Michael Meurer und Stefan Adam

„Für den Eishockey Sport in Deutschland kann man sich nur wünschen, dass immer mehr Eisflächen entstehen“

Interview mit dem Geschäftsführer der DEG Stefan Adam


von Michael Meurer

Herr Adam, Düsseldorf präsentiert sich gerne als Sportstadt – dieses Jahr zum Beispiel mit der Tischtennis WM, der Triathlon EM oder der Tour de France. Fortuna Düsseldorf ist gut in die Saison gestartet, die Fans kommen zurück – wie intensiv wird denn die DEG aktuell und zukünftig unterstützt?

Die DEG genießt nach wie vor ein sehr hohes Ansehen in der Region und erfährt grundsätzlich von der Politik, der Wirtschaft und den Fans eine breite Unterstützung. Die Zusammenarbeit mit der Stadt Düsseldorf in Bezug auf den ISS DOME und unsere Büro- und Trainingseinrichtungen auf der Brehmstraße ist hervorragend. Beim Thema Vermarktung und Sponsoring besteht natürlich weiterhin noch einige Luft nach oben. Hier wollen und müssen wir in Zukunft überzeugen und wachsen. Wobei man natürlich differenzieren muss, ob es um punktuelle Unterstützungsmaßnahmen geht oder um Partnerschaften, die beidseitig einen Mehrwert generieren sollen. Wir sind insgesamt davon überzeugt, dass wir gemeinsam mit unseren Gesellschaftern und unseren Partnern auf einem guten und richtigen Weg sind.

Im Rahmen einer tollen Saisoneröffnungsfeier auf dem Rathaus-Markt kamen rund zehntausend Fans und Interessierte. Wie sieht es nach dem ersten Saisondrittel aus – hält der Grad der Identifikation der Fans mit der neuen Mannschaft an?

Wir verspüren nach wie vor eine große Identifikation mit und rund um die DEG. Wir sind davon überzeugt, dass der Weg der Veränderung und Professionalisierung, den wir gegangen sind, der richtige war und ist. Und das Hauptattribut der Mannschaft - was wir in jedem Spiel sehen wollen, dass sich das gesamte Team mit dem Club, den Fans und der Stadt voll identifiziert und auf dem Eis Vollgas gibt - das ist, obwohl die Mannschaft mit rund 10 neuen Spielern ergänzt und verstärkt wurde, bereits eindeutig erkennbar. Das spüren auch die Fans und das wird auch trotz bisher nicht immer passender Ergebnisse gewürdigt. Dafür an dieser Stelle herzlichen Dank! Es ist erst etwas mehr als ein Drittel der Saison gespielt und es ist noch sehr viel zu tun. Vieles befindet sich mitten in einem Prozess, der noch lange nicht abgeschlossen ist. Mit dem Großteil der bisherigen Auftritte des Teams kann man durchaus zufrieden sein, mit der aktuellen Punktausbeute hingegen nicht.

Was unternimmt der Club, um auch Nicht-Interessierte an den Sport heran zu führen?

Das A und O ist natürlich eine umfangreiche Kommunikation auf allen verfügbaren Kanälen. Neben den eigenen Kanälen wie Website, Social Media, Newsletter etc., versuchen wir immer wieder gezielt auch durch Großflächen-Kampagnen und viele weitere kreative Maßnahmen in und um Düsseldorf, die DEG in das Stadtbild noch stärker zu integrieren. Auch auf vielen Veranstaltungen nehmen wir mit Aktionsständen teil und wollen möglichst überall präsent sein. Gemeinsam mit unserer Ticketing-Abteilung entwickeln wir außerdem immer wieder neue Aktionen. Es gibt zum Beispiel den großen Schools Day, der zweimal pro Saison stattfindet, in dessen Rahmen an beiden Terminen zusammen rund zehntausend Kinder und Jugendliche die DEG-Heimspiele besuchen und immer wieder total begeistert von der Atmosphäre und dem Eishockey-Sport sind. Das sind aber alles nur kleine Ausschnitte. Insgesamt unternehmen wir sehr viel, um die DEG und diesen großartigen Sport weiter zu pushen.

Wie sehr sind Sie schon sportlich und auch privat in Düsseldorf angekommen?

Ich habe bereits seit 20 Jahren meinen privaten Lebensmittelpunkt in Düsseldorf. Von daher bin ich sehr froh, dass ich Leben und Arbeiten jetzt in meiner mittlerweile gefühlten Heimatstadt miteinander verbinden kann. Ich fühle mich einhundertprozentig wohl in Düsseldorf. Sportlich war es natürlich insofern eine gewisse Umstellung, weil ich für einen Profi-Eishockey-Club noch nicht gearbeitet habe. Aber alle Grundmechanismen im Profisport und insbesondere Teamsport ähneln sich doch sehr. Auch da habe ich mich also sehr schnell zurechtgefunden, akklimatisiert und ein entsprechendes Netzwerk aufgebaut. Ich fühle mich bei der DEG in jederlei Hinsicht voll integriert und was den Eishockey-Sport angeht, lerne ich natürlich auch jeden Tag noch etwas dazu. Ich empfinde das als sehr spannend.

Sie selbst waren Handball-Bundesliga-Spieler. Sie sind Mitglied im Aufsichtsrat von Brose Bamberg und des HC Erlangen. Gibt es Parallelen in den Sportarten Handball, Basketball, Eishockey und welche Unterschiede? Wie ist der Spieler-Spirit im Handball? Wie im Eishockey? Aus Fan-Sicht sind dies ja nun wirklich andere Welten.

Alle sind Team-Sportarten. Von daher bestehen natürlich mehr Parallelen als Unterschiede. Die Performance eines Teams kann immer nur so gut sein, wie die Summe aus der Qualität der Einzelspieler, aber eben auch der Mannschaftsstruktur, der Hierarchien, der Aufgabenverteilung. Das alles gehört zusammen und ist für jedes Team anwendbar – nicht nur im Sport.

Was die Trainingsmethodik, die Belastung, die Spielstruktur betrifft, gibt es zum Teil aber durchaus gravierende Unterschiede. Auch die Spielfrequenzen während der Saison und die Vorbereitungszeit auf den Wettkampf ist zum Teil unterschiedlich. Basketball und Eishockey sind natürlich nordamerikanisch geprägt. Handball ist eher in Europa zu Hause. Entsprechend unterscheidet sich auch der Spieler– und Trainer-Transfermarkt.

Die Fankultur ist sicherlich im Eishockey am außergewöhnlichsten und auch teilweise am traditionellsten. Das ist schon vielerorts wirklich beeindruckend. Auch die Reiseaktivitäten der Fans zu den Auswärtsspielen sind sicherlich in der DEL deutlich am größten und sicherlich dem Fußball sehr nahe. Die Atmosphäre in den Arenen ist durchaus vergleichbar, wobei beim Eishockey eher Gesänge dominieren und beim Basketball und Handball aufgrund zyklischem Angriff- und Abwehrwechsel eher rhythmisches Klatschen vorherrschen.

