bisschen Open-Air-Atmosphäre. 

Was ist mit dem Team der Komödie Düsseldorf, wie viele Mitarbeiter haben Sie?

Ich bin eine Intendantin mit einer dünnen Personaldecke von fünf Mitarbeitern, auch für´s Marketing habe ich niemanden. Mein Glück ist, dass die Mitarbeiter durch die Bank weg Idealisten sind, die alles (mit)machen. Für die Komödie Düsseldorf zu arbeiten, hat viel mit Ehrenamt zu tun. Ich habe mittlerweile meine ganze Familie eingespannt. Mein Mann übernimmt beim nächsten Stück, das wir spielen, die Regie und meine Tochter hat beim Bücherbummel Werbung für die Komödie gemacht. 

Und wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus? 

Der ist im Moment einfach unbeschreiblich. Seit September hatte ich keinen Urlaub und kein freies Wochenende. Ich arbeite von morgens, wenn ich aufstehe, bis abends, wenn ich ins Bett gehe. Andererseits ist es schön, dass ich so viel gestalten kann, auch wenn das Administrative immer wie ein Berg vor einem steht. Hinzu kommt, dass ich in Bonn noch in „Extrawurst“ auf der Bühne stehe. Das ist ein Vor-Corona-Vertrag, den ich erst jetzt antreten konnte. Und für unser nächstes Stück „Offene Zweierbeziehung“ proben wir auch schon. Da spiele ich die Hauptrolle. 

Wann lernen Sie denn bei dem Arbeitspensum Ihre Rollen?

Das ist wirklich mein größter Vorteil, dass ich unglaublich schnell Texte erfassen und auswendig lernen kann. Das war schon als Kind so. Für diese Begabung bin ich sehr dankbar. Dass ich damit nur Schauspielerin werden konnte, war mir deshalb schon sehr früh klar, auch wenn mein erster Berufswunsch Regisseurin war. 

Sie sind an der Müritz geboren und aufgewachsen. Welche Sprachen sprechen Sie und wie verbringen Sie Ihre freie Zeit? 

Vor Englisch und Französisch war Russisch zu lernen in der DDR natürlich Pflicht. Meine Mutter war Russisch- und Englischlehrerin. Mein Vater hat am Gymnasium Mathematik und Physik unterrichtet und ist nach der Wende Gymnasialdirektor geworden. Meine Eltern hatten ein Motorboot, das gehört an der Mecklenburgischen Seenplatte einfach dazu. Ich bin dann mit 16 Jahren mit einer Freundin mit einem Puck-Faltboot losgepaddelt. Das war meine große Freiheit. Noch heute bin ich im Sommer so oft es geht an der Müritz, aber ich liebe auch Fernreisen. Nach den Dreharbeiten von „Rote Rosen“ habe ich meine Tochter in Neuseeland besucht. Ich würde gerne noch mehr von der Welt sehen. 

Sie sind auch noch mit einem „Stück“ DDR-Geschichte verheiratet. Ihr Mann Werner Tritzschler (Jahrgang 1956) ist Regisseur und Schauspieler und hatte in den frühen 80er-Jahren den Wehrdienst bei der Volksarmee verweigert und einen Ausreiseantrag gestellt. Er wurde inhaftiert. Damit gehören Sie zum Kreis der Frauen, deren Männer hinter schwedischen Gardinen gesessen haben, mit dem erheblichen Unterschied, dass sich Ihr Mann nichts hat zuschulden kommen lassen.

Das ist richtig. Mein Mann war ein Jahr in Haft, hatte aber das Glück, von der Bundesrepublik Deutschland freigekauft zu werden. Er war von 1989 bis 1994 hier in Düsseldorf am Schauspielhaus. Als er Regisseur am Theater der Stadt Koblenz war, haben wir uns bei gemeinsamen Proben kennengelernt. Wir haben viel zusammengearbeitet und tun es immer noch. Aktuell inszeniert er den Komödienklassiker „Offene Zweierbeziehung“ von Franca Rame und Dario Fo. 

Wie sieht Ihr Spielplan aus, wen möchten Sie mit Ihren Stücken erreichen?

Ich möchte Geschichten erzählen, in denen sich viele Menschen wiederfinden. Deshalb suche ich nach unterschiedlichen Stücken, denen etwas Herausragendes anhaftet. Komödien können beides: Sie können unterhalten, aber auch den Fokus auf Menschliches richten. Ich mag klassische Komödie und möchte gerne Uraufführungen in Angriff nehmen. 

Ursprünglich war „Schneider Wibbel“ für diesen Herbst geplant.

Das stimmt, aber das ist ein personenreiches Stück und daher teuer. Wir müssen jetzt erst einmal mit den aktuellen Gegebenheiten klarkommen. Aber „Schneider Wibbel“ ist ebenso wenig vom Tisch wie die Mutter-Ey-Revue. 

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, was würden Sie sich von den Kulturpolitikern der Stadt Düsseldorf wünschen? 

Erstens, dass ihnen bewusst wird, dass kleine Theater ohne festes Haus und ohne Förderung keine Chance haben. Zweitens, dass vielleicht doch nach einer Lösung gesucht wird, an den Standort Steinstraße zurückzukehren. Drittens, dass die Stadt alle Kulturstätten und Spielpläne auf städtischen Flächen plakatiert, damit die Komödie mit ihrem Spielplan besser wahrgenommen wird. 


Kurzvita 

Madeleine Niesche wurde 1971 in Röbel an der Müritz geboren, damals noch Neubrandenburg (DDR), heute Mecklenburg-Vorpommern. Nach dem Abitur fing sie als Regieassistentin am Theater Bremen an. Niesche nahm Privatunterricht bei der Regisseurin Annegret Ritzel und besuchte einen Kameraworkshop bei Hermine Huntgeburth an der ifs Köln. Es folgten feste Engagements an Staats- und Stadttheatern in Bremen, Wiesbaden, Weimar und Koblenz, wo sie u.a. Hedda Gabler, Maria Stuart, die Wedekind´sche Lulu, Medea und Mutter Courage spielte. Neben ihrer Schauspielkarriere war sie am Stadttheater Koblenz als stellvertretende Intendantin tätig, übernahm die Geschäftsführung des Lahn-Festivals „Gegen den Strom“. Seit 2009 arbeitet sie als freiberufliche Schauspielerin, u.a. in Frankfurt, Köln, Düsseldorf, Essen, Karlsruhe, Hamburg, Berlin, Stuttgart, und Aachen. Sie spielte in der ZDF-Serie Soko Köln und war Hauptdarstellerin der 15. Staffel der ARD-Fernsehserie Rote Rosen. Seit September 2022 ist sie Intendantin der Komödie Düsseldorf. Niesche lebt mit Mann und Tochter in Köln. 


© Porträtfoto: Guido Karp


Heimatabend 2023 06 27 Preisverl.Dr .Bagel Trah 25 scaled, , Auszeichnung der Düsseldorfer Jonges an eine Düsseldorferin von Herzen

Auszeichnung der Düsseldorfer Jonges an eine Düsseldorferin von Herzen

von Jockel Umbach


Silberne Heine-Gesamtausgabe für Dr. Simone Bagel-Trah 

Das haben die Jonges gern gehört. Dr. Simone Bagel-Trah - Chefin des Henkel-Aufsichtsrates und der Henkel-Gesellschafter-Versammlung - ist in Düsseldorf geboren. Sie hat im Max-Planck-Gymnasium ihr Abitur gemacht, arbeitet hier, lebt hier mit ihrer Familie und versichert: „Ich werde hier bleiben." 

Vor diesem Hintergrund hat sie sich über die Auszeichnung der Düsseldorfer Jonges sehr gefreut. Die erfolgreiche Düsseldorfer Unternehmerin wurde „in Anerkennung ihrer Verdienste um unsere Heimatstadt“ mit der von Bert Gerresheim gestalteten Silbernen Heine-Gesamtausgabe geehrt. 

Die Laudatio hielt Oberbürgermeister Stephan Keller. Er würdigte die Henkel-Chefin, übrigens die einzige Frau an der Spitze eines DAX-Unternehmens, als großartige Unternehmerin, außergewöhnliche Persönlichkeit und als Düsseldorferin von Herzen. 

Es war der erste Auftritt von Simone Bagel-Trah, der UrUr-Enkelin von Unternehmensgründer Fritz Henkel, bei den Jonges. Wiederholung nicht ausgeschlossen - dann vielleicht sogar als Mitglied. Da würden ja mehrere Möglichkeiten diskutiert. Eine schloss sie für sich allerdings aus: eine Geschlechtsumwandlung. Zwischenruf der Jonges: „Humor hat sie auch noch!"


