Beate Düsterberg und Ann Kreifels

„Wir stellen in erster Linie zeitgenössische Kunst aus“

Interview mit Beate Düsterberg, Goldschmiedemeisterin, Kunst-Kuratorin


von Ann Kreifels

Manchmal betritt man einen Ort und wird unmittelbar in eine andere Welt versetzt. Das Zuhause von Beate Düsterberg ist so ein Ort. Die Kunstwerke im Schloss Reuschenberg liefern bereits Hinweise auf das kreative Tun von Beate Düsterberg als Kunstförderin des Vereins Kunstinitiative „Wurzeln und Flügel e.V.“. Der Fokus liegt für sie dabei eindeutig auf der Zusammenführung von charismatischen Künstlern und deren stilistischer Umsetzung, um Besuchern den Zeitgeist nahezubringen.

Wann startete die Kunstinitiative?

Die Kunstinitiative „Wurzeln und Flügel e.V.“ – übrigens frei nach Goethe aus einem Brief „Gib den Kindern Wurzeln und Flügel“ umgemünzt für die Kunstinitiative – startete 2011 mit der ersten Ausstellung auf dem Anwesen des Schlosses Reuschenberg. Was früher eine Hauswirtschaftliche Schule war, ist 1995 geschlossen worden. Dann kam die Idee, die Wurzeln der Kunst dort zu setzen.

Welche Kunstrichtungen sind bei Ihnen vertreten?

Wir stellen in erster Linie zeitgenössische Kunst aus; angefangen von ganz jungen Künstlern, Abgängern der Kunstakademien bis hin zu bekannten und großartigen Künstlern wie Gerhard Hoehme. Zu seinem 100. Geburtstag soll dies eine besondere Ausstellung seiner Werke werden. Hier auf der Gerhard-Hoehme-Allee war sein Atelier. Direkt neben seinen früheren Arbeits- und Wohnräumen, wo seine Werke entstanden sind, werden sie nun in den ehemaligen Räumen der Schule auf dem Schlossgelände gezeigt. Die Nähe macht es magisch. Man kann verstehen was er sagen will: 

Ich bin
gegen das Dogma des Abbildes
gegen das Dogma der Ideologie
gegen das Dogma des Stiles,
denn die Unsicherheit ist eine der menschlichsten Eigenschaften und die Neugier das Tor zur Freiheit. Aber auch in den Widersprüchen lebt der Mensch.
Bilder sind Lebenshilfe, man soll sich ihrer bedienen zur Erkenntnis über sich selbst, denn die Bilder sind nicht auf der Leinwand, sondern im Menschen.
Gerhard Hoehme (1968)

Wie schafft man den spannenden Höhepunkt einer Ausstellung zu kuratieren?

Ein Thema zu benennen, ist für mich von enormer Bedeutung. Bei der letzten Ausstellung fiel die Wahl auf „stoffliche Welten“. Da entstand die Kooperation von beispielsweise gewebten Arbeiten von Barbara Esser und Arbeiten von Wolfgang Horn, der graphische Arbeiten und große Raumideen für Außenbereiche wie im Stilwerk und im Kunstpalast anfertigte. Als Kontrast dazu wurden auch die Arbeiten des Glaskünstlers Klaus U. Hilsbecher präsentiert. Hilsbecher zeigte Gläser, die anmuten wie Frottee, Wolle oder auch Garn. Ich lege grundsätzlich viel Wert auf Qualität, da ich aus eigener Kraft als gelernte Goldschmiedemeisterin weiß, worauf es ankommt. Mir ist es wichtig, dass die einzelnen Künstler einen hohen Anspruch geistigen Intellekts haben und diesen mit exzellentem handwerklichem Können vereinen.

Mich interessiert, wie Konzerte zur Kunst hinzu kamen?

Anette Myburg (Musikerin Querflöte) ist die Organisatorin des „Rheinland-Festivals“. Durch ihre Bekanntschaft entstand die Idee, Kunst und Konzerte zu verbinden. Es ist nicht nur eine Bereicherung, sondern zugleich eine Inspiration auf der musikalischen Ebene. Die Bandbreite reicht von Jazz bis hin zur Popmusik und auf klassischem Niveau zu Sängern, wie Nils Wanderer, Countertenor.


Kurzvita

Beate Düsterberg

Beate Düsterberg-Eissing ist gelernte Goldschmiedemeisterin. Als Kuratorin tätig seit 2011 und seitdem für die Kunstinitiative Wurzeln und Flügel mitverantwortlich, insbesondere für die Kunstausstellungen. Themenwahl und die Wahl der Künstler unterliegen ihrer Aufgabe.