Viel Freizeit scheinen Sie ja nicht zu haben. Wo ist Ihr persönlicher Lieblingsort in Düsseldorf – außerhalb des Eishockeys im ISS DOME versteht sich?

DEN einen Lieblingsort in Düsseldorf habe ich nicht. Die Stadt ist so schön und lebenswert, dass es viele Plätze gibt, an denen ich mich sehr gerne aufhalte. Ich selbst wohne linksrheinisch. Von daher bin ich bei schönem, aber auch bei schlechterem Wetter sehr gerne am Rhein. Das ist immer wie ein kleiner Kurzurlaub. Ich gehe aber auch sehr gerne in die Carlstadt, nach Kaiserswerth oder den Grafenberger Wald.

Haben Sie noch live Spiele im Eisstadion an der Brehmstraße gesehen?Was ist Ihrer Meinung nach mit in den ISS DOME umgezogen, was nicht?

Ja, ich habe in den 90ern zur ganz großen Zeit Spiele live im Eisstadion an der Brehmstraße gesehen. Von daher auch aus dieser Zeit immer schon einen Bezug zur DEG gehabt. Beim Umzug in den ISS DOME 2006 ist grundsätzlich fast alles von der DEG mit umgezogen. Naturgemäß können aber gerade aufgrund der Tatsache, dass die DEG an der Brehmstraße diese unglaublich großen Erfolge gefeiert hat, alle Erinnerungen und die Historie eines so altehrwürdigen Stadions nur sehr schwierig von einem Tag auf den anderen in eine moderne Multifunktionsarena übertragen werden. Und das ist sicherlich auch das, was der eine oder andere, der schon ganz lange dabei ist, ab und zu noch vermisst. Letztlich ist der ISS DOME aber eine wunderschöne, zeitgemäße, komfortable Spielstätte, die über 13.200 Fans Platz bietet, in der wir uns absolut wohlfühlen und in der eine großartige Atmosphäre herrscht. Von daher sind wir mit der aktuellen Situation glücklich und zufrieden.

Auffällig ist der Trend, dass sich in vielen Städten unter anderem prominente Sportler für den Sport Eishockey interessieren. Wie sieht dies bei uns in Düsseldorf aus?

Auch bei uns sind regelmäßig Spieler und Offizielle der Fortuna, aber auch der umliegenden Fußball-Bundesligisten aus Schalke, Mönchengladbach oder Leverkusen zu Gast. Wir haben auch einige Prominente DEG Club 2020 Mitglieder. Zum Beispiel ist Axel Bellinghausen, wenn er es schafft, bei jedem Heimspiel dabei. Auch Angelique Kerber verfolgt die Spiele der DEG. Es gibt immer wieder einen Austausch und es wird sich gegenseitig unterstützt.

Haben Sie einen persönlichen, vielleicht revolutionären Wunschtraum für den Eishockey-Sport in Deutschland und in Düsseldorf?

Für die DEG haben wir natürlich den Wunschtraum, dass wir in der Zukunft irgendwann wieder die deutsche Meisterschaft feiern können. Und, dass der ISS DOME, wie früher das Stadion an der Brehmstraße, ständig restlos ausverkauft ist. Wie das Wort Wunschtraum allerdings beschreibt, ist beides noch eine größere Wegstrecke entfernt. Und für den Eishockey Sport in Deutschland kann man sich nur wünschen, dass immer mehr Eisflächen entstehen, dass es gerade für junge Menschen - ob im Rahmen der Schule oder für Freizeitaktivitäten - mehr Möglichkeiten gibt, Schlittschuh zu laufen und dadurch eben auch dem Eishockey-Sport näher zu kommen. In diesem Zusammenhang möchte ich übrigens auf die große DEG Winterwelt auf der Kö aufmerksam machen, die im Herzen der Stadt für Groß und Klein ein echtes Erlebnis ermöglicht. Es wäre schön, wenn der Stellenwert des Eishockey-Sports in Deutschland auf breiter Basis eine wesentlich größere Bedeutung bekommen würde, es ist einfach ein unheimlich aufregender Sport.

Sie haben in einem früheren Interview mal erwähnt, dass Ihnen die Erfahrung mit Schlittschuhen auf dem Eis zu laufen noch fehlt, was ist daraus geworden?

Mittlerweile habe ich nicht nur auf Schlittschuhen gestanden, sondern auch in voller Montur die Grundzüge des Eishockey Spielens versucht, in die Praxis umzusetzen. Es hat unglaublichen Spaß gemacht, und das will ich auf jeden Fall wiederholen, um es dann auch regelmäßiger machen. Es lohnt sich definitiv, es einmal auszuprobieren!


Kurzvita

Stefan AdamDer gebürtige Dortmunder Stefan Adam zog 1997 nach Düsseldorf und wechselte 1998 zum Handball-Zweitligisten HSV Düsseldorf. Er war außerdem u.a. für Bayer Dormagen, LTV Wuppertal und die beiden Dortmunder Clubs OSC und HSG in der ersten und zweiten Handball Bundesliga aktiv. Noch erfolgreicher war Adam als Manager. In Wuppertal stieg er 2002 noch während seines Jurastudiums als Geschäftsführer und Gesellschafter ein. Den nach einer durch ihn betriebenen Fusion mit der SG Solingen hervorgegangen Bergischen HC führte er durch den konsequenten Aufbau professioneller Strukturen und den Hinzugewinn zahlreicher größerer Sponsoren in die erste Handball Bundesliga. Vor seinem Engagement beim HC Erlangen war Adam Geschäftsführer beim deutschen Rekordmeister THW Kiel. In diese Zeit fiel die Deutsche Meisterschaft und der Pokalsieg 2013. Außerdem ist er bereits seit 10 Jahren Aufsichtsratsmitglied beim deutschen Basketball-Meister Brose Baskets Bamberg, wo er in dem Gremium für den Bereich Marketing und Sponsoring zuständig ist. Darüber hinaus war Stefan Adam vier Jahre lang Mitglied des Präsidiums der Handball Bundesliga.



Venedig

viva artE viva – es lebe die Kunst, sie lebe!

Zum Motto der diesjährigen Venedig-Biennale


von Konstanze Petersmann

„Denken ist interessanter als Wissen, aber nicht als anschauen“

Dieses Goethe-Zitat fiel uns beim Betreten des Museums Fortuny im versteckt liegenden Palazzo Orfei am Campo San Benedetto sofort auf. Endlich wieder in Venedig! Die Düsseldorfer Künstlerin Cordula Steinhoff – sie brachte zwei tusche-arbeiten auf Papier zum Thema „Der Schrei der Erde. Verborgene Wahrheiten“ schon für die 2. Triennale di Venezia 2018 mit - und ich, Poetin und Autorin, waren zur 57. Biennale und zum Konzert des Pianisten Bruno Canino und der Flötistin Luisa Sello in den Palazzo Albrizzi von der Präsidentin der Associazione Culturale Italo-Tedesca (acIt) / Goethe Institut, Prof. Nevia Pizzul Capello, eingeladen worden.