Foto: Oberbürgermeister Stephan Keller, Dr. Simone Bagel-Trah, Jonges-Baas Wolfgang Rolshoven
© Foto: Wolfgang Harste


Foto 2 DG23 Blick in die Ausstellung Foto Morgaine Prinz 7 scaled, , „DIE GROSSE“ Kunstausstellung wurde am 3. Juni eröffnet

„DIE GROSSE“ Kunstausstellung wurde am 3. Juni eröffnet

von Dr. Susan Tuchel

Die offizielle Eröffnung der Kunstausstellung „DIE GROSSE“ bei strahlendem Sonnenschein am Abend des 3. Juni auf der Terrasse des NRW-Forums zog Hunderte Kunstfreunde in ihren Bann. Einige waren mit Decken, Getränken und „Kind und Kegel“ ausgerüstet und lauschten den Begrüßungsworten von Ausstellungsleiter Michael Kortländer und Felix Krämer, dem Generaldirektor Kunstpalast und NRW-Forum. 

Kortländer gibt den Staffelstab als Ausstellungsleiter an Dr. Emmanuel Mir weiter. So blieb es nicht aus, dass Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller, Miriam Koch, Dezernentin für Kultur und Integration, und Dr. Hildegard Kaluza, Ministerium für Kultur und Wissenschaft, nicht nur wie üblich den Künstlerinnen und Künstlern dankten, sondern ganz besonders auch dem Ausstellungsleiter, der seit 2010 die Geschicke der Ausstellung „DIE GROSSE“ sehr erfolgreich lenkt. Denn dieses Format ist mittlerweile nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern international bekannt. „Von den 153 Künstlern, die aktuell dabei sind, kommen viele aus Düsseldorf und Köln, aus dem Ruhrgebiet, aus Wuppertal und Aachen, Münster und Berlin. Wir haben aber auch Künstlerinnen und Künstler aus den Niederlanden, der Schweiz und Italien“, zählt Kortländer auf. Seitdem er die Ausstellung betreut, stieg die Zahl der Bewerbungen auf aktuell 1.137 Künstlerinnen und Künstler.

„DIE GROSSE“ gehört seit 121 Jahren zu Düsseldorf und ist laut Stadt-Annalen nur ein Jahr jünger als die Große Kirmes am Rhein. Sie ist die größte von Künstlerinnen und Künstlern organisierte Ausstellung in ganz Deutschland. Nur hier können Besucher aus dem Museum Kunst käuflich erwerben. 

Zwei Kunstpreise 

Bei der Eröffnung wurden auch zwei Kunstpreise verliehen – jeweils in Höhe von 7.500 Euro. Der Kunstpreis der Künstler geht in diesem Jahr an den Düsseldorfer Maler Jan Kolata, der Förderpreis an die Düsseldorferin Malerin Lara Kaiser. Seit dem letzten Jahr wird auch ein Publikumspreis vergeben, den alle Besucher der Ausstellung per Stimmzettel auswählen. Das Preisgeld beträgt 1.500 Euro. Wer sich an der Wahl beteiligt, hat die Chance, eine von drei Sondereditionen der Förderpreisträgerin zu gewinnen. Die Gewinner des Publikumspreises und der Sondereditionen werden bei der Finissage am 9. Juli bekanntgegeben.

Der EUREF Campus Art Award setzt in 2023 einen neuen Anreiz. Die EUREF-Unternehmensgruppe hat ihren Einsatz mit einer Ankaufgarantie in Höhe von 10.000 Euro verdoppelt. „Das freut uns natürlich sehr, wenn die Kunst ‚unserer‘ Künstler in einem öffentlichen Raum wie dem Zukunftsort EUREF Campus am Düsseldorfer Flughafen gezeigt wird“, so Kortländer.

Veranstaltungstipp:

Jeden Sonntag bis zum 2. Juli findet jeweils um 11.55 Uhr eine Matinée mit Video-Livestreams, Künstlergesprächen und zwei Performances statt. Hier geht es zum Programm: https://www.diegrosse.de/veranstaltungen/matinee/.

KUNSTPALAST
Ehrenhof 4-5
40479 Düsseldorf
Dienstag bis Sonntag: 11-18 Uhr
Donnerstag: 11-21 Uhr
Montags geschlossen


© Fotos: Morgaine Prinz


Foto 0 4 Barbara 141712, , Das Ehrenamt - in Düsseldorf unverzichtbar

Das Ehrenamt - in Düsseldorf unverzichtbar

Bei der vierten Düsseldorfer Ehrenamtsmesse stellten sich Anfang Juni mehr als 90 Vereine und Initiativen vor. Rund um den Corneliusplatz informierten sie über ihre Arbeit. Bei der vierten Ehrenamtsmesse waren neben den großen sozialen Trägern wie DRK, Caritas, Diakonie oder den Johannitern, auch viele kleine Initiativen vertreten, die den Tag nutzten, um sich vorzustellen. Wer sich ebenfalls engagieren wollte, konnte aus vielen Angeboten wählen, etwa im Umwelt- und Naturschutz, in der Suppenküche der Franziskaner oder im kulturellen Bereich. Dank des guten Wetters gab es an allen Pavillons viel Andrang und guten Austausch. Das ehrenamtliche Engagement im schönsten Dorf am Rhein ist Herzenssache. 

Impressionen von der Ehrenamts-Messe am 2. Juni rund um den Schalenbrunnen auf dem Corneliusplatz.

Rundum glücklich und geschafft waren auch Helma Wassenhoven (Foto 1 zweite von rechts), die Leiterin des Referats für bürgerschaftliches Engagement, und ihr Team. Sie haben die Ehrenamts-Messe auf der Kö auch in diesem Jahr wieder organisiert und schauten mit großer Freude in zufriedene Gesichter. Dazu sagte Helma Wassenhoven: „Wir waren nach unserem Aufruf Ende letzten Jahres überwältigt von der großen Resonanz. Nach der langen coronabedingten Pause, die lediglich eine virtuelle Ehrenamtsmesse ermöglichte, sind alle Beteiligten sehr motiviert, sich wieder in Präsenz treffen zu können, um sich auszutauschen und ihre Arbeit zu zeigen."


© Fotos: Barbara Schmitz


Christof Wald, , Innere Medizin und Kardiologie - zwei Disziplinen unter einem Dach

Innere Medizin und Kardiologie - zwei Disziplinen unter einem Dach


Laut Deutschem Herzbericht rangieren Herzkreislaufkrankheiten ganz oben auf der Liste der häufigsten Todesursachen, mit rückläufiger Tendenz. Welchen Stellenwert die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Krankenhaus hierbei hat, erläutert Dr. Christof Wald, Chefarzt des Fachzentrums für Kardiologie und Zentrum für Innere Medizin, in der Schön Klinik Düsseldorf. 

Das Fachzentrum für Kardiologie ist in das Zentrum für Innere Medizin integriert. Welchen Vorteil hat diese Kombination?

Das Herzkreislaufsystem ist die zentrale Steuereinheit des Körpers mit Auswirkungen auf alle anderen Organsysteme. Das kommt immer dann zum Tragen, wenn diese Steuereinheit nicht mehr reibungslos funktioniert und z.B. die Sauerstoffversorgung im Körper gestört ist. Zudem wird unsere Gesellschaft immer älter und multimorbid, sodass es in der Regel nicht mehr ausreicht, eine kardiovaskuläre Erkrankung isoliert zu betrachten. Hier müssen andere Erkrankungen aus dem näheren „Umfeld“ berücksichtigt werden. Wir erfüllen genau diesen Anspruch, da innerhalb unserer Abteilung zahlreiche andere Krankheitsbilder mittherapiert werden können. Darüber hinaus sind wir eng mit den Kolleg:innen aus dem Gefäßzentrum verzahnt, weil dort die Folgen von Herzkreislauferkrankungen behandelt werden. Dies trifft natürlich auch auf die Viszeralmedizin oder die Nephrologie zu. 

Wie ist das Vorgehen in der Notaufnahme, wenn jemand mit einem akuten Herzinfarkt eingeliefert wird? 

Zunächst werden die Patient:innen über ein Meldesystem in unserer Interdisziplinären Notaufnahme, der INA, angekündigt. Zu diesem Zeitpunkt liegen uns schon sämtliche Daten und die Einschätzung der Notärztin bzw. des Notarztes vor. Das Team der INA ist dann vorbereitet und meldet den Fall sicherheitshalber an unser Herzkatheterlabor (HKL). Dort wird automatisch alles vorbereitet. Die Kardiologie ist also bereits involviert, bevor die Patient:innen bei uns eintreffen. Dies ist essenziell für eine Behandlung ohne Zeitverzug. Wenn das HKL direkt angesteuert wird, gehen die Informationen unmittelbar an die diensthabenden Kolleg:innen. 