Leslie Malton

„Die staatlichen Hilfen für Soloselbstständige gehen an uns Schauspielern total vorbei“

Interview mit Leslie Malton, Schauspielerin und 1. Vorsitzende des Bundesverbandes Schauspiel e.V. (BFFS)


von Dr. Susanne Altweger

Wie existenzbedrohend wird und wurde die Corona Krise bei den Schauspielkollegen gesehen?

Wie in fast allen Branchen hat die Corona Krise stark und vehement eingeschlagen. Bei uns in der Kunst und Kultur besonders, weil wir vom Publikum abhängig sind. Die Kunst und die Kultur sind der Aufruf zum gemeinsamen Erleben und zur gemeinsamen Begegnung, ohne Publikum geht das nicht. Erst wenn die Türen wieder geöffnet werden, kann diese Form der Kommunikation wieder praktiziert werden. Bis dahin fristen die Künstler ein amputiertes Dasein. Der Film- und Fernsehbranche ist der Stecker Mitte März gezogen worden, die meisten Theater schlossen kurz davor ihre Pforten. Die Theaterkollegen, die in der glücklichen Lage sind, für ganze Spielzeitjahre an einem Haus engagiert zu sein, erlitten zwar keine finanziellen Einbrüche, wussten aber wie wir alle nicht, wann und unter welchen Umständen die Theater wieder öffnen würden. Das gleiche gilt für die Film- und Fernsehbranche: Wann dürfen wir unseren Beruf wieder ausüben? Psychologisch gesehen war und ist das ein unsicherer Boden, auf dem wir stehen. Abgesehen von der psychologischen Belastung kommt die finanziell schlechte Lage hinzu, die für uns berufstypisch ist. 70 Prozent der circa 20.000 deutschen Schauspieler verdienen mit ihrer Arbeit weniger als 30.000 Euro im Jahr. Immerhin 55 Prozent verdienen sogar weniger als 20.000 Euro. Da ist es kaum möglich, sich Reserven anzulegen. Und so gesehen, ja, ist die Corona Krise für die meisten Kollegen existenzbedrohend.

Gibt es schon Informationen in welchem Umfang staatliche Hilfen in Anspruch genommen wurden?

Dass Dumme ist: überall ist die Rede davon, dass soloselbstständigen Künstler wegen der Krise alle Aufträge weggebrochen seien und ihnen geholfen werden müsse. Das ist schon richtig. Allerdings sind wir Schauspieler auch Künstler und unsere Vorstellungen, Drehtage, Synchrontermine und die Gagen dafür fielen genauso der Krise zum Opfer wie bei den anderen Künstlern. Aber wir Schauspieler sind nun mal – sozialrechtlich gesehen – keine Soloselbstständigen, sondern werden für unsere Rollen kurz befristet angestellt. Nun müssen wir erleben, dass nicht nur die staatlichen Hilfen für Soloselbstständige mit einigen Mängeln versehen sind, sie gehen auch total an uns Schauspielern vorbei. Schlimmer: Wir werden komplett vergessen, nicht nur von Politikern, die sich in unserer Kulturszene nicht auskennen, sondern auch von Künstlerkollegen, die es besser wissen müssten und trotzdem bei ihren Petitionen nur Hilfe für Soloselbstständige fordern. Eine erfreuliche Ausnahme ist Bayern: Hier ist es unserem BFFS gelungen, die Politik zu überzeugen, auch Schauspieler in die Künstlerhilfe einzubeziehen. Bayern ist momentan das einzige Bundesland, das neben bedürftigen soloselbstständigen Künstlern auch notleidenden Schauspielern unter die Arme greift. Noch gibt es keine Zahlen, wie viele unserer Schauspieler für ihren Lebensunterhalt auf die Grundsicherung zurückgreifen. Aber wahrscheinlich werden die meisten von uns davor zurückschrecken, weil wir dafür zuvor unsere Rücklagen aufbrauchen müssten, die wir für unsere völlig unzureichende Alterssicherung zurückgelegt haben.

Konnte der Verband auch Unterstützung leisten?