Der erste Tag gehörte der Galleria dell‘ Accademia, die zu den bedeutendsten der Welt zählt. Mit über 100 Werken wurde eine Ausstellung italienischer Maler/Bildhauer präsentiert, wie Antonio Canova, Francesco Hayez, Leopoldo Cicognara und nicht nur an die Geschichte Venedigs, sondern auch an das kulturelle Erwachen der Stadt erinnert.

Die 57. Biennale 2017 in der Lagunenstadt Venedig war ein Brückenschlag über Länder, Kulturen und Zeiten hinweg. Im historischen Palazzo Albrizzi, Cannaregio 4118, dem Sitz der veranstaltenden Kulturinstitute Venedigs, kuratiert Prof. Nevia Pizzul Capello seit über 30 Jahren die Ausstellungen und pflegt Kontakte mit vielen Ländern bis China und Taiwan. Dieses Jahr war die Kunst Guatemalas mit dem Titel „Grazie Italia“ im Palazzo Albrizzi aktuell. 

Zeitgleich zu den Kunstbiennalen fanden in den letzten Jahren besondere Kunstausstellungen im Museum Fortuny statt. In diesem Jahr kuratierte die Direktorin Daniela Ferretti und der Kunsthändler Axel Vervoordt aus Antwerpen die letzte Ausstellung zu dem Thema „Intuition“. Intuitionen sind Ahnungen, Instinkte und die Intelligenz des Unbewussten wie unsere Träume, die eine kreative Leistung sind. Die Hirnforscherin, Susan Etlinger aus Kalifornien, die in Wien am Institut für Psychologie tätig war, lehrte schon Anfang der 1990er-Jahre in der Schule für Dichtung, Vienna Poetry School, die ich besuchte.

„Bozzolo“ (Kokon), 1998, von Salvatore Vassallo. Biennale im Palazzo Albrizzi
„Bozzolo“ (Kokon), 1998, von Salvatore Vassallo. Biennale im Palazzo Albrizzi

Den Rahmen im Palazzo Orfei dagegen bildeten eigene Werke und Kunstsammlungen des spanischen Universalkünstlers, Bildhauers, Malers und Architekten Mariano Fortuny y Madrazo, der um die Jahr- hundertwende in Venedig wirkte. Im tiefen Erdgeschoss des Palazzo bildeten neolithische sandstein-Menhire einen Dialog zum Bild von Jean-Michel Basquiat. Die „Schwarze Sonne“ von Otto Piene und ein endlos scheinender Lichttunnel (White-Dark VIII) von Anish Kapoor ergaben ebenfalls ein Ensemble. Automatisches schreiben und Zeichnen der Surrealisten wollte unbewusste Wahrheiten oder Traumwelten offenbaren. Werke der Düsseldorfer Größen Josef Beuys, Günther Uecker, Gerhard Richter und Gotthard Graubner bildeten einen herausragenden Schwerpunkt. Mariana Ambramovic, El Anatsui und weitere Künstler versetzten die oberen Räume in atmosphärische Schwingungen - eine der wichtigsten Ausstellungen zeitgenössischer Kunst! 

Hauptschauplatz waren die Giardini im Stadtteil Castello, wo sich diverse Länder in den Pavillons präsentierten, im Arsenale gab es eine Themenausstellung. Den für mich vielsagenden Pavillon der Zeit und Unendlichkeit konnten wir leider nicht mehr besuchen. Die Biennale war überwältigend und hat in der einzigartig traumhaften Atmosphäre Venedigs einen bleibenden Eindruck hinterlassen.



Christian Theisen und Walid El Sheikh

„Ich bediene mich hauptsächlich aus einem lokalen Pool an DJs, die eine sehr enge Verbindung zur Stadt haben und auch hier leben“

Interview mit dem Gastronom und Schauspieler Walid El Sheikh


von Christian Theisen

Walid, Du betreibst in Düsseldorf inzwischen 3 Gastronomie-Projekte, die sich zwar sehr voneinander unterscheiden, aber dennoch eins gemeinsam zu haben scheinen: Die Inszenierung des Gastes. Ist das beabsichtigt?

Beabsichtigt ist es, einen Raum zu inszenieren, in dem sich jeder Gast mit seinen verschiedenen Ansprüchen an den Raum als Protagonist fühlt und sich dadurch als Teil der Gesamtinszenierung versteht. Dies ist beabsichtigt, da ich den Wunsch habe, Gäste so aus der Realität in die von mir geschaffene Welt zu entführen, dass sich das Ergebnis mit den Wünschen des Gastes deckt, den Alltag für die Zeit des Besuches abzustreifen.

Welche Mittel setzt Du ein, um das zu erzielen?

Es ist die Innenarchitektur. Mit anderen Worten: Materialien mit Substanz, einer besonderen Haptik, Farben einer gewissen Qualität und formreduzierte aber substantielle Möbel.

Was sind für dich weitere wichtige Erfolgsfaktoren?

Genauso wichtig wie die Architektur und die Inszenierung, sind die Mitarbeiter, die hochmotiviert und glaubhaft freundlich den Gast empfangen und sich selbst daran erfreuen, gute Dienste zu leisten.

Die ehemalige Anaconda-Lounge wurde gerade frisch als „Oh Baby Anna“ wiedereröffnet. Der Umbau war sehr umfangreich, das Ergebnis ist dafür aber auch atemberaubend. Du hast dabei alles bis ins Detail selbst entwickelt. Für diejenigen, die noch nicht dort Gast waren: Was sind die Highlights, was ist das (neue) Konzept?

Das neue und gleichzeitig auch das alte Konzept war und ist es, die elektronische Musik und ihre Akteure in Düsseldorf zu fördern und zu stärken. Ich bediene mich hauptsächlich aus einem lokalen Pool an DJs, die eine sehr enge Verbindung zur Stadt haben und auch hier leben. Gleichzeitig möchte ich nicht nur den Musikgenuss fördern, sondern auch den Raum erlebbar machen. Eines der absoluten Highlights ist die neu gestaltete Spiegelinstallation im Rückbuffet der Bar, die in Kombination mit einem Videomapping von Dino Korati (ebenfalls ein Düsseldorfer Licht- und Videokünstler) den Raum förmlich zerreißt und ihn dem Betrachter immer wieder neu erscheinen lässt.

Viele gehobene Gastronomieprojekte wurden in den letzten Jahren nicht mehr in der Düsseldorfer Altstadt umgesetzt, sondern vielmehr im Medienhafen oder anderen „In-Stadtteilen“. Dein Bekenntnis zur Altstadt ist ein starkes Signal für den Standort. Was müsste Düsseldorf tun, um die Altstadt wieder aufzuwerten?

Eine Aufwertung der Altstadt ist nicht notwendig, da ich mir keinen besseren Ort als die Altstadt vorstellen kann. Wir müssen uns davon befreien, Stadtteile und ihr Angebot zu homogenisieren. Die Vielfältigkeit des Angebots in der Altstadt lockt ein extrem heterogenes Publikum an und nur mit dieser Vielfalt an „Farben“ lässt sich auch die Besonderheit meiner geschaffenen Objekte erfahren.