Wenn keine Dringlichkeit vorliegt, werden Patient:innen innerhalb der INA umgebettet und an ein Monitoring-System angeschlossen. Erst danach werden sie geplant ins HKL überführt.

Wie viel Zeit vergeht bis zum Eingriff im Herzkatheter­ labor?

Bei einem akuten Herzinfarkt mit Anzeichen eines vollständigen Gefäßverschlusses muss es schnell gehen: Zwischen der Einlieferung der Patient:innen und der Eröffnung des verschlossenen Gefäßes sollten idealerweise nicht mehr als 30 Minuten vergehen. Natürlich immer in Abhängigkeit vom jeweiligen kardialen Befund. 

In dem geschilderten Fall werden potenzielle Komorbiditäten nur kurz bei der betroffenen Person abgefragt, sofern hier eine Interaktion mit unserem Personal erfolgen kann. Nach der akuten Versorgung im HKL prüfen wir dann auf der Intensivstation detailliert, ob Umfelderkrankungen vorliegen. Danach erstellen wir im Bedarfsfall ein interdisziplinäres Therapiekonzept: Dabei arbeiten alle Fakultäten im Haus Hand in Hand und absolut patientenzentriert. 

Weitere Informationen erhalten Sie unter www.schoen-klinik.de/duesseldorf


Barbara Schmitz Sophie Hinkel, , „Handwerk macht glücklich“ 

„Handwerk macht glücklich“ 

Interview mit Sophie Hinkel, Geschäftsführerin Bäckerei Hinkel 

von Barbara Schmitz


„Menschen, die handwerklich tätig sind,
empfinden einen enormen Stolz & Zufriedenheit für ihre Arbeit.“

Was ist deine aktuelle Rolle in der Bäckerei Hinkel? 

Seit einem Jahr bin ich Betriebsleiterin, die „Chefin“. Nachdem ich Ende Januar 2022 den Abschluss als Bäckermeisterin in der Tasche hatte, übernahm ich direkt am nächsten Tag die Betriebsleitung in unserem Betrieb. Ich habe das Glück, dass mein Vater keine Probleme hatte, sich zu lösen. Er schenkt mir sein volles Vertrauen, sodass ich seitdem die gesamte Verantwortung und Entscheidungsfreiheit habe. Natürlich tausche ich mich viel mit ihm aus und frage hier und da nach Rat. Aber durch seine neue, beeindruckende Rolle als Bürgermeister ist er sehr viel unterwegs. Um das Rechnungswesen und die Buchhaltung in unserem Unternehmen kümmert sich seit über 20 Jahren meine Mutter und ihr Erfahrungsschatz ist sehr wertvoll. Wir sitzen im selben Büro und so ist der Austausch einfach. 

Das Handwerk ist für dich ein großer Schatz, hast du eben erzählt, inwiefern?

Obwohl ich in einer Handwerksfamilie groß geworden bin, war mir das gar nicht so bewusst. Diese Entdeckung habe ich dann während meiner Ausbildung im elterlichen Betrieb und noch viel intensiver während der Meisterschule in Olpe gemacht. Dem Handwerk liegt ein Zauber inne, den ich kaum in Worte fassen kann. Tatsächlich belegen Studien, dass Menschen, die handwerklich tätig sind, durch den schöpferischen Akt einen enormen Stolz und Zufriedenheit für ihre Arbeit empfinden. Mehr als andere Berufsgruppen. Das wirkt sich wesentlich auf die Gesamtzufriedenheit im eigenen Leben aus. 

Genauso empfinde ich es auch. Es ist immer spannend, mit ehemaligen Kommilitonen zu sprechen, die einen typischen Büroalltag haben und die Früchte ihrer Arbeit eigentlich nie zu sehen bekommen. Bei mir ist das ganz anders, und dafür bin ich sehr dankbar! Als Kind macht man alles mit den Händen: Erkunden, formen und bauen - so erfahren wir die Welt. In der heutigen Gesellschaft legen wir das irgendwann ab, obwohl es der Urzustand des Menschen ist, etwas mit den Händen zu schaffen. Es ist doch ein Unding, dass es für gewisse Bildungsschichten fast verpönt ist, ein Handwerk zu erlernen. Ich möchte das Studium gar nicht schlecht reden, mich persönlich hat das Studium auf die Arbeit als Unternehmerin gut vorbereitet, aber die Überlegung, nach dem Studium z.B. in den handwerklichen Bereich zu gehen, ist für viele keine Option. Ich bin davon überzeugt, dass viele Studierte nicht einmal wissen, dass es diese Möglichkeit gibt. Das zu propagieren, ist mir wichtig. Die kritische und unumstrittene Rolle von Handwerk, besonders in diesen Zeiten, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber ohne Handwerk gibt es keine Energiewende und somit keine Antwort auf die Klimakrise. Der Fachkräftemangel im Energiebereich wird bis 2030 auf über 400.000 geschätzt. 

Die Generation, die jetzt auf den Arbeitsmarkt kommt, sucht nach Sinn: „Wofür gehe ich jeden Tag zur Arbeit? Passt das Unternehmen, in dem ich arbeite, zu meinen Werten und Zielen?“ Diese Fragen muss man als Unternehmen beantworten können. Das Handwerk hat hier einen entscheidenden Vorteil: Es schenkt Menschen Lebensqualität. Ob es der Heizungsbauer ist, der für wohlige Wärme in den Wohnräumen sorgt, oder die Elektrikerin, die den Herd für die Mahlzeiten anschließt, der Florist, der für Schönheit im Alltag sorgt oder die Bäckerin, die ein Stück Kindheitserinnerung zaubert. Daher bin ich davon überzeugt, dass das Handwerk ein riesiges Potenzial hat, um eine wahre Renaissance zu erleben! 

Welches Feedback geben dir Menschen, die zu einer Backstuben­Führung bei euch reinschnuppern?

Die Menschen sind jedes Mal total begeistert. Die meisten haben keine Vorstellung davon, was das Berufsbild des Bäckers ausmacht. Wir nennen uns manchmal liebevoll die „Museums Backstube“, weil bei uns wirklich alles noch mit der Hand hergestellt wird - jedes Brot wird von Hand abgewogen und geformt, jedes Croissant, jedes Brötchen handwerklich aufgearbeitet. Selbst unsere Florentinertaler werden einzeln händisch mit Schokolade überzogen. Durch die vielen Nachfragen merke ich, wie interessiert die Menschen wirklich sind und sich mit dem Thema Backware auch auseinandersetzen wollen. Das macht mich richtig glücklich. Durch die Führungen und Gespräche entwickeln die Menschen eine ganz andere Wertschätzung für die Produkte, die wir jeden Tag frisch herstellen. Wenn man weiß, wo und wie das Lieblingsbrot hergestellt wird, schmeckt es natürlich auch beim nächsten Mal direkt viel besser. Also eine Win Win Situation! Was mir besonders viel Freude bereitet, sind die Kinderführungen, die mein Onkel bei uns anbietet. Die Kinderaugen sind jedes Mal riesig, wenn jeder mal ein bisschen Teig kneten darf. Das begeisterte Quietschen der Kinder ist in der ganzen Backstube zu hören. Es macht richtig Freude, diese Begeisterung mit Groß und Klein zu teilen. 

Das Marketing läuft bei euch ja wie von selber, es duftet alles so lecker...

Oh ja, und Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Düfte wecken die schönsten Kindheitserinnerungen. Dennoch ist Marketing ein elementarer Bestandteil unserer Unternehmensstrategie. Mein Vater hat in den letzten 40 Jahren einen enormen Markenwert geschaffen, und die Bäckerei Hinkel ist doch aus der Düsseldorfer Altstadt nicht wegzudenken! Er hat der Bäckerei Hinkel ein Gesicht gegeben, sodass jeder und jede weiß, von wem sie ihr Brot kaufen. Das ist auch absolut seine Lieblingsbeschäftigung, im Laden mit den Kunden zu erzählen und eine gute Zeit zu haben. 