Viele Gewerkschaften, auch der BFFS, haben zum Beschluss der Bundesregierung beigetragen, bei denjenigen Arbeitslosen, deren Arbeitslosengeldanspruch zwischen dem 1. Mai und Ende Dezember ausgelaufen wäre, diesen Anspruch um drei Monate zu verlängern. Eine wichtige Unterstützung vor allem für viele arbeitslose Bühnenschauspieler. Darüber hinaus hat der BFFS zusammen mit ver.di und der Produzentenallianz am 24. März, elf Tage nach dem Shutdown, den ersten Kurzarbeits-Tarifvertrag in der Filmund Fernsehbranche verabschieden können. Das war eine Premiere in der Kulturlandschaft und ein großartiger Erfolg; denn er rettete viele Filmfirmen vor dem Ruin und unterstützte viele Kollegen, die plötzlich auf dem Trockenen standen. Für die Theaterkollegen, die als Gäste an verschiedenen Häusern engagiert waren, gab es anfangs große Schwierigkeiten mit der Bereitschaft der Verwaltungen und auch dem Selbstverständnis, dass die Kollegen ausbezahlt werden sollten. Der BFFS und ihr Justiziar haben starke Arbeit geleistet, damit die Kollegen ihre vertraglich zugesicherten Gagen zum größten Teil ausbezahlt bekamen. Viele Theater wollten die Kollegen auf die nächste Spielzeit vertrösten oder, man muss es deutlich sagen, gar nicht bezahlen. Hier hat der BFFS durchgegriffen. Zudem gab es mehrere Initiativen von BFFS-Kollegen, Kollegen in Not zu unterstützen. Wir konnten ihnen die Plattform unserer Webseite bieten, damit so viele wie möglich werden. Mit Erfolg.


Kurzvita 

Leslie Antonia Malton wurde geboren am 15. November 1958 in Washington D.C. Sie ist eine deutsch-US-amerikanische Schauspielerin und 1. Vorsitzende des Bundesverbandes Schauspiel. Leslie Malton ist Tochter eines USDiplomaten und einer Österreicherin. Nur insgesamt fünf Jahre lebte sie in den USA. Ihre Schulund Jugendzeit verbrachte sie in Wien. Bereits mit 14 Jahren hatte sie den Wunsch, Schauspielerin zu werden. Ihre Karriere begann Malton am Theater. Von 1985 an war sie jahrelang Mitglied des Wiener Burgtheaters, spielte und spielt in zahlreichen deutschen Fernsehproduktionen mit und arbeitet daneben auch als Sprecherin für Hörspiele. Für ihre erste internationale Kinoproduktion wurde sie 1984 von dem japanischen Regisseur Masato Harada für den Rennfahrerfilm „Races“ verpflichtet. In dieser japanischdeutschen Koproduktion spielte sie die weibliche Hauptrolle an der Seite von Hiroyuki Watanabe, Claus Theo Gärtner, Deborah Sasson, Stuart Wolfe, Dean Reed und Sir Patrick Stewart. 1990 erhielt sie den Goldene Kamera Nachwuchspreis für ihre drei Hauptrollen in „Parfüm für eine Selbstmörderin“, „Die Kupferfalle“ und „Gefährliche Verführung“ (Il Piccolo popolo). Ihren Durchbruch für das deutsche Publikum hatte sie 1992 mit ihrer Rolle der Gudrun Lange im ZDF-Vierteiler „Der große Bellheim“, für die sie 1993 mit dem Bayerischen Fernsehpreis und dem Telestar ausgezeichnet wurde. In dieser Miniserie spielte sie an der Seite von Mario Adorf, Will Quadflieg, Renan Demirkan, Heinz Hoenig, Ingrid Steeger und Dominique Horwitz. Seitdem gehört sie zu den gefragtesten TVDarstellerinnen Deutschlands.Leslie Malton ist seit 1995 mit dem Schauspieler Felix von Manteuffel verheiratet und lebt in Berlin. Seit 2019 hat sie neben der amerikanischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft.


Susan Tuchel und Alfons Labisch

„Unser Miteinander steht auf dem Prüfstand“

Interview mit Alfons Labisch, Mediziner und Medizinhistoriker


von Dr. Susan Tuchel

In Ihrem Buch „Pest und Corona konstatieren Sie eine Dominanz der Seuche und der Seuchenrhetorik in der öffentlichen Debatte zu Corona und Covid-19, wie sie es zuvor noch nie gegeben hat. Gibt es dafür aus medizinhistorischer Sicht nachvollziehbare Gründe?

Steht das wirklich so in unserem Buch? Jede Seuche hat in ihrer Zeit die öffentliche und private Diskussion dominiert – wenngleich in unterschiedlichem Ausmaß. Das „große Sterben“ des 14. Jahrhunderts hat uns reiche Quellen und vorzügliche Kunstwerke hinterlassen. Aber: Sie haben recht: Bei Covid-19 handelt es sich nicht nur um die erste große Pandemie des 21. Jahrhunderts. Es handelt sich auch um die erste große Pandemie einer Zeit, die wir gemeinhin als das Zeitalter der Globalisierung wahrnehmen. Die Globalisierung ändert keineswegs nur unsere Lebensverhältnisse, die Ökonomie, die Kultur etc.: Vielmehr findet unsere Leben nicht mehr nur irgendwo, sondern gleichzeitig überall statt. Unsere neue Lebenswelt sorgt dafür, dass uns das Seuchengeschehen – etwa über die entsprechenden Dashboards oder die so genannten „sozialen Medien“ – weltweit unmittelbar vor Ort präsent ist: China, Italien, Deutschland, die USA – alles das erleben wir zur selben Zeit mit. Das hat es in dieser Form noch nie gegeben. Und so viel lässt sich schon jetzt sagen: Entgegen unser aller Voraussagen und Hoffnungen zu Beginn dieses Jahres: Covid-19 wird als eine der großen Seuchen in die Weltgeschichte eingehen.