Immobilienprojekte wie das Kameha Residence, das Andreas-Quartier oder LambertusEins beschleunigen die Gentrifizierung der Altstadt. Wie siehst Du die Entwicklung?

Von Gentrifizierung kann keine Rede sein, denn die Wohnviertel, die in der Altstadt neu entstanden sind, ersetzen keine alten Wohnquartiere, sondern sind vollkommen neu geschaffene Wohnviertel. Gleichwohl mir bewusst ist, dass aufgrund der hohen Kaufpreise die dort angebotenen Wohnflächen ausschließlich einem sehr potenten Publikum zugänglich sind.

Düsseldorf ist – wie der Name schon sagt – eigentlich nur ein Dorf. Irgendwann ist das Potential von Düsseldorf ausgeschöpft. Gibt es Orte, die dich reizen, dort etwas umzusetzen?

Das Schöne an dem „Dorf“ Düsseldorf ist, dass sich seine wahre Größe hinter dem niedlichen Begriff verborgen hält, denn in Wirklichkeit ist Düsseldorf eine Megametropole mit einem über 10 Millionen Menschen umfassenden Einzugsgebiet mit so vielen kulturellen Spots, die man erst einmal alle kennen lernen muss. Daher lockt mich im Augenblick nicht viel aus Düsseldorf heraus. Dies gilt zumindest fürs hier und jetzt.

Du bist ausgebildeter Schauspieler, sammelst moderne Kunst, hast eine enge Verbindung zur Musik. Man könnte vermuten, dass Du irgendwann noch andere Bühnen „bespielen“ willst. Gibt es dazu schon konkretere Ideen? Was könnte das sein?

Tatsächlich gibt es diese Vision und auch konkrete Ideen, die ich aber zu gegebener Zeit erst kommunizieren möchte.

Gastronomie – speziell dein Segment – ist mit einem geregelten Familienleben oftmals nur schwer zu vereinbaren. Wie gehst Du damit um?

Ich halte mir konsequent, völlig unabhängig von der Dichte und Vielfalt meiner Aufgaben, ein wöchentliches Zeitfenster offen, in dem ausschließlich die Familie im Vordergrund steht. Zudem habe ich auch eine sehr verständnisvolle und liebevolle Familie.


Kurzvita

Walid El SheikhWalid El Sheikh. Gebürtiger Düsseldorfer, 39 Jahre alt. Absolvent der Folkwang Universität der Künste, Fachbereich 3 Darstellende Künste (Schauspiel). Betreiber der: Elephant Bar, Sir Walter, Oh Baby Anna. Leidenschaften: Architektur, Fotografie, American Football. Verheiratet, eine Tochter.



Isabel Varell und Susan Tuchel

„Das Leben ist für mich ein großer Spielplatz“

Interview mit der Schauspielerin und Sängerin Isabel Varell


von Dr.Susan Tuchel

Geboren wurden Sie als Isabel Wehrmann. Aber diesen Namen tauschten Sie schon sehr früh gegen den wohlklingenden Künstlernamen Isabel Varell ein. Wann wussten Sie, dass Sie Künstlerin werden wollten?

Meine Stimme habe ich selbst als Talent und Berufung erkannt. Als ich meinen ersten Auftritt in einem Tanzlokal an der Ostsee hatte, da ist irgendetwas in und mit mir geschehen. Ich bekam auf einmal eine besondere Aufmerksamkeit und Anerkennung. Von diesem Zeitpunkt an hatte ich nur noch das Ziel vor Augen, auf die Bühne zu kommen.

Das hat dann ja auch funktioniert. Mit 19 Jahren wurden Sie Dritte bei einem Nachwuchswettbewerb von Radio Luxemburg, mit 23 Jahren wurde Ihnen die „Goldene Europa“ als beste Nachwuchssängerin verliehen. Der Produzent Jack White wurde auf Sie aufmerksam. Aber Ihren Weg machten Sie ganz alleine, mit mittlerer Reife und ohne Rückendeckung durch das Elternhaus.

Ja, meine Jugend war alles andere als toll. Ich wurde streng erzogen, war ein Scheidungskind und habe die Schule als Ventil benutzt, was zur Folge hatte, dass ich vom Goethe- und vom Luisengymnasium flog.

Warum?

Ich habe als Mutprobe geklaut und eine Schultoilette mit Toilettenpapier verstopft und angezündet. Beim Versuch, das Feuer zu löschen, lief natürlich alles über.

Sie haben Ihre Geschichte aufgeschrieben und sind mit Ihrem Buch „Mittlere Reife – aus meinem Leben“, das 2016 im Piper-Verlag erschienen ist, gleich auf der Spiegel-Bestsellerliste gelandet. Sie schreiben sehr offen und beschönigen nichts. Wie wurden Sie dann trotzdem die, die Sie heute sind, nämlich eine bekannte Sängerin, Schauspielerin, Komödiantin, Moderatorin und Autorin?

Ich habe Gesangsunterricht genommen, wann immer ich ihn mir leisten konnte und habe gekellnert, bis ich von der Musik leben konnte. Ich bin Autodidaktin und habe mich auf der Bühne mit Learning by doing nach vorne gebracht. Nicht, dass ich diesen Weg unbedingt empfehlen würde, aber in meinem Fall hat es gepasst. Ich war einfach immer offen und neugierig auf die Welt und das Leben ist für mich ein Spielplatz, also der Platz, auf dem ich ausgelassen sein kann und machen kann, was ich möchte.

Und das ist vor allem zu singen oder doch eher zu schauspielern?

Beides und außerdem schreibe ich alle meine Songtexte selber, weshalb ich mich lieber als Liedermacherin denn als Schlagersängerin bezeichne. Meine Themen in meinen Liedern sind auch andere als die in den Schlagern üblichen und meine Musik ist auch eine andere. Zum Ausdruck kommt das in meinen Lyricals, in denen ich auf meiner Deutschland-Lesereise aus meinem Leben erzähle, aus meinem Buch lese und singe.

Sie waren zwei Jahre mit Drafi Deutscher verheiratet. 2015 heirateten Sie den bekannten TV-Regisseur Pit Weyrich, den Sie aber schon eine halbe Ewigkeit kennen. Wann wurde daraus mehr?

Ich kannte ihn schon als ganz jungen Regisseur Anfang der 1980er-Jahre, da fand ich ihn auch schon auffällig toll als Mann. So richtig kennengelernt habe ich ihn dann bei Florian Silbereisen in einer Musikshow im Jahr 2008, und da hat es dann bei uns beiden gefunkt.

Ihre Kindheit haben Sie in Düsseldorf verbracht, dann haben Sie vier Jahre in München gelebt, fünf Jahre in Hamburg, heute leben Sie mit Ihrem Mann in Köln. Welches ist Ihre Heimatstadt, wo sind Ihre Lieblingsplätze?

Ganz klar Düsseldorf, auch mit meinem Wahlwohnort schwanke ich innerlich sehr zwischen Düsseldorf und Köln. Als Jugendliche war ich natürlich viel und gerne in der Altstadt, aber auch auf dem Trimm-dich-Pfad im Grafenberger Wald. Heute liebe ich vor allem das Rheinufer und die Kö, weil ich finde, dass keine andere Stadt –außer Paris – eine solche Prachtstraße hat.