Ich möchte unseren Kunden so transparent wie möglich zeigen, wie ihre Backwaren entstehen und welche Menschen sie herstellen. Mir ist es auch besonders wichtig, die Kunden von Morgen anzusprechen und als Marke erlebbar zu sein. Deshalb bauen wir gerade unsere Online-Präsenz weiter aus. Wir gestalten eine neue Website und legen einen starken Fokus auf die sozialen Medien und das Video-Marketing. Besonders im Videobereich werden wir in diesem Jahr viel machen, um Einblicke hinter die Kulissen zu bieten. Wir möchten unseren Backstubenalltag zeigen und unser Fachwissen teilen. Auch Back-Tutorials mit unseren Rezepten werden im Laufe des Jahres entstehen, weil es mir persönlich sehr viel Spaß macht, solche Formate zu gestalten und zu produzieren. Mein Schwerpunkt liegt da besonders im Experience Marketing. Ich bin davon überzeugt, dass wir so aus Kunden echte Fans, eine starke Community, machen können. Die Bäckerei Hinkel möchte sich auch weiterhin für die vielen tollen sozialen Projekte in unserer Stadt einsetzen und sie unterstützen. 

Wie regional und nachhaltig sind eure Rohstoffe, ist eure Produktion? Besonders in diesen Zeiten sind die Energiepreise für einige deiner Bäckerkollegen der Grund, dass Betriebe schließen müssen. Wie geht ihr damit um? 

Nachhaltigkeit und Regionalität sind für mich Ehrensache und selbstverständlich. Unsere Rohstoffe kaufen wir so regional ein wie nur möglich. Unser Mehl beziehen wir über eine Mühle in Neuss. Den Landwirt, der das Korn für unser Mehl in Ratingen anbaut, kennen wir persönlich. Unsere Eier kommen aus Remscheid von einer Vollei-Manufaktur, die wir im letzten Jahr mit viel Spaß besichtigen durften. Dieser Vorsatz zieht sich durch das gesamte Sortiment und unser Bestreben ist, hier noch regionaler und persönlicher einzukaufen. Auch das Thema Nachhaltigkeit ist uns wichtig. Unser Roggenmischbrot, das am Abend nicht verkauft wurde, wird getrocknet, gehäckselt und dem Sauerteig für den nächsten Tag zugegeben. So minimieren wir den Foodwaste und erzielen einen noch aromatischeren Teig, durch die Krustenanteile des alten Brotes. 

Wir sind auch Energieeffizient: Wir nutzen die Restwärme unserer zwei großen Öfen und heizen so das Warmwasser für den gesamten Betrieb und die Heizung für die Wohn- und Betriebsräume. Auch unser Gärschrank wird mit der Restwärme des Ofens geheizt, die wir im Keller in zwei großen Pufferspeicher sammeln. Durch kleine Anpassungen und das Bewusstsein unserer Mitarbeiter und des gesamten Backstubenteams haben wir es sogar geschafft, den Gasverbrauch im Januar um 40% zu reduzieren im Vergleich zum letzten Jahr. Auch erneuerbare Energien sind bei uns im Einsatz. Die Photovoltaikanlage auf dem Dach wird für die Frosteranlage genutzt. Darüber hinaus arbeiten wir aktuell an einigen Themen, die den Energieverbrauch in der Backstube und in den Geschäften noch weiter verbessert. 

Welche Führungs­Kultur bevorzugst du? 

Das Thema Führung finde ich superwichtig, das war schon Thema in meiner Bachelor- und Masterarbeit. Ich habe zur Führungseffektivität im deutschen Bäckerhandwerk geforscht. Betriebe, die sich nicht mit moderner Mitarbeiterführung auseinandersetzen, werden sich im Markt nicht halten können. Leider herrscht in einer Großzahl von Handwerksbetrieben ein autoritäres Führungsverständnis wie vor 50 Jahren. Generell wünschen sich Menschen mehr Wertschätzung und Menschlichkeit von ihrer Führungskraft. Die Führungskultur, die ich bei uns zurzeit etabliere, ist vor allem von Transparenz und Klarheit geprägt. Das Ziel ist, dass jeder Mitarbeitende seine Rolle im Gesamtunternehmen versteht und so befähigt ist, bewusst am Team- und Unternehmensziel zu arbeiten. Schon im letzten Jahr haben wir das Thema Aufgabenbereiche und Entscheidungskompetenzen im Führungsteam intensiv besprochen und nach persönlichen Stärken verteilt. Mittlerweile haben wir in unserem 100 Menschen großen Unternehmen 10 Führungskräfte auf 4 verschiedenen Ebenen. Vier dieser Führungskräfte sind bereits in Fortbildung bzw. im Führungskräfteentwicklungstraining, damit wir eine einheitliche und moderne Führung bei uns etablieren können. Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder so eine Weiterbildung machen sollte. Genauso wie man in einer Ausbildung lernt, Brot herzustellen, muss man Instrumente und Techniken erlernen, wie man mit Mitarbeitenden umgeht. Erste Erfolge sind, dass wir aktuell keine Probleme haben, neue Mitarbeitende zu finden und die generelle Stimmung im Betrieb im Großen und Ganzen richtig gut ist. Besonders viele junge Menschen fühlen sich von unserer Art angezogen, und wir erhalten auch Initiativbewerbungen. 

Das Führungsverständnis, dass ich vermitteln möchte, ist eher die Haltung eines Coaches. Ich möchte gar nicht alles wissen und entscheiden, sondern meine Mitarbeitenden und die Führungskräfte dazu befähigen, selbst im Sinne der Unternehmensphilosophie zu entscheiden. Wenn es um Investitionen geht wie Maschinen, Anlagen oder neue Bleche im Verkauf, lasse ich die Entscheidung von den Mitarbeitern treffen, die tagtäglich mit diesen Dingen arbeiten. 

Macht dich deine Arbeit glücklich, wofür brennst du? 

Meine Arbeit macht mich sehr glücklich. Die Rolle der Unternehmerin passt ungemein gut zu mir, weil ich gerne Neues entwickle und Menschen begeistern kann. Es macht mir sehr viel Freude zu sehen, dass Ideen, die wir gemeinsam entwickelt haben, von unserem Führungsteam umgesetzt und weitergedacht werden. Dadurch entsteht zurzeit ein großes Momentum im Betrieb. Durch die Unterstützung des Führungsteams kann ich mich auf die unternehmerischen Aufgaben konzentrieren und mich selbst besser verwirklichen - das ist ein wirklich großes Geschenk! Wofür ich besonders brenne? Ich möchte eine Unternehmenskultur schaffen, die den Menschen und das Handwerk feiert. Natürlich ist nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen, aber es spornt mich enorm an, für Probleme und Themen immer wieder neue, kreative und zielbringende Lösungen zu finden. 

Die Individualität von jedem Charakter, der bei uns arbeitet, versuche ich täglich als Geschenk zu verstehen. Außerdem habe ich großen Respekt vor allen, die ihr Leben und Schaffen dem Handwerk verschrieben haben! 


Kurzvita 

Nach dem Abitur habe ich die erste Luft der Arbeitswelt im elterlichen Betrieb im Verkauf auf der Mittelstraße geschnuppert. Danach studierte ich 2015–2018 in Maastricht, wo ich an der School of Business and Economics meinen Bachelor im Bereich International Business mit einem Auslandsaufenthalt in Ecuador abgeschlossen habe. Zurück in Düsseldorf machte ich 2018–2020 die Lehre zur Bäckerin bei uns im Betrieb und gleichzeitig 2018–2021 nebenberuflich an der FOM in Düsseldorf meinen Master im Bereich Human Ressource Management. Meinen Bildungsweg durfte ich 2021–2022 in Olpe an der Meisterschule mit sehr viel Spaß und einem großen Schatz an Fachwissen beenden und den Titel Bäckermeisterin führen. Zeitgleich mit dem Abschluss zur Bäckermeisterin habe ich die Betriebsleitung bei uns übernommen und führe so als 5. Generation die Bäckerei Hinkel. 


© Porträtfoto: Michael Lübke


Thomas Schuermann Susan Tuchel, , „Die Klimaresilienz der Städte ist wichtig für alle“ 

„Die Klimaresilienz der Städte ist wichtig für alle“ 

Interview mit Thomas Schürmann, Regierungspräsident Düsseldorf 

von Dr. Susan Tuchel


Sie sind mit 43 Jahren der jüngste Regierungspräsident in der Geschichte der Düsseldorfer Bezirksregierung. Was zog Sie nach dem Studium in die Bezirksregierung und in die Stadtverwaltung statt in die freie Wirtschaft? 