Sie sprechen in Ihrem Buch von „skandalisierten Krankheiten“. Sehen Sie ein Missverhältnis zwischen Fakten und der Aufregung im öffentlichen Raum bei der Corona-Pandemie?

Eine „skandalisierte Krankheit“ ist eine Krankheit, deren öffentliche Wahrnehmung in einem eklatanten Missverhältnis zu ihrer epidemiologischen oder demographischen Bedeutung steht. Die „echten Killer“ sind die Seuchen, die still und heimlich Tausende, wenn nicht gar Millionen Menschen dahinraffen. Musterbeispiel ist die Cholera des 19. Jahrhunderts: Zwar war der Anteil der „skandalisierten“ Cholera zwar recht gering, aber der Angst vor der Cholera verdanken wir die moderne Hygiene-Infrastruktur und zwar sowohl in den äußeren Verhältnissen als auch im persönlichen Verhalten. Dass in derselben Zeit in Deutschland bis zu 40 Prozent der Neugeborenen im ersten Lebensjahr verstarben, wurde hingenommen: das war immer so gewesen und fiel daher nicht weiter auf. Covid-19 ragt aus diesem Gegensatzpaar „skandalisierte Krankheit“ versus „echte Killer“ heraus. Trotz der hohen und rasant voranschreitenden Infektionsraten ist die Gesamtsterblichkeit immer noch recht gering: selbst in den Staaten, die die Krise nicht so gut bewältigt haben wie Deutschland. Aber wir wissen aus anderen Ländern, dass bei ungebremsten, geradezu explosionsartigen Infektionsraten das Gesundheitssystem zusammenbricht und es zu schrecklichen Zuständen innerhalb und außerhalb der Krankenhäuser kommt. Die Berichte aus Wuhan, die jetzt allmählich auch bei uns bekannt werden, zeigen Bilder des völligen Chaos. Das gilt ebenso für Oberitalien oder für manche Staaten und Städte der USA. Der gewisse Zwiespalt zwischen der öffentlichen Wahrnehmung und der – immer häufiger zu beobachtenden – privaten Sorglosigkeit mag darin liegen, dass nur wenige unmittelbaren Kontakt zu Menschen haben, die Covid-19 überlebt haben. Wir wissen jetzt, dass das Sars-2-Virus alle Organe befällt und möglicherweise schwere Nachwirkungen hat. Wer das Infektionsgeschehen im unmittelbaren Familien-, Freundes- oder Nachbarschaftskreis miterlebt hat, wird Covid-19 nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Welche gesellschaftlichen Auswirkungen werden die getroffenen gesundheitspolitischen Maßnahmen haben?

Aus unserer Alltagserfahrung und aus mittlerweile vorliegenden Untersuchungen wissen wir, dass etwa 80 bis 90 Prozent unserer Mitmenschen die wenigen Vorschläge eines situationsgerechten Verhaltens befolgen. Aus den historischen Kämpfen um den Impfzwang wissen wir, dass es immer eine kleine Gruppe absoluter Gegner öffentlicher Gesundheitsmaßnahmen gibt – und wohl immer geben wird. Jedenfalls werden unserer Einschätzung nach einige Verhaltensregeln übrigbleiben: mehr Distanz im Alltagsleben und wohl auch das gelegentliche Maskentragen zum Eigen- und zum Fremdschutz. Die private und berufliche Kommunikation wird sich nachhaltig ändern: Video-Konferenzen statt mühseliger Anreisen – teils über Kontinente hinweg. Die Arbeit wird sich ändern: Home-Office wird zunehmen. Die gesundheitspolitischen und – administrativen Maßnahmen und Mittel auf örtlicher Ebene – etwa die Ausstattung der Gesundheitsämter etc. – und auf den nachfolgenden Ebenen werden hoffentlich gründlich evaluiert und verbessert werden. Der Föderalismus hat sich prinzipiell bewährt – auch wenn es hier immer wieder zu politischem Gerangel kam, das andere als seuchenhygienische Gründe hat. Jedenfalls haben Mecklenburg-Vorpommern und Bayern als jeweils am wenigsten bzw. am schlimmsten betroffene Länder auch jeweils andere Probleme und Handlungszwänge. Und einige Landräte und Bürgermeister haben durch entschlossenes Vorgehen bundesweite Signale gesetzt – sei es der Landrat von Heinsberg oder der Bürgermeister von Jena. Wünschenswert wäre, wenn sich nach dem Abklingen der Seuche Ärzte, Mediziner, Politiker und Administratoren zusammensetzen würden, um eine nachhaltige vorausgreifende Gesundheitssicherung gegen die neuen Seuchen aufzubauen. Denn eines ist gewiss: die nächste Epidemie kommt bestimmt – und auch Corona wird bleiben!