René Heinersdorff kennen Sie schon sehr lange und waren 2012 auch schon einmal im Theater an der Kö. In dieser Spielzeit standen Sie bis Ende November in der Komödie „Sommerabend“ von Gabriel Barylli auf der Bühne. Wer das nun verpasst hat?

Den lade ich ganz herzlich ein, ins Theater im Rathaus nach Essen zu kommen, auch ein Heinersdorff-Boulevardtheater. Premiere ist am 24. Mai 2018 und gespielt wird die Komödie dann bis zum 24. Juni.

Woran arbeiten Sie aktuell, wenn Sie nicht auf der Bühne stehen?

Ich schreibe gerade die Songs für mein nächstes Album und beschäftige mich gedanklich auch schon mit meinem zweiten Buch. Denn das erste war ein so großer Erfolg, damit hatte ich einfach nicht gerechnet. Es gehört zu den größten Meilensteinen in meiner bisherigen Laufbahn. Die Beschäftigung mit meiner Vergangenheit hatte auf mich eine sehr reinigende, geradezu therapeutische Wirkung. Ich habe damals vieles aufgeschrieben, was ich noch nicht veröffentlich habe. Hinzu kommen meine Lesungen in ganz Deutschland sowie meine Musical-Tournee mit „Hairspray“ in Deutschland und in der Schweiz. Und ab Januar kommen noch regelmäßige Dreharbeiten für eine neue Serie dazu.

Wie sehen Ihre ganz persönlichen Auszeiten aus, wie bekommen Sie die vielbeschworene Work-Life-Balance hin?

Mein einziger Ausgleich ist der Laufsport. Ich jogge mehrmals in der Woche und bin auch sehr stolz, insgesamt acht Marathons gelaufen zu sein, davon einer in New York, einer in Venedig und die anderen in Berlin, Hamburg und Köln.

Der Dienst am Mitmenschen, spielt er für Sie eine Rolle?

Ich habe mich immer sozial engagiert. Ich unterstütze die Aidshilfe und die Aidsstiftung und habe drei Jahre ehrenamtlich als Sterbebegleitung für Aidskranke gearbeitet. Das Ehrenamt gehört für mich zum Leben dazu und das werde ich auch wieder intensiver betreiben, wenn ich mehr Zeit habe als aktuell.


Kurzvita

Isabel VarellIsabel Varell wurde 1961 am linken Niederrhein in Kempen geboren, zog als Kind mit ihrer Mutter nach Düsseldorf. Mit 13 Jahren hatte sie ihren ersten Auftritt bei einem Talentwettbewerb. 1980 wurde sie Dritte unter 6.000 Teilnehmern bei einem Nachwuchswettbewerb von Radio Luxemburg und Musikproduzent Jack White wurde auf das junge Talent aufmerksam. 1984 erhielt Varell für ihren Song „Verträumt“ die „Goldene Europa“ als beste Nachwuchssängerin. Ein Jahr später startete sie mit Titelsong und Hauptrolle ihre Schauspielkarriere in dem ARD-Zehnteiler „Das Rätsel der Sandbank“. Drafi Deutscher komponierte für sie den Titel „Melodie d’amour“ und produzierte ihre Singles „Indestructible Love“ und „Geh’ nicht vorbei“. Hauptrollen in Musicals folgten in den 1990er-Jahren. Als Andrea Weiler sorgte sie in der ARD-Serie „Rote Rosen“ für hohe Einschaltquoten. 2016 kam ihre Autobiographie „Mittlere Reife – aus meinem Leben“ auf den Markt und landete prompt auf der Spiegel-Bestsellerliste. Bis Ende November war sie in „Sommerabend“ im Theater an der Kö zu sehen. In Düsseldorf ist sie vom 18. bis 20. April 2018 im Musical „Hairspray“ im Capitol-Theater zu sehen und zu hören.



Wolfgang Sohn

Das Künstlerporträt: Wolfgang Sohn

Wolfgang Sohn - Photokünstler


„Ich besuche New York City seit 25 Jahren regelmäßig.  Diese Stadt inspiriert und fasziniert mich immer wieder auf  besondere Art und Weise. Photographisch ist NY ein Eldorado und das Licht ist einzigartig und unvergleichbar!“

Photokünstler Wolfgang Sohn stellte in Einzel- & Gruppenausstellungen unterschiedliche Photokunst-Konzepte vor:

  • 2010 Einzelausstellung ´NewYorkSzene´ TemporaryArtGallery Güterbahnhof
  • 2012 Einzelausstellung ´PopSzene´ TemporaryArtGallery Adlerstrasse
  • 2013 Gruppenausstellung ´ArtShow` TemporaryArtGallery Adlerstrasse
  • 2014 Gruppenaustellung TemporaryArtGallery Carlsplatz
  • 2015 Sonderausstellung ´100 Köpfe´ PHOTO POPUP FAIR
  • 2017 Gruppenausstellung ´PhotoArtShow´ WallStyle Gallery

Live-Kommunikation ist der rote Faden in der beruflichen Laufbahn Wolfgang Sohns als Eventmanager, Moderator & Photokünstler. Kreativ und Gestalterisch zu denken und Gedanken als Ereignis erlebbar zu machen, ist das Fundament der auf Lifestyle und immer neuen Vorgehensweisen aufgebauten Umsetzung aller seiner Ideen!

Seit 2009 spezialisiert sich Sohn mit seiner Eventagentur XAWO GmbH auf die Umsetzung von Kunst-Events und Galerieberatung. Hier bleibt die Kernkompetenz bei der Konzeption und Gestaltung neuer Präsentationsmöglichkeiten von Kunst in Verbindung mit hoher Kommunikation durch Nutzung der geschaffenen Gesamtatmosphären.

Nach der TemporaryArtGallery, die er 2009 gründete, konzipiert und veranstaltet Sohn als Founder & creativ Director seit 2014 einmal jährlich die Photographen & Photo-Kunst Messe PHOTO POPUP FAIR.

An der Europäischen Medien und Business Akademie ist Sohn dozierender Lehrbeauftragter im Bereich angewandtes Eventmarketing. Als Kommunikator und Medienmensch moderiert Sohn einmal im Monat den Düsseldorfer KulturTalk mit Gästen der im weitesten Sinne angelegten Kunst und Kulturszene aus Düsseldorf & NRW.



Agata Reul und Evelin Theisen

„Man muss sich treu bleiben und gegebenfalls mal mit dem Kopf durch die Wand“

Gespräch mit Agata Reul, Gastgeberin aus Leidenschaft


von Evelin Theisen

Im Reich von Gastronomen / Köchen sind Frauen in Führungspositionen noch in der Minderheit. Das konnte Agata Reul aber nicht abschrecken. Nach einer entsprechenden Fachausbildung – untern anderem im bekannten „Victorian“ auf der Königstraße an der Königsallee - hat sie sich einen Traum erfüllt und in Düsseldorf das mit einem Stern im Guide Michelin ausgezeichnete Restaurant „Agata’s“ eröffnet. Zuvor musste aber auf der Münsterstraße im Herzen der Düsseldorfer City erst der komplette Umbau eines alten Lokals erfolgen. Ziel war es, stilvolles Ambiente in einer ungestörten und privaten Atmosphäre zu schaffen.