Zu Beginn des Studiums hätte ich noch nicht sagen können, wo ich landen werde. Ich habe Praktika in unterschiedlichen Bereichen gemacht, auch im Burgenland in Österreich. Mir wurde dann ziemlich schnell klar, dass ich in einem Bereich arbeiten möchte, in dem ich etwas bewegen kann. Da ich nicht nur als Architekt Gebäude entwerfen, sondern Städte und Regionen gestalten wollte, habe ich zunächst Raumplanung studiert und bin Diplom-Ingenieur geworden; anschließend habe ich das Referendariat absolviert und wurde Bauassessor. 

Heute leiten Sie mit der Bezirksregierung eine allgemeine Landesmittelbehörde, die es nur noch in vier Bundesländern gibt. Welche Düsseldorfer Themen kamen denn in Ihrer Zeit beim Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes NRW und als Leiter der Gruppe „Wiederaufbau, Denkmalpflege, Baukultur“ sowie als Leiter des Referats „Wiederaufbau der Infrastruktur in Kommunen“ auf den Tisch? 

Zum Beispiel der Unesco-Welterbe-Antrag für die Gaslaternen in Düsseldorf, aber auch mit dem kommunalen Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe im Jahr 2021 hatte ich zu tun. 

Dann war der 1. September 2022 kein Sprung ins kalte Wasser?

Nein, weil mir die Bezirksregierung mit ihrer Fülle an Themen durch meine vorherigen Tätigkeiten schon vertraut war. Außerdem hatte ich schon seit Jahren Führungsaufgaben übernommen, für die wir übrigens in den Bezirksregierungen und im Ministerium permanent Fortbildungen absolvieren. Aber natürlich habe ich mich im Vorfeld sehr gründlich thematisch vorbereitet und die ersten Wochen sehr viele Gespräche mit den Dezernaten geführt und die Oberbürgermeister, Landräte sowie Kammern und Verbände im Regierungsbezirk besucht, um zu wissen, welche Themen ihnen unter den Nägeln brennen. 

Die ersten 100 Tage im Amt sind mittlerweile vorbei. Was war bislang Ihre größte Herausforderung?

Es ist die Gleichzeitigkeit von Krisen. Wir haben hier ein Tagesgeschäft mit unfassbar vielen Themen, in früheren Zeiten hatte man auch immer mal wieder eine Krise. Aber aktuell ist Corona immer noch ein Thema, dann die Nachbereitung der Wiederaufbauhilfe für betroffene Personen und Kommunen nach der Flutkatastrophe 2021, die Gasmangellage und die Flüchtlingsunterbringung. Hinzu kommen noch Zukunftsthemen wie der Braunkohleausstieg und die Klimafolgenanpassung. Wir müssen uns auf weitere Starkregenereignisse einstellen, gleichzeitig müssen wir die Digitalisierung vorantreiben, schneller und in vielen Bereichen auch effizienter werden. 

Das Thema Datensicherheit wird immer heikler. 

Das Thema Datensicherheit ist ein zentrales Thema, wenn wir Genehmigungs- und Planungsverfahren, aber auch Förderverfahren weiter digitalisieren wollen. 

Wie zukunftsfähig ein Unternehmen ist, macht man heute von dessen Diversität abhängig. Die wiederum entscheidet darüber, ob junge Arbeitnehmer kommen oder eben nicht. Wie sieht das in der Bezirksregierung aus?

Diversität ist uns wichtig. Von den rund 2.400 Beschäftigten der Bezirksregierung sind 55 Prozent weiblich. Wir haben eine sehr engagierte Gleichstellungsbeauftragte. Und wir sehen uns auch in einer Vorbildfunktion, was die Beschäftigung von allen Bevölkerungsgruppen angeht. Da wollen wir noch bunter werden. Vom Fachkräftemangel sind wir aktuell noch nicht so betroffen wie viele Unternehmen in der freien Wirtschaft. Gerade in der Corona-Krise haben viele junge Leute erkannt, wo der Mehrwert im öffentlichen Dienst liegt, und dass wir ein attraktiver Arbeitgeber sind. 

Warum? 

Weil wir sehr praxisorientiert unterwegs sind und sehr viele unterschiedliche berufliche Themenfelder anbieten. Die jungen Menschen kommen bei uns sehr schnell in Führungsverantwortung. Zudem bilden wir umfangreich aus. Aktuell betreuen wir 15 Ausbildungsgänge mit knapp 300 Nachwuchskräften. Neben den klassischen Verwaltungs-Ausbildungen sind dies u.a. Wasserbauer, Umweltreferendare, Fachinformatiker, Vermessungsoberinspektoren und Baureferendare.

Warum hat „Schule“ eine eigene Abteilung, während die Abteilung 2 das Ordnungsrecht, Gesundheit, Sozialwesen, Gefahrenabwehr und Verkehr umfasst? 

Diese Einteilung gibt es bei allen Bezirksregierungen. Das wurde vom Innenministerium so entschieden und hat einen historischen Hintergrund. Aber auch eine ganz praktische Begründung: denn mit 54.000 Lehrerinnen und Lehrern, 1.500 Schulen und über 700.000 Schülerinnen und Schülern sind wir die größte Personalverwaltungsstelle in ganz Deutschland. 

Wofür ist die Bezirksregierung zuständig? 

Wir sind ein Teil der Landesverwaltung und sind für die Umsetzung der Landespolitik zuständig. Das ist keine Einbahnstraße. Wir halten Augen und Ohren offen in der Region, sind im Kontakt mit den Oberbürgermeistern und Landräten und bringen deren Themen in die Ministerien. Wir als Landesmittelbehörde fungieren als Bündelungsbehörde, um ein möglichst widerspruchsfreies Verwaltungshandeln zu ermöglichen, will heißen, wenn an die Städte und Kommunen Ansprüche herangetragen werden, die im Widerspruch zueinanderstehen, dann fällt das hier auf, weil wir mit allen Ministerien im Kontakt stehen. 

Sie sind nicht nur der jüngste Regierungspräsident in der Geschichte der Düsseldorfer Bezirksregierung, sondern auch noch ein Grüner. Und das, obwohl Sie wie Friedrich Merz aus dem Sauerland kommen. 

Offiziell bin ich erst seit 2022 bei den Grünen, aber die Nähe zur Partei hatte ich schon als Jugendlicher und Student, wobei ich Friedrich Merz nie persönlich getroffen habe, so klein ist das Sauerland nun auch wieder nicht. 

Ihre Vorgängerin Birgitta Radermacher war eine gute Netzwerkerin und rief z. B. das Format „aufgeSCHLOSSen“ ins Leben. Werden Sie diese Veranstaltung weiterführen? 

Ja, aber in anderer Form. Für den Sommer konzipieren wir gerade die erste Veranstaltung. Das Thema wird voraussichtlich die Klimaresilienz unserer Region sein. Diese ist wichtig für uns alle. Wir werden dazu aber nicht nur Experten und Akteure aus der Stadt Düsseldorf einladen. Mir ist es wichtig Vertreter aus der ganzen Region zusammenzubringen. 

Wie sehen Sie Düsseldorf aus städtebaulicher Sicht? 

Düsseldorf ist eine sehr schöne Stadt, die von der Rheinnähe profitiert und viele Blickachsen bietet. Ich finde auch die Architektur spannend, habe aber da auch immer im Hinterkopf, dass sich Düsseldorf der Klimaresilienz stellen muss. Wir müssen uns fragen, wie wir es hinbekommen, dass Bereiche im Sommer nicht überhitzen und gleichzeitig gegen Starkregen gewappnet sind. 

Wie stehen Sie als gebürtiger Sauerländer zum rheinischen Brauchtum?

Wenn Sie es am Getränk festmachen wollen, ich trinke gerne Pils und lieber ein Alt als ein Kölsch. Und die Weiberfastnacht habe ich in Düsseldorf kennengelernt und freue mich jedes Jahr darauf. 

Haben Sie Lieblingsorte in Düsseldorf? 

Ich arbeite an einem der schönsten Orte der Stadt. Das Regierungsschlösschen hat einen sehr repräsentativen Plenarsaal und am Tag des offenen Denkmals zeigen wir auch gerne die vielen versteckten Winkel und architektonischen Details. Was mich als architekturinteressierten Raumplaner fasziniert, ist, dass unsere Flure alle Tageslicht haben. Das ist bei einem Bau aus dem Jahr 1907 etwas Besonderes. Wir sind eine moderne Verwaltung in altem Gemäuer mit großem Potenzial. 