Sie zeichnen in Ihrem Buch ein Hintergrundbild für das aktuelle Seuchengeschehen. Was können wir aus der Geschichte der Epidemie lernen?

Ebenso wie das Virus alle Organe eines Menschen befallen kann, wird es keinen Bereich des öffentlichen und privaten Lebens geben, der nicht von Covid-19 berührt werden wird. Covid-19 hat, wie jede große Seuche, sämtliche Masken des privaten und öffentlichen Lebens heruntergerissen. Neben unverständlichem Handeln erleben wir viel Anteilnahme, Hilfsbereitschaft und Fürsorge auf allen Ebenen der Gesellschaft. Alle diese verschiedenen Aspekte des Seuchengeschehens und seiner kurz- und langfristigen Auswirkungen können hier gar nicht angesprochen werden. Es bleibt zu hoffen, dass wir alle nach dem Abklingen der Seuche nicht zum „business as usual“ zurückkehren, wie dies bei früheren Seuchen der Fall war. Nicht nur die örtliche, regionale, nationale und internationale Gesundheitssicherung gilt es zu überdenken. Unser Miteinander im privaten Leben – Zuwendung aus der Distanz - Unser Wirtschaftsleben – Wie sieht es mit den Fertigungs- und Lieferketten aus? - Unser kulturelles Leben - Unser politisches Handel – Gibt es wirklich eine globale Politik, die den globalen Lebensund Produktionsverhältnissen entspricht? – stehen auf dem Prüfstand.

Welche Konsequenzen ergeben sich für Sie aus der gegenwärtigen Seuchenlage für die künftige Organisation öffentlicher Gesundheit?

Covid-19 ist mehrfach vorausgesagt worden. Und zwar nicht nach dem Motto „Wenn der Hahn kräht...“, sondern sehr präzise, auf den Monat und auf den Ort genau. Anders ausgedrückt: Experten sind erst dann zu Rate gezogen worden, als es allerorten bereits brannte. Das darf nicht wieder geschehen. Wir hätten uns rechtzeitig vorbereiten können. Die Entstehung und Verbreitung der weitaus meisten „new emerging diseases“ ist bekannt: Diese neuen Infektionskrankheiten entstehen aus dem Umgang der Menschen mit Tieren und mit der Natur sind also menschengemacht; die Krankheiten folgen den Verkehrswegen, heutzutage insbesondere dem internationalen Flugverkehr. Die Epi- und Pandemien sind also ebenfalls menschengemacht. Das heißt im Umkehrschluss: Wir können die Entstehung und Verbreitung dieser Krankheiten verhindern – und zwar ebenso, wie es die Ärzte, Mediziner, Politiker und Administratoren des 19. Jahrhunderts geschafft haben, die Seuchen der Industrialisierungsära in den Griff zu bekommen. Allerdings: dazu bedarf es großer Mittel und eines langen Atems. Aus Sicht einer „pragmatischen Medizingeschichte“ ergeben sich für meinen Mitautor Heiner Fangerau und mich folgende Denkvorschläge und Aufmerksamkeitshorizonte, mit denen sich näher zu beschäftigen lohnen würde: 

  • Gefährliche Krankheitserreger und frühe Infektionskrankheiten müssen bereits am Ort ihres Entstehens verhindert und systematisch eingegrenzt werden. 
  • Die internationale Surveillance muss zu einer internationalen Maintenance- und Containment-Strategie an den internationalen Verkehrsknotenpunkten ausgebaut werden. 
  • Wissenschaft und Forschung müssen weltweit barriere- und vorurteilsfrei vernetzt sein. 
  • In Deutschland müssen nach Abklingen von Covid-19 die verschiedenen Arten, mit der Pandemie umzugehen, systematisch analysiert, entsprechende Maßnahmen auf den unterschiedlichen Ebenen der Seuchenabwehr eingerichtet und auf Dauer vorgehalten werden. 
  • Unsere Abwehrmaßnahmen sollten auch in unserem Land die weltweiten elektronischen Möglichkeiten und Standards nutzen. Entscheidend sind unsere Werte: Wir haben uns entschieden, füreinander verantwortlich zu sein. Handeln wir also danach.