Welche Erfahrungen haben Sie persönlich dabei gemacht?

Es war eine sehr spannende und aufregende Erfahrung. Die rund 300qm haben wir komplett kernsaniert und nun erstrahlen die Räume in einem neuen Salon-Style, ausgestattet mit japanischen Elementen. Dank eines tollen Teams und der großen Unterstützung meiner Familie hat sich mein kleines Unternehmen sehr erfolgreich entwickelt.

Welche Ausbildung benötigt man, um solche Träume realisieren zu können?

Aus meiner Sicht ist eine Fachausbildung dringend erforderlich. Dazu kommt natürlich noch eine gute Portion Berufserfahrung, am besten bei verschiedenen guten Adressen.

Bekannt ist alte Spruch: „Frauen gehören an den Herd . Aber das Kochen ist zu einer Männerdomäne geworden. Kochen eigentlich Männer anders, als Frauen?

Das sind überholte Vorurteile. Frauen arbeiten gegebenfalls etwas filigraner. In meinen Küchen arbeiten Frauen und Männer gleichgestellt.

Als Gastronomin ist man gleichzeitig Gastgeberin und muss gerne Menschen um sich haben. Kann man das lernen?

Das war für mich die größte Herausforderung. Die Kunst, selbstbewusst aufzutreten ohne arrogant zu wirken. Generell sollte man am besten nicht unbedingt menschscheu sein.

Welche gastronomische Philosophie vertreten Sie? Ambiente und Küche im „Agata’s“ sind ja international ausgerichtet, aber der asiatische Einfluss ist unverkennbar.

Kulinarische Kunst und Service auf hohem Niveau, inspiriert von verschiedenen Kulturen. Wir legen Wert auf saisonale und regionale Produkte mit aller höchstem Qualitätsstandard. Unsere Gäste sollen dies vor allem genießen und sich dabei wohlfühlen. Unser Küchenchef Jörg Wissmann sammelte jahrelang multikulturelle Erfahrungen in Küchen. Ihm zur Seite steht ein weiterer Koch, der lange Zeit auf Hawaii lebte.

Düsseldorf bietet ein großes Angebot in der Gastronomie. Was würden Sie allen Frauen raten, die ihren Traum von eigenen Restaurant wahrmachen möchten?

Das gleiche, was ich meinen männlichen Kollegen rate: Verliert nie Eure Idee, also den roten Faden. Man muss sich treu bleiben und gegebenenfalls mal mit dem Kopf durch die Wand. Aber die eigenen Ideen dann auch tatsächlich umsetzen.

Da sind Sie ein gutes Vorbild für alle, die von der Selbstständigkeit träumen. Vor wenigen Wochen haben Sie noch ein zweites Restaurant eröffnet, das „Reul’s by Agata’s“.

Hier erweitern wir unser kulinarisches Konzept und bieten im „Reul‘s“ neu interpretierte bürgerliche Küche mit internationalen Einflüssen und altbekannten Geschmäckern, sowie Spezialitäten von der Rotisserie. Als Küchenchef konnte ich mit Sascha Cohen ein bekanntes Gesicht der Düsseldorfer Gastroszene gewinnen.



Jean Pütz

„Wissenschaft darf niemals nur Herrschaftswissen sein“

Interview mit dem Wissenschaftsjournalisten Jean Pütz


von Dr. Paul Breuer

81 Jahre alt und kein bisschen leise – das trifft genau auf Jean Pütz zu. Rechtzeitig zu seinem Geburtstag erscheint seine Biographie „Ich hab‘ da mal was vorbereitet - Ein Glückspilz packt aus“  in enger Anbindung an die Zeitgeschichte. Diese Biographie beschreibt nicht nur den Lebensweg eines vor dem 2. Weltkrieg Geborenen, geflüchtet durch den schrecklichen Krieg und dessen Nachwehen von Luxemburg nach Köln und wieder zurück. Sie ist auch die Bestandsaufnahme einer ungewöhnlichen Karriere, die nur mit eisernem Willen, Disziplin und einem charismatischen Talent möglich wurde. Jean Pütz hat es geschafft, einer ganzen Generation schwer erklärbare technische und physikalische Phänomene mit seiner rheinischen fröhlichen Leichtigkeit nahe zu bringen. Sein ihm angeborener Humor machte es möglich, die scheinbar komplexesten Zusammenhänge in mehr als 2.000 TV-Sendungen, darunter die bekannte Sendereihe „Hobbythek“ als – wie er sagt - ‚trojanisches Steckenpferd‘, verständlich und kurzweilig zu erklären. Das ist das Kennzeichen der Karriere eines besessenen und rastlosen Wissenschaftsjournalisten, der sein Leben der Vermittlung von Wissenschaft für jedermann gewidmet hat. Jean Pütz‘ Credo: „Wissenschaft darf niemals nur Herrschaftswissen werden! Wissenschaft und Technik haben vor allem die Aufgabe, den Menschen das Leben zu erleichtern und gegebenenfalls zu verlängern.“

Seine Biographie ist gespickt mit Anekdoten aus der damaligen Zeit. Es kommt alles zur Sprache: die Erfahrungen, die Konsequenzen und die Wünsche. Und so ist diese Autobiographie ein zutiefst persönliches Buch – die nachdenklich stimmende Bilanz eines langen, erfolgreichen und vom Glück verwöhnten Lebens.
Daneben mischt er sich über seine Homepage www.jean-puetz.net und über seine Facebook-Auftritte unter dem Motto „Der Vernunft eine Chance‘ gerne in politische und technische Fehlentwicklungen unserer Zeit ein. Seine Homepage beinhaltet mittlerweile über 40.000 glaubhafte Artikel zu aktuellen wissenschaftlichen Themen.


Leve Jong, wie geht es Dir heute?

Ganz hervorragend. Ich bin ja noch gesund und noch keinen Zentimeter kleiner geworden. Das muss die Wissenschaft noch klären. Als ich meinen 80. Geburtstag feierte und der WDR mich in den Nachrichten als Urgestein bezeichnete, hatte ich ein Gefühl von Endzeitstimmung. Genauso wäre es bestimmt auch gewesen, wenn mein Begräbnis bevorgestanden hätte. Aber ich konnte alles noch miterleben und hatte noch ganz viele Pläne. Meine Biographie habe ich ja jetzt verwirklicht. Ich wollte auch meinen Kindern erklären, welch komischen Typ mit Schnäuzer sie als Vater ertragen mussten - und den Lesern plausibel machen, in welch phantastischem Zeitalter sie leben und der Bürger selbst dafür verantwortlich ist, dass es so bleibt.

In Deiner Biographie beschreibst Du, dass Du auch ein großer Anhänger der sozialen Marktwirtschaft bist.