Kurzvita

Im Mendener Stadtteil Schwitten, dem Tor zum Sauerland, erblickte Thomas Schürmann 1979 das Licht der Welt. Seine Mutter ist Buchhändlerin, sein Vater war Elektrotechniker. Schürmann spielte wie die meisten Jungen im Ort Fußball, engagierte sich mit 16 Jahren in der Jugendarbeit, machte sein Abitur und leistete seinen Zivildienst in einer Fördereinrichtung der Lebenshilfe. Sein Studium der Raumplanung an der Technischen Universität Dortmund schloss er als Diplom-Ingenieur ab. Von 2009 bis 2015 war er bei der Bezirksregierung Düsseldorf in leitender Position für das Dezernat Städtebau, Bauaufsicht, Bau-, Wohnungs- und Denkmalangelegenheiten sowie -förderung zuständig. Anschließend arbeitete er als persönlicher Referent der Regierungspräsidentin Anne Lütkes. Von 2019 bis 2022 war er im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen tätig. Seit dem 1. September 2022 ist er Regierungspräsident des Regierungsbezirks Düsseldorf und trat damit die Nachfolge von Birgitta Radermacher an. Schürmann ist seit 2016 mit seinem Partner verheiratet. Das Ehepaar lebt mit Hund in Essen. 


© Fotos: Alexander Vejnovic


Herbert Reul Siegmar Rothstein, , „Uns geht es in Deutschland im Vergleich zum Rest der Welt ausgesprochen gut und die Demokratie funktioniert“

„Uns geht es in Deutschland im Vergleich zum Rest der Welt ausgesprochen gut und die Demokratie funktioniert“

Interview mit Herbert Reul, Innenminister von Nordrhein-Westfalen 

von Dr. Siegmar Rothstein


Sie bewegen sich in einer eindrucksvollen politischen Karriere: Stadtrat, Generalsekretär, Mitglied des Landtags und des Europäischen Parlaments, Chef eines großen klassischen Ministeriums nach abgeschlossenem Studium und beruflicher Tätigkeit - was nicht alle führenden Politiker von sich sagen können. Sind Sie am Ziel Ihrer politischen Träume, als Minister entscheidend mitgestalten zu können? 

Politische Träume für meine Karriere hatte ich nicht, habe sie auch nicht und empfehle auch jedem, nicht in dieser Richtung zu träumen. Ich habe immer überlegt, ob ich Aufgaben wahrnehmen soll, wenn sie mir angetragen wurden. Meine jetzige Aufgabe erfüllt mich sehr und bietet ungeahnte Möglichkeiten. Ich bin sehr zufrieden, dass ich Dinge zum Positiven verändern kann. 

Der Ministerpräsident des Landes NRW, Armin Laschet, hat Sie wohl auch deshalb zum Innenminister gemacht, obwohl Sie über keine entsprechenden Vorkenntnisse verfügten, weil sich mit Ihrer Person entschlossenes Verhalten und Null Toleranz gegen die Feinde der Demokratie verbindet. Sie gelten als jemand, der anpackt und mit dafür sorgt, die innere Sicherheit in unserem Lande zu gewährleisten.

Nur Armin Laschet kann die Frage beantworten, warum er mich zum Innenminister des Landes NRW gemacht hat, obwohl ich kein Spezialist für innere Angelegenheiten war. Die speziellen Kenntnisse sind aber auch nicht zwingend erforderlich. Als Minister muss ich in der Lage sein, Politik zu organisieren. Ich muss bereit sein, Informationen von Fachleuten aufzunehmen und die Wirklichkeit zur Kenntnis zu nehmen. Ich muss versuchen und letztlich auch leisten, die Überzeugungen, die ich als richtig empfinde, auch umzusetzen. Dies war und ist meine Überzeugung, die mein politisches Handeln bestimmt. 

Sie haben das Polizeigesetz auf den Weg gebracht, die Anzahl der Beschäftigten bei der Polizei erhöht und für eine bessere Ausstattung der Polizisten gesorgt. Fühlt sich die Polizei ausreichend von Ihnen umsorgt oder besteht weiterer Handlungsbedarf? 

Der Minister ist für das Umsorgen nicht zuständig. Umsorgt werden Kinder von ihren Eltern. Bei der Polizei geht es darum, dass ihre Sorgen aufgenommen werden, ihre Hinweise auf notwendige Änderungen beachtet und umgesetzt werden. In den letzten Jahren habe ich entsprechend gehandelt und werde das auch weiter tun. Es wird immer eine komplizierte Aufgabe bleiben, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen und zu erhalten, damit die Polizei bestmöglich ihre Aufgaben erfüllen kann. 

Die Räumung des Dorfes Lützerath hat die Öffentlichkeit stark beschäftigt. Die Polizei musste hart durchgreifen, um die Räumung zu gewährleisten. Die Klimaaktivisten haben ihrerseits heftigen Widerstand geleistet, wie es bereits gegen die Abholzung des Hambacher Forstes geschah. Glauben Sie, dass es ihnen lediglich darum ging, dem Schutz des Waldes und eines Dorfes als Lebensraum für Mensch, Flora und Fauna Vorrang vor einer sicheren Energieversorgung zu geben oder glauben Sie, dass auch andere Ziele und Motive den Widerstand bestimmt haben? 

Die Demonstranten sind sehr unterschiedlich zu beurteilen. Dem größeren Teil ging es sicher darum, ihre Sorgen zum Ausdruck zu bringen und vorzutragen, welche Maßnahmen im Hinblick auf den Klimawandel ergriffen oder unterlassen werden müssten. Für diese engagierten, meist jungen Menschen empfinde ich großen Respekt. Es ist ein Gewinn, wenn sie sich in die Politik einschalten. Es gibt aber auch einen kleineren Teil, der die Demonstrationen zum Anlass nimmt, einen angestrebten Umsturz unseres politischen Systems voranzutreiben. Es haben sich auch Menschen unter die Demonstranten gemischt, die offensichtlich nur Krawall machen wollen. Die beiden letztgenannten Gruppen sind keineswegs zu tolerieren. Unser Zusammenleben funktioniert nur, wenn unsere allgemein akzeptierten Regeln beachtet werden, bei Missachtung muss die Polizei eingreifen. 

Widerstand und Aggression hat es in unserer Gesellschaft immer gegeben. Es hat aber wohl eine andere neue Qualität, wenn in jüngster Zeit Polizei und Feuerwehr im Einsatz aggressiv angegriffen werden, sogar Sanitäter organisiert behindert werden und Sorge haben müssen, gesundheitlichen Schaden zu erleiden, wenn sie bestimmte Wohnungen betreten. 

Es bereitet mir sehr große Sorgen, wenn die Aggressivität gegenüber Staatsdienern, Polizisten, Rettungskräften und Feuerwehrleuten immer mehr zunimmt. Das Thema begleitet mich seit Beginn meiner Amtszeit. Offensichtlich lässt der Respekt allgemein nach und die Bereitschaft wächst, das eigene Interesse über das Gemeinwohl zu stellen und nicht einmal vor Gewalt zurückzuschrecken. Hier ist aber nicht nur die Polizei gefordert, sondern die gesamte Gesellschaft. Wir dürfen das nicht zulassen und müssen uns vor die Betroffenen stellen, denn sie erfüllen notwenige Aufgaben im Sinne des Wohls der Allgemeinheit. 

Sie widmen der auch in NRW sehr aktiven Clankriminalität, den organisierten Diebesbanden und Rauschgifthändlern besondere Aufmerksamkeit, nehmen sogar an Razzien teil. Können Sie eine positive Bilanz auf diesem schwierigen Feld ziehen? 

Wir sind hier tatsächlich ein gutes Stück vorangekommen. Man darf aber nicht glauben, dass die Clankriminalität, die sich in 30 Jahren entwickelt hat, einfach von heute auf morgen beseitigt werden kann. Es wird lange dauern und dafür müssen wir kontinuierlich und konsequent arbeiten. Die Polizei hat gründlich ermittelt, den einen oder anderen Boss auch erwischt und Geld beschlagnahmt. Schließlich die eine oder andere Struktur zerschlagen. Aber wie gesagt, langsam Stück für Stück. Wir bemühen uns auch, junge Leute aus dieser Szene herauszulösen und ihnen Alternativen für ein vernünftiges Leben zu bieten. 

Der Umgang mit Querdenkern und Reichsbürgern, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland verneinen und ihren Organen die Legitimität absprechen, ist schon schwierig genug. Man konnte sich bisher aber keine Gruppe vorstellen, die bei uns auf einen Umsturz des politischen Systems mit Waffen hinarbeitet, wie die Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß. Ist hier die rechtstaatliche Demokratie in Gefahr oder handelt es sich eher um eine „skurrile Spinnertruppe“ wie Ex Innenminister Schily meint? 