Buchtipp
„Pest und Corona“
Pandemien in Geschichte, Gegenwart und Zukunft
Heiner Fangerau / Alfons Labisch
Hardcover, 192 Seiten, 18 Euro, ISBN 978-3-451-38879-8, HERDER 2020
Als E-Book: 9,99 Euro, ISBN 978-3-451-82167-7, HERDER 2020


Kurzvita

Alfons Labisch (1946) ist Historiker, Soziologe und Arzt. 1979 wurde er Professor für Gesundheitspolitik und Medizinsoziologie an der Universität Kassel. Von 1991 bis 2015 war er Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, von 2003 bis 2008 deren Rektor. Seit 2004 ist er Mitglied der Leopoldina. Seit 2016 ist Labisch ehrenhalber Professor der Beijing Foreign Studies University, Peking, seit 2019 ebendort Distinguished Professor for Global History of Science and Medicine. Seine Forschungsgebiete sind u. a. die Geschichte des Wechselverhältnisses von Gesundheit, Medizin und Gesellschaft, die Geschichte der Seuchen, Medizin-/Wissenschaftsgeschichte im internationalen Transfer (Europa-Ostasien), die Geschichte menschlicher Bewegung und die Wissenschaftsgeschichte der Malaria. 1992 erschien sein Buch „Homo Hygienicus. Gesundheit und Medizin in der Neuzeit“. Im Sommer dieses Jahres erschien bei Herder das vielbeachtete Buch: „Pest und Corona. Pandemien in Geschichte, Gegenwart und Zukunft“, das er zusammen mit Prof. Heiner Fangerau, dem Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Heinrich-Heinrich-Universität, verfasst hat.


Günther Uecker, , »Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen« Uecker – Hafis – Goethe

»Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen« Uecker – Hafis – Goethe

Anlässlich Günther Ueckers 90. Geburtstag zeigt das Goethe Museum bis zum 15. November eine Sonderausstellung

Poesie kann so kraftvoll sein, dass sie andere Künstler fast zwangsläufig zu eigenen Werken inspiriert, und das über geografische, historische und kulturelle Grenzen hinweg. Wenn Günther Uecker sagt: »Sobald ich lese, muss ich auch malen« und Goethe erklärt: »Ich musste mich dagegen produktiv verhalten, weil ich sonst vor der mächtigen Erscheinung nicht hätte bestehen können«, so beziehen sich beide auf dasselbe Werk. Beide, der Weimarer Klassiker und der ZERO-Künstler, konnten sich der schöpferischen Energie der Gedichte aus dem Diwan(der Sammlung) des persischen Poeten Hafis (auch: Hafez) aus dem 14. Jahrhundert nicht entziehen. Vielmehr geriet der eine wie der andere durch die Lektüre in einen Schaffensrausch. 

So entstanden der West-östliche Divan, die größte Gedichtsammlung Goethes, und 200 Jahre später Ueckers Huldigung an Hafez, ein Zyklus von 42 Druckgrafiken, darunter neben Siebdrucken auch Sand- und Prägedrucke. Angeregt vom Bilderreichtum der über 650 Jahre alten Gedichte des persischen Poeten, führt Uecker seine weit ausschwingende Handschrift mit leuchtenden Pinselmalereien in einem temperamentvollen Tanz zusammen.

Die Sonderausstellung zeigt Ueckers Huldigung und Goethes Divan im Erstdruck und in ausgewählten Originalhandschriften, aber auch die Gedichtsammlung von Hafis, die beide inspirierte, und Arbeiten aus Ueckers umfangreichem, aber bisher weniger bekannten bibliophilen Werk. Damit schlägt die Schau eine Brücke zwischen den Jahrhunderten und führt den Blick vom Orient zum Okzident sowie mit einer filmischen Dokumentation über Ueckers Ausstellungsreise in den Iran auch zurück von West nach Ost.

Seit 2016 reist Ueckers Grafikzyklus durch alle Teile des Irans, wo er bisher achtmal Station gemacht: in Schiras, Teheran, Isfahan, Kerman, Maschhad, Rascht, Buschehr und auf der Insel Kisch. An jedem dieser Orte haben sich bekannte einheimische Künstlerinnen und Künstler von Ueckers Huldigung an Hafez inspirieren lassen und je ein Exponat zu der Ausstellung beigetragen. Durch diese außergewöhnliche Zusammenarbeit ist die Ausstellung während ihrer Reise durch den Iran stetig gewachsen und hat sich zu einem Projekt der Völkerverständigung entwickelt. 