Ja, ich halte sie für die Voraussetzung für eine offene Gesellschaft, die dem Einzelnen Chancen gibt, sich nach seinem Gusto zu entwickeln, kreativ zu werden – allerdings auch mit einer gehörigen Portion Selbstverantwortung. Wer diese Art Marktwirtschaft verwirft, landet unweigerlich in einer Planwirtschaft à la DDR mit allen Gängeleien und Verbrechen am Menschen, die dort üblich waren.

Was empfindest Du, wenn Du immer noch um ein Autogramm oder Selfie gebeten wirst?

Na ja, ich halte das für eine Art Wunder, denn normalerweise heißt es ja „Aus den Augen, aus dem Sinn“. Warum mir dieses Schicksal erspart bleibt, kann ich nicht erklären. Es freut mich aber, dass ich meinem Leben eine Art Nachhaltigkeit verliehen habe. Das Wort „Nachhaltigkeit“ habe ich in meiner Sendung „Energie, die treibende Kraft“ noch vor dem Club of Rome und den Grünen geprägt im Rahmen eines 11. Gebotes: 'Du sollst mit den Gütern, die uns die Erde schenkt, sorgfältig umgehen, damit unsere Kinder und Kindeskinder die gleichen Chancen erhalten, wie wir.'

Wie oft hörst die Worte “Guten Tag, Herr Pütz. Sie kennen mich nicht, aber ich Sie!“ Nervt einen diese Popularität nicht manches Mal?

Ja, Popularität hat – wie Du weißt – zwei Seiten. Einerseits schmeichelt sie, andererseits halte ich sie für ungerecht, denn Millionen von Menschen erfüllen ebenso ihre Bürgerpflichten. Das Einzige, worin ich mich von ihnen unterscheide ist, dass ich elektronisch vervielfältigt wurde. Die Popularität ist also nicht nur mein Verdienst, sondern ich verdanke sie auch den technischen Möglichkeiten. Das hilft mir, ganz schön bescheiden zu bleiben.

Zurück zur der Biographie: Was hat Dich eigentlich zu dieser intensiven Beschäftigung mit Wissenschaft und Technik geführt?

Schon als junger Mensch war ich unbändig neugierig. Mich trieb immer das Warum und das Weshalb. Verstärkt wurde das, weil meine Eltern, mein Bruder und ich nur mit Ach und Krach zwei große Bombenangriffe im Weltkrieg überlebt hatten. Dass ich später an der Uni empirische Soziologie studierte, geschah nur deshalb, weil ich wissen wollte, warum ein zivilisiertes und kultiviertes Volk, wie die Deutschen, einem Psychopathen und Verbrecher wie Hitler so viel Macht übertragen konnten. Leider sehe ich heute, dass dieser extreme Nationalismus wieder mal mit seinen „Fake News“ und „Postfaktischen“ wieder aufersteht.

Gesunde Ernährung, biologische Gesichtspflege, naturverbundene Haushaltsprodukte, natürliche Süßstoffe und vieles mehr waren Themen Deiner „Hobbythek“-Beiträge. Erinnerst Du Dich noch an eine Sendung, die Dir besonders am Herzen lag?

Nun ja, mit der „Hobbythek“ wollte ich das Leben abbilden, wie es ist und den Menschen sagen, dass sie viel schlauer sind, als sie denken und nicht den Werbeverheißungen der modernen Zeit ausgeliefert sein müssen. Ich bin stolz darauf, dass ich Ende der 80er-Jahre in der ARD zusammen mit Ranga Yogeshwar eine abendfüllende Sendung zum Thema AIDS ausgestrahlt habe. Ich hoffe, es hat mitgeholfen, dass diese schreckliche Krankheit in Deutschland so wenig Fuß gefasst hat. Näheres dazu habe ich ausführlich in meiner Biographie geschrieben.

Auch mit Themen wie Rauchen, Saufen und sonstigen Süchten habe ich mich beschäftigt. Als lustbetonter Mensch verordnete ich mir zwei entscheidende Einschränkungen: Lust nicht auf Kosten anderer und so viel Lust, dass ich langfristig am nächsten Tag auch noch Lust haben konnte.

Verrate uns doch Dein Geheimnis, wie man diese geistige Spritzigkeit und körperliche Fitness, die Dich immer noch auszeichnet, konservieren kann?

Ich bin auf keinen Fall Asket, genieße das Leben und versuche, mich durch Verstand zu überlisten. In meinem „Hobbythek“-Buch „Darm und Po“ habe ich zwei entscheidende Kriterien für das Langzeit-Allgemeinbefinden herausgestellt: 1. Die Gesundheit des Darms und 2. Die Gesundheit der Zähne. Für mich gilt das Prinzip „Wer rastet der rostet“ ohne Ausnahme. Das gilt nicht nur für sportliche Betätigung, sondern auch für das Gehirn. Ein Mensch, der nach seiner Pensionierung sich im wahrsten Sinne des Wortes zurückzieht, der darf sich nicht wundern, dass er zunehmend verfällt, sowohl körperlich als auch geistig. Die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse bestätigen, dass man sogar Demenz herauszögern kann, in dem man geistig kreativ und körperlich aktiv bleibt. Körperlich habe ich mich fürs Fahrradfahren entschieden und geistig, in dem ich immer noch viel schreibe. Zum Beispiel arbeite ich im Verbund mit meiner Sekretärin täglich mehrere Stunden an meiner Homepage. Vor allen Dingen aber hält meine junge Familie mich auf Trab. Meinem sechsjährigen Töchterchen habe ich versprochen, sie tanzend auf dem Abiturball zu begleiten, sofern sie Lust auf höhere Schulbildung hat. Mein fünf Jahre älterer Freund und ich haben verabredet, uns in zwanzig Jahren am Kölner Dom zu treffen.

Dein ältester Sohn Jörn (59) ist Professor in Straßburg. Deine Tochter gerade mal sechs Jahre alt. Ihr lebt zusammen mit Pina und Eurem Sohn Jean Adrian auf Deinem Landhaus „Pützerosa“ in Heiligenhaus, idyllisch im Grünen gelegen mit Blick auf Düsseldorf und bis Essen. Auch in Köln bist Du ständig zu sehen. Wofür schlägt nun Dein Herz mehr?

Zunächst einmal für Remich an der Luxemburger Mosel, meine Heimat als Jugendlicher. Dann für Köln, die Stadt meiner Pubertät, wo ich groß geworden bin und die auch heute noch mein Büro beheimatet. Ich bin `ne kölsche Luxemburger.

Du bist schon einige Jahre Mitglied der Düsseldorfer Jonges. Was gefällt Dir an Düsseldorf?

Na ja, ich plädiere inständig dafür, dass die Kölner mit den Düsseldorfern Frieden schließen. Als man mir die Tischgemeinschaft „Kinn Ziet“ schmackhaft machte, konnte ich nicht widerstehen. Ich bin glücklich, solche Tischfreunde zu haben, mit denen man intelligent diskutieren kann, die mir Düsseldorf auch dem Gefühl nach näher gebracht haben. Baas Josef Nagel ist wahrhaftig unser Alphatier. Er ist der einzige, dem ich mich in meinem langen Leben unterwerfe - aus lauter Spaß an der Freud. Wir treffen uns einmal im Monat, das ist für mich stets ein Highlight. Du kannst es nachvollziehen, da Du ja auch Mitglied von „Kinn Ziet“ bist.