Ich glaube nicht, dass es eine reine Spinnergruppe ist. Sie ist im Vergleich zur Gesamtbevölkerung zwar klein, aber wir müssen sie sehr ernst nehmen. Sie werden morgen nicht den Staat umstürzen. Wir müssen uns aber klarmachen, dass sich in unserer Gesellschaft solche bewaffneten Gruppierungen bilden, und wir müssen uns darum kümmern. 

Der Polizei wird nach wie vor großes Vertrauen entgegengebracht. Im Hinblick auf die Entwicklung der Gewaltszene wird sogar gefordert, ihr mehr Befugnisse und Rechte einzuräumen. Es wird als beschämend empfunden, lediglich Schutzhauben anzuschaffen, nachdem Polizisten nicht selten bespuckt wurden, das respektlose Verhalten verdiene eine andere Antwort. Gibt es Überlegungen, schärfer zu reagieren und die Täter schneller nach ihrer Tat vor Gericht zu stellen? 

Immer wieder nach schärferen Gesetzen rufen, hilft hier nicht weiter. Wir müssen in der Umsetzung besser werden, schneller ermitteln, die Täter schneller erwischen, konsequenter vorgehen und bei Gericht zu zügigen Entscheidungen kommen. Es ist eine Daueraufgabe. Wir müssen davon ausgehen, dass sie auch noch in 20 Jahren existiert. Auch, wenn wir bis dahin sicher besser geworden sind. 

Auch Sie mussten schon als Zielscheibe aggressiven Verhaltens dienen, als man Ihnen ein Drohschreiben übermittelte. Wie gehen Sie damit um? 

Für viele Politiker gehören Drohschreiben, Beleidigungen und Belästigungen zum Alltag, auch für mich. Damit muss man klug umgehen, sich sorgfältig im Gelände bewegen und die Vorkommnisse ernst nehmen. 

Können Sie sich der Meinung anschließen, dass die Lage in Deutschland trotz der erörterten Vorgänge wahrscheinlich besser ist als die Stimmung? Es wird in allen Medien überwiegend über negative Ereignisse berichtet. Erledigen Bund, Land und Kommune – vor allem Politiker – ihre tägliche Arbeit zufriedenstellend, wird so gut wie gar nicht Notiz davon genommen. Liegt jedoch ein nicht unerheblicher Pflichtverstoß vor, wird er ausführlich ausgebreitet und nicht selten verallgemeinert. 

Kritik wird oft schneller geäußert als Lob. Danke zu sagen ist auch aus der Mode gekommen. Als Politiker muss man das ein Stück weit aushalten. Als Gesellschaft sollten wir weniger die Skandale in den Mittelpunkt stellen und häufiger über gute Leistungen berichten. Ein Grund für die unausgewogene Darstellung unserer Lage in Deutschland liegt wohl darin, dass Minderheiten die öffentliche Meinung bestimmen und die breite Mehrheit der Gesellschaft, die zufrieden ist, sich nicht artikuliert. Uns geht es in Deutschland im Vergleich zum Rest der Welt ausgesprochen gut und die Demokratie funktioniert. Es entsteht ein schiefes Bild, wenn sich Kritiker ständig mehr Gehör verschaffen. 


Kurzvita

Herbert Reul wurde 1952 in Langenfeld geboren. Nach dem Abitur 1972 bis 1979 Studium der Sozial­ und Erziehungswissenschaften an der Universität zu Köln, 1981 bis 1985 Studienrat am Städtischen Gymnasium in Wermelskirchen, danach bis zur Pensionsgrenze 2017 als Studienrat beurlaubt. Als 19­jähriger Gymnasiast trat Reuel in die CDU ein, 1987 Mitglied des Landesvorstandes der CDU in NRW, 1991 bis 2003 deren Generalsekretär, 1985 bis 2004 gehörte er dem Landtag NRW an, seit dem 1.06.2022 erneut, von 2004 bis Juni 2017 Mitglied der Fraktion der Europäischen Volkspartei im Europäischen Parlament, von Januar 2012 bis 2017 Vorsitzender der CDU/CSU Gruppe im Europäischen Parlament, mit 34 Abgeordneten der größten nationalen Parteidelegation. Am 30.06.2017 wurde Reul als Innenminister des Landes NRW vereidigt. Ihm wurde das Verdienstkreuz am Bande verliehen, er ist verheiratet, Vater dreier erwachsener Töchter und lebt in Leichlingen. 


Tuchel Zur scaled, , „Ich bin mit einer Mission angetreten“ 

„Ich bin mit einer Mission angetreten“ 

Interview mit Britta Zur, Beigeordnete für Bürgerservices und Sport der Stadt Düsseldorf

von Dr. Susan Tuchel 


Wann stand für Sie fest, dass Sie Jura studieren?

Ich wusste schon sehr früh, dass ich Staatsanwältin werden wollte. Mein Vater hat zwar Beruf und Privatleben zu trennen versucht. Aber natürlich lagen zu Hause immer irgendwo Akten herum. Er hatte oft Bereitschaftsdienst und musste als Oberstaatsanwalt auch nachts raus. Das fand ich spannend. In meiner Abiturzeitung stand schon, dass ich einmal Dezernentin für Mord und Totschlag werden würde. Etwas erstaunt war ich, als ich im Studium in Bonn erkennen musste, dass man nicht nur Strafrecht studieren kann, sondern alle anderen Rechtsgebiete auch erlernen musste (schmunzelt). 

Sie wurden Richterin und auch Staatsanwältin hier in Düsseldorf und dann Deutschlands jüngste Polizeipräsidentin in Gelsenkirchen, das aber nur für knapp drei Jahre. Warum nur so kurz? 

Da ich während meiner Amtszeit als Polizeipräsidentin meinen Wohnsitz weiter in Düsseldorf hatte, war mir relativ schnell klar, dass ich meinen Lebensmittelpunkt wieder nach Düsseldorf zurückverlegen musste, schon der Kinder wegen. Ich wäre auch gerne Polizeipräsidentin in Düsseldorf geworden, aber das hat sich nicht ergeben. 

Richterin, Staatsanwältin und jüngste Polizeipräsidentin, das klingt alles irgendwie spannender als Beigeordnete für Bürgerservices und Sport. 

Man sollte sich davon frei machen, wie „sexy“ etwas klingt. Die Polizei steht für das Thema Sicherheit, Verfolgung und Bekämpfung von Kriminalität. Als eine von 18 Polizeipräsidenten in Deutschland ist man mit einem Mal bekannt und genießt eine hohe Medienpräsenz. Beigeordnete sind halt nicht so berühmt (lacht). Aus Gelsenkirchen wegzugehen, war keine ganz leichte Entscheidung, weil ich den Job und die Menschen dort sehr geliebt habe. Auf der anderen Seite ist mein neues Amt ein guter und richtiger Schritt für mich, weil ich mich jetzt mit anderen Themen beschäftigen kann. Und ich kann jetzt sehr eng mit der Politik zusammenarbeiten. Das nehme ich sehr dankbar als neue Herausforderung an. Ich bekomme Einblicke in viele Themen und darf in der Schaltzentrale der Landeshauptstadt sitzen. 

Dann wissen Sie sicher auch, dass gerade die Bürgerservices in puncto Terminvergabe vor allem seit Corona in der öffentlichen Kritik stehen? 

Das ist der Stadtspitze bekannt. Genau aus diesem Grund hat mich der Oberbürgermeister gebeten, den Bürgerservice zu reformieren. Ich habe den Ball aufgenommen und bei meinem Amtsantritt bereits eine Problemanalyse erstellt. Zu meinem Amtsbereich gehören auch das Standesamt und das Straßenverkehrsamt. Wir kommen nur weiter, wenn wir bei der Reformierung nicht nach der Salamitaktik vorgehen, sondern alle Ämter ganzheitlich betrachten. Ich werde auch noch Personal bekommen, um dem Projekt die Bedeutung zu geben, die es verdient. 

Haben Sie einen Überblick über die Schwachstellen der Verwaltung gewonnen?

Um mir einen Eindruck zu verschaffen, habe ich seit meinem Amtsantritt in allen Bereichen hospitiert. Die Medienschelte wird vielen Mitarbeitern nicht gerecht, die tolle Arbeit leisten. In der öffentlichen Wahrnehmung sah es so aus, als ob die Mitarbeiter weniger Termine wegen Corona vergeben würden. Das war aber nicht der Fall. Während des Lockdowns konnten die Bürgerbüros nicht öffnen, Homeoffice ist bei diesen Jobs nicht möglich. Nach dem Lockdown wollten auf einmal alle verreisen. Die Terminangebote waren dieselben, nur die Nachfrage war gestiegen. 