Titelfoto: Günther Uecker bei der Ausstellungseröffnung unter Coronabedingungen.
© Fotos: Evelin Theisen


ungeheuer heiss, , „Ungeheuer heiß“ im Theater an der Kö

„Ungeheuer heiß“ im Theater an der Kö

Neustart mit einer deutschsprachigen Erstaufführung 

Nach dem Shutdown startet das Theater an der Kö wieder unter Coronabedingungen in die neue Spielzeit. Theaterchef René Heinersdorff will sein Theater mit einem neuen Belüftungssystem versehen, „… das die Luft ionisiert und so fast sämtliche Viren abtötet“. 

In dem Stück „Ungeheuer heiß“ spielen bis zum 4. Oktober Sebastian Waldemer, Kerstin Fernström, Franziska Traub, Marie Theres Relin, Markus Majowski und David Daria

Bei der Premiere stellte sich das Ensemble vor, Heinersdorff beschrieb „Ungeheuer heiß“ als „Glas Champagner, lustige Kost“. Die Komödie um Irrungen und Wirrungen in der Liebe ist in Skandinavien der Renner, übersetzt hat sie die auch im Stück mitwirkende Schauspielerin Kerstin Fernström, die schwedische Wurzeln hat, die Inszenierung übernahm Majowski. „Es war schon eine Herausforderung, über eine Online-Plattform zu proben“, sagte der. 

Nun sind alle froh, endlich physisch beieinander zu sein. Der Vorteil: „Wir kamen alle angereist und kannten unseren Text.“ Für Relin - Tochter der Schauspielerin Maria Schell und des Filmregisseurs Veit Relin - die unter anderem als Autorin arbeitet, ist es nach 30 Jahren das erste Mal, dass sie wieder auf einer Bühne steht. Aufgeregt sei sie nicht. „Das hat sicher damit zu tun, dass ich das von klein auf durch meine Eltern gewöhnt bin. Bühne bedeutet für mich Kindheit.Und Düsseldorf kenne ich aus früheren Aufenthalten noch gut.“


© Foto: Evelin Theisen


Kommödchen, , Das Kom(m)ödchen ist spielbereit

Das Kom(m)ödchen ist spielbereit

Hier der Spielplan von Oktober bis Dezember

Dazu Elke Lorentz:
„Lange haben wir darauf gewartet, und unser Ensemble, unsere Autoren und Gast-Künstler brennen darauf zu zeigen, dass Kabarett und Lachen gerade in schwierigen Zeiten wichtig und heilsam sind. 
Viele gute Ideen haben sich angesammelt und müssen raus! Unsere schnellen "Quickies" präsentieren wir dabei in aktualisierter Form und gewohnter Schärfe. Ein rasanter, komischer und politischer Abend ist - wie immer im Kom(m)ödchen - garantiert.“

Das Motto dabei heißt: "Safer Gags". 

Kurz: Die Sicherheit der Zuschauer ist das allerwichtigste Anliegen. Deshalb wurde ein Hygiene-Konzept entwickelt, das weit über die behördlichen Vorgaben hinausgeht.

Eine kleine Einführung in Hygiene leicht gemacht! finden Sie hier: 

https://www.youtube.com/watch?v=S_gSBww-kzo

Den aktuellen Spielplan finden Sie unter https://www.kommoedchen.de


© Fotos: Kom(m)ödchen


Spendezeit Baudeck, , Prominenz im Live-Talk auf der Rennbahn

Prominenz im Live-Talk auf der Rennbahn

Allofs, Bellinghausen und Tilly bei „Das Kochtheater“ 

In der exklusiven Location „Teehaus“ auf der Galopprennbahn in Düsseldorf-Grafenberg fand die 3. Auflage des Live-Talkformats „Das Kochtheater“ statt. In Zeiten von Corona ein innovatives Format, denn alle interessierten Zuschauer*innen konnten die Show via Live-Stream mitverfolgen. Unter den stark limitierten Gästen vor Ort viele prominente Gesichter. Auf sie wartete neben Live - Talk, Kunst und Entertainment ein 4-Gangmenü der Extraklasse.

Moderatorin Anja Katharina Baudeck (Spendezeit e.V) interviewte außergewöhnliche Gäste. Unter den Talk-Gästen Axel Bellinghausen (Co-Trainer Fortuna Düsseldorf); Andrea Höngesberg (Geschäftsführerin Galopprennbahn Düsseldorf) mit Vorstand Klaus Allofs; Renault Vorstand Martin Zimmermann, der den seit kurzem bei BOB Automobile in Düsseldorf erhältlichen Sportwagen Alpine vorstellte.

Anja Katharina Baudeck mit Jaques Tilly (rechts)

Jacques Tilly gab interessante Geschichten rund um den Karneval in Düsseldorf zum Besten und präsentierte in den Räumlichkeiten den Mottowagen „CDU-Sackhüpfen“. Die renommierten Künstlerinnen Elena Panknin und Tina Reichel präsentierten auf der Eventfläche über 20 Kunstwerke. Entertainment-Highlight des Abends war Roberto Lopez, ein Ausnahmekünstler, der weltweit auf Tourneen mit den Großen der Musikbranche war. Er präsentierte seine aktuelle Single „Loco“.  Musikalisches Rahmenprogramm - best DJ in Town AXLNT und Saxophonist Vladimir.