An der Tatsache, dass die Düsseldorfer Jonges mich als Kölner aufgenommen haben, spricht für ihre große Toleranz, wenngleich sie mich in einem Brief darauf aufmerksam machten, ich dürfe mich in Köln niemals mehr schlecht über Düsseldorf äußern. Daran habe ich mich gehalten und sehe keine Veranlassung, mich in Zukunft nicht daran zu halten. Seit Düsseldorf 2017 Ausgangspunkt der Tour de France war, ist Düsseldorf für mich kein Dorf mehr, sondern ich nenne sie „Düsselstadt“.


Kurzvita

Jean PützJean Pütz wurde geboren am 21. September 1936 in Remich/Luxemburg. Nach seiner Ausbildung als Elektromechaniker besuchte er die Staatliche Nikolaus-Otto-Ingenieurschule in Köln, an der er das Studium der Nachrichtentechnik abschloss. Auf dem zweiten Bildungsweg holte er das Abitur nach und studierte Physik und Mathematik für das Lehramt. Parallel zum Studium und Referendarzeit studierte Pütz noch Soziologie und Volkswirtschaft. Von 1970 bis 2001 war Pütz festangestellter Redakteur beim WDR Köln, bei dem er die neu gegründete Redaktion Naturwissenschaft und Technik aufbaute und 30 Jahre leitete. Sie wurde eine der erfolgreichsten Redaktionsgruppen im WDR-Fernsehen mit Serien wie „Einführung in die Elektronik“, „Digitaltechnik“, „Die Welt des Schalls“, „Die Welt des Fernsehens“ mit über einer Million verkaufter gleichnamiger Begleitbücher. Pütz ist Vater der legendären Sendereihe „Hobbythek“, die über 30 Jahre lang mit circa 350 Themen monatlich in allen 3. Programmen ausgestrahlt wurde. Auch Sendereihen wie die „Wissenschaftsshow“, das Umweltmagazin „Dschungel“, „Bilder aus der Wissenschaft“, „Globus“ und viele Einzelsendungen im ARD-Programm sind unter seiner Ägide entstanden. Nach Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wurde Jean Pütz 2004 vom WDR im Rahmen einer Gala verabschiedet. Seit 2005 arbeitete er als freier Mitarbeiter beim Magazin „Volle Kanne“ (ZDF) und bei weiteren TV-Sendern mit. Seit 2007 tourt Pütz live mit seiner „Pützmunter-Show“, einer Art naturwissenschaftlichem Kabarett, durchs In- und Ausland. Für seine journalistische Tätigkeit erhielt er zahlreiche Preise. Als Autor hat er in den letzten 30 Jahren rund 60 Bücher veröffentlicht. Er ist Mitglied in verschiedenen Kuratorien, unter anderem der „Junge Presse NRW e.V.“ und der „WPK“, dem Verband der unabhängigen Wissenschaftspublizisten, den er mitgegründet hatte und dessen langjähriger Vorsitzender er war.



Robert Schäfer

„Wenn wir gute Voraussetzungen schaffen, wird es uns als Traditionsverein auch gelingen, mit den anderen Clubs zu konkurrieren. Das ist unser Weg“

Interview mit Robert Schäfer, Vorstandsvorsitzender von Fortuna Düsseldorf


von Christian Theisen

München, Dresden, jetzt Düsseldorf – es ist auffällig, dass Sie immer in sehr schönen Städten arbeiten. Zufall?

Diese Städte gehören wirklich zu den Schönsten in Deutschland! Ich bin sehr glücklich, dass es nach den ersten beiden Städten nun Düsseldorf geworden ist. Weil ich diese Stadt schon kannte und wusste, dass es sehr schön hier ist. Der Fußball ist natürlich nicht wirklich planbar, so dass es sich zufällig ergeben hat. Aber die Städte haben bei den Entscheidungen natürlich auch eine Rolle gespielt. Als es die Möglichkeit Düsseldorf gab, war die Stadt aber nicht nur einzige Grund, sondern auch der Verein Fortuna und die spannende Aufgabe uns zu entwickeln. Es hat einfach alles gepasst.

Was fasziniert Sie persönlich denn konkret an der Landeshauptstadt?

Düsseldorf ist unheimlich vielseitig. Es gibt hier Viertel, für die sich Berlin feiern würde. Dort würden lange Artikel darüber geschrieben und von progressiven und innovativen In-Viertel gesprochen. Beste Beispiele dafür sind hier Unterbilk oder Flingern. In Düsseldorf wird gar nicht groß darüber gesprochen. Hinzu kommt hier die Erlebnis-Bandbreite: Von Kirmes über Karneval, über Hochkultur - sämtliche Freizeitbeschäftigungen gibt es hier im Weltklasse-Format. Diese Vielseitigkeit ist es, aber auch die infrastrukturelle Anbindung mit einem zentralen Flughafen - da ist man schnell überall in Deutschland und in Europa. Letztes Jahr sind wir zum Beispiel einmal direkt in die USA nach Los Angeles geflogen. Außerdem kann man von hier aus hervorragend Ausflüge starten. Hinzu kommt der Rhein, der Düsseldorf ausmacht. In Köln kommt man jetzt erst richtig auf den Trichter, sich als Stadt zum Rhein hin zu öffnen. Kasematten, Altstadt, Rheinwiesen, das ist schon toll hier in Düsseldorf. Die knappe Freizeit, die man hat, kann man hier richtig genießen.

Haben Sie den Eindruck, dass es bei den Entscheidungen der Spieler, zur Fortuna zu wechseln auch ein Plus ist, dass die Lebensqualität hier so hoch ist?

Das ist durchaus ein Argument, das wir in jedes Gespräch mit den Spielern einbinden. Als Profi musst Du viel trainieren und bist oft unterwegs, aber die wenige Freizeit, die Du dann hast, kannst Du hier optimal nutzen. Da haben wir gegenüber unseren Mitbewerbern einen echten Vorteil. Den wollen wir natürlich auch weiter nutzen.

Was sind denn Ihre Lieblingsplätze in Düsseldorf?

Zum Beispiel die Lorettostraße. Die habe ich zufällig kennengelernt und entdeckt, als mein Sohn gerade geboren war und wir deshalb noch einmal ins EVK gefahren sind. Hier gibt es eine lebendige Szene, viele kleine, schöne Geschäfte, gute Restaurants, nette Cafés. Und der Medienhafen ist auch nicht weit. Sehr schön finde ich es auch, am Rheinufer zu sein. Für uns ist das sozusagen der schnellstmögliche Spaziergang, wir können uns da mit dem kleinen Jonathan, der jetzt ein Jahr alt ist, auch mal auf der Wiese sitzen und den Ausblick genießen. Dann hat man auf der anderen Seite dieses schöne Bild mit Schlossturm, der Altstadt, dem Fernsehturm und dem Landtag, das gefällt uns wirklich sehr gut.

Sie hatten erwähnt