Aber wenn ich sehe, dass mein Reisepass in zwei Monaten abläuft, kann ich heute keinen Termin bei einem Bürgerbüro online buchen. 

Das stimmt, hat aber seinen guten Grund. Wir haben festgestellt, dass bei längeren Vorläufen über 20 Prozent der Termine nicht wahrgenommen werden. Als ich beim Einwohnermeldeamt an der Willi-Becker-Allee am Hauptbahnhof hospitiert habe, sind in anderthalb Stunden vier Termine ausgefallen, weil die Leute nicht erschienen sind. Aber trotzdem sehen wir die Probleme und wollen die Situation für die Bürgerinnen und Bürger verbessern. Ich bin mit dem klaren Ziel angetreten, etwas besser zu machen, sonst würde ich das nicht machen. Im Straßenverkehrsamt haben wir bereits ein neues Tool eingeführt, das bürgerfreundlicher ist. Hier erhalten die Bürger schon viele Informationen im Vorfeld. Bis Ende des Jahres wird das Tool auch im Amt für Einwohnerwesen implementiert sein. Wir wollen und müssen digital werden. Das wird uns auch unter Fristsetzung vom Gesetzgeber auferlegt. 

Und was ist mit den älteren Bürgerinnen und Bürgern, werden die abgehängt?

Nein, natürlich werden wir die analogen Kanäle für „Oma Lisbeth aus Eller“ nicht dichtmachen. Wir haben immer auch eine telefonische Infoline und bieten mit dem Kurierdienst „Flinke Pedale“ einen Service an, der Dokumente frei Haus liefert und sehr gut angenommen wird. 

Düsseldorf tritt gerne als Sportstadt in Erscheinung. Das stößt nicht immer auf Gegenliebe, wie bei der Tour de France. Wo setzen Sie hier Ihre Akzente? 

Düsseldorf hat ein unglaublich breites Sportangebot. Im nächsten Jahr werden hier die Invictus Games stattfinden, 2024 werden wir der Austragungsort für die Europameisterschaft sein. Ich freue mich sehr auf das, was da kommt. Allerdings fallen die Großveranstaltungen in den Beritt des Stadtdirektors Burkhard Hintzsche, aber wir sind natürlich im engen Austausch miteinander. Aktuell stehen bei mir Sportstätten auf der Agenda, auch wenn der Stadtsportbund die offizielle Anlaufstelle für die Vereine ist. Ich möchte, dass die Menschen mich als „ihre“ Beigeordnete kennenlernen und dafür brauche ich ein umfassendes Bild vom vielfältigen Vereinsleben in Düsseldorf. Als Polizeipräsidentin in Gelsenkirchen bin ich oft mit Streife gefahren. Das gehört für mich einfach dazu, das ist mein Anspruch an mich. 

Sind Sie sportlich? 

Ich gehe oft ins Fitnessstudio, zu „Sport im Park“ habe ich es aus zeitlichen Gründen bisher nicht geschafft. In Gelsenkirchen habe ich hartes Zirkeltraining gemacht und ich boxe sehr gerne, auch weil mir der Ausdauersport beim Boxtraining gefällt. 

Sie scheuen die Macht nicht, wollten Sie schon immer nach oben? 

Das Leben findet nicht so statt wie auf dem Reißbrett geplant. Ich wollte immer Staatsanwältin werden, aber mit Ende Dreißig habe ich gemerkt, ich will noch mehr und ich kann noch mehr. Es ist Zeit für Karriere. Es folgte die Ernennung zur Polizeipräsidentin und jetzt bin ich für acht Jahre als Dezernentin gewählt worden. Für meine rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möchte ich eine Führungskraft sein, die ansprechbar, konkret und nahbar ist. Letzte Woche hat meine erste Mitarbeitersprechstunde stattgefunden. Zu der kann sich jede und jeder anmelden, der ein Anliegen hat, der Kritik äußern möchte oder nur einen Kaffee mit mir trinken möchte. Das Angebot ist bewusst niedrigschwellig und die Resonanz war unglaublich gut. Für mich ist das auch eine Frage der Wertschätzung. Bei meiner Hospitation im Standesamt ist mir z.B. klar geworden, wie viel komplizierter heute alles ist. Beim Standesamt geht es um viel mehr als um Aufgebote und Trauungen, es geht um Sterbe- und Geburtenregister und zwar quer durch unsere Gesellschaft, in die immer mehr Menschen aus anderen Kulturkreisen kommen mit Dokumenten, die hier auf ihre Echtheit geprüft werden müssen. Da ist mir erst einmal klar geworden, wie hoch die Anforderungen an die Standesbeamten heute sind. 

Vermutlich sind Sie die einzige Ex-Polizeipräsidentin, die die 110 auf ihrem rechten Oberarm als Tattoo trägt. Meist bleibt es nicht bei einem Tattoo. 

Das ist bei mir nicht anders, nächste Woche werde ich mir mein 12. stechen lassen. Tattoos bilden die Stationen meines Lebens ab. Manches geht mir halt stärker unter die Haut, das will ich dann auch sichtbar auf der Haut tragen wie die Justitia an meinem rechten Unterarm. Hätten Sie mich das auch gefragt, wenn ich ein Mann wäre? 

Ja, hätte ich. Warum fragen Sie? 

Weil ich immer wieder feststelle, dass Frauen in Führungspositionen erst nach ihren Kindern, ihrem Privatleben, den Fingernägeln, dem Lippenstift und nach ihrem Rock gefragt werden, während man bei Männern direkt in medias res geht. Aber zurück zu Justitia: Auch in meiner jetzigen Position sitze ich im Beirat der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf. Einmal im Monat halte ich eine Gefangenensprechstunde ab. Ich kann diesen Bereich nicht ganz ablegen, dazu bin viel zu sehr damit verwoben. Dennoch tut mir ein Wechsel wie dieser einfach nur gut, auch weil ich hier mit Verwaltungsprofis zusammenarbeiten und viel bewegen kann. 

Wo möchten Sie bei der Hälfe der Amtszeit stehen, also bei Ihrem „Halbmarathon“?

Ich bin mit einer Mission angetreten. Wenn ich in Düsseldorf meine Fußspuren hinterlasse und die Bürgerinnen und Bürger merken: Es hat sich etwas verändert, es hat etwas gebracht. Dann habe ich mein Ziel erreicht. 

Welches Verhältnis haben Sie zu Düsseldorf?

Ich bin wahnsinnig gerne Düsseldorferin. Düsseldorf hat die richtige Mischung aus Stadt und Dorf. Jeder kennt jeden und eine Stadt, die am Fluss liegt, hat immer etwas Besonderes. Ich bin in drei Minuten in der Altstadt. Ich gehe auch ganz bewusst am Wochenende in der Altstadt aus, weil es wichtig ist, die guten Altstadtwirte zu unterstützen. Ich unternehme viel mit meinen Kindern in der Stadt, die in diesem Jahr schon zigmal mit dem Riesenrad gefahren sind, das vor dem Büro steht. Ich gehe gerne ins Muggel und in den Eiskeller und empfinde es als ein großes Privileg, für die Stadt zu arbeiten, in der ich lebe, in der meine Kinder groß werden und an der mein Herz hängt. 


Kurzvita 

Britta Zur wurde geboren in Köln. Als sie drei Monate alt war, zog die Familie nach Wachtendonk am linken Niederrhein. Ihr Vater war Oberstaatsanwalt, ihre Mutter Fremdsprachenkorrespondentin. Britta Zur trat in die Fußstapfen ihres Vaters, studierte Jura an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Sie wurde Richterin am Land- und Amtsgericht Düsseldorf, dann Staatsanwältin mit den Deliktschwerpunkten Mord und Totschlag und Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Nach einem Vier-Augen-Gespräch mit NRW-Innenminister Herbert Reul wurde sie zur Polizeipräsidentin ernannt. Ende 2019 trat sie das Amt der Polizeipräsidentin in Gelsenkirchen an, einer Behörde mit 1.700 Mitarbeitern. Mit 39 Jahren war sie die jüngste Polizeipräsidentin Deutschlands. Seit dem 1. August dieses Jahres arbeitet Britta Zur wieder in Düsseldorf und erneut ist sie die Jüngste – dieses Mal als Verwaltungsvorstandsmitglied der Landeshauptstadt Düsseldorf. In ihrer Funktion als Beigeordnete für Bürgerservices und Sport gehört sie zum Kreis der offiziellen Vertreterinnen und Vertreter des Oberbürgermeisters Dr. Stephan Keller. Britta Zur lebt mit ihren zwei Kindern in Oberkassel. 


Fotos: Alexander Vejnovic