777,- EUR Spenden für das Sozialprojekt „Tier und Natur“

Über 10.000 Zuschauer im Live-Stream - die mit dem Spenden-Button Gelder für das Sozialprojekt „Tier und Natur“ spenden konnten: eine Initiative des Düsseldorfer Reiter- und Rennverein e.V., damit Kinder aus Düsseldorf in Kontakt mit Tieren und Natur kommen können. Die Initiatoren des Kochtheaters Ingo Musial (Produzent) und Anja Katharina Baudeck danken vor allem Dietrich Arens (Geschäftsführer Münchausen Catering) und freuen sich über hohe Zuschauerzahlen und das Erzielen eines tollen Spendenbetrages.

Das nächste Kochtheater ist bereits in Planung. 


Titelfoto: vorne Klaus Allofs, Anja Katharina Baudeck, Reihe 2 Andrea Höngesberg, Axel Bellinghausen, Jacques Tilly, Ingo Musial, Martin Zimmermann, Robert Vuchinger
© Fotos: Michail Raguzin


Koe Graben scaled, , Kolumne

Kolumne

DJournal Logo ohne Text Blau

Liebe Freundinnen und Freunde des DJournals, 

… heute lüften wir das Geheimnis, warum wir einige Tage nicht im Internet präsent waren:

Die Antwort ist: Weil wir sehr intensiv und fleißig an der Herbstausgabe des DJournals gearbeitet haben, das gerade erschienen ist.

Nach unzähligen Anrufen und Mails: „Wann erscheint das neue DJournal?“ freuen wir uns sehr, dass wir in dieser schweren Corona-Zeit wieder auf dem Markt sind. 

41 Jahre am Puls der Zeit gibt man nicht so leicht auf. Und besonders dann nicht, wenn unsere lieben Freunde und Kunden so treu zu uns stehen. 

Der Dank gilt allen, die uns so lange unterstützt haben. Wir aus der Redaktion blicken positiv in die Zukunft und hoffen, dass unsere Leser uns noch sehr lange begleiten. Unser Optimismus ist stärker als CORONA!

Nochmals Dank an alle!


Christian Kuehn David Mortlock, , Berenberg ernennt neue persönliche Gesellschafter

Berenberg ernennt neue persönliche Gesellschafter

Christian Kühn (52) und David Mortlock (45) werden der 39. und 40. persönlich haftende Gesellschafter (phG) in der 430-jährigen Geschichte der Privatbank Berenberg.

Wie bereits im vergangenen Jahr angekündigt, ergänzen Mortlock und Kühn die Führung von Berenberg, die derzeit aus Dr. Hans-Walter Peters (65, Sprecher) und Hendrik Riehmer (52) besteht. Zum Jahresende wird Peters aus Altersgründen als phG ausscheiden und an die Spitze des Verwaltungsrates wechseln. „Mit der neuen Führungsstruktur geht unsere Bank bestens aufgestellt in die Zukunft. Die langjährigen ‚Berenberger‘ kennen das Unternehmen und haben das Geschäft in den letzten Jahren erfolgreich weiterentwickelt und gestaltet“, so Peters.

Mich verbindet mit David Mortlock und Christian Kühn eine jahrelange intensive und sehr erfolgreiche Zusammenarbeit und Freundschaft, und ich freue mich darauf, dass sie nach den verantwortungsvollen Tätigkeiten nun auch offiziell die Bank mit mir zusammenführen und sich als Gesellschafter beteiligen“, erklärt Riehmer.

EZB und BaFin haben der Ernennung der beiden als Geschäftsleiter bereits zugestimmt, und die Gesellschafter der Bank haben ihre Berufung beschlossen. Die drei phGs werden die Bank ab 2021 gleichberechtigt führen.

Hendrik Riehmer ist für die Zentralbereiche Wealth and Asset Management und Corporate Banking zuständig, David Mortlock leitet wie bisher die Investmentbank, und Christian Kühn ist für Steuerungs- und Überwachungsfunktionen wie IT, Risk und Compliance verantwortlich.

Der Zentralbereich Wealth and Asset Management wird operativ von Matthias Born und Klaus Naeve geleitet. Der neugeschaffene Zentralbereich Corporate Banking (inkl. Real Estate) wird von Tobias Bittrich geführt. Bittrich wird zum 1. September Mitglied der Erweiterten Geschäftsleitung.


Titelfoto: Christian Kühn (li) und David Mortlock (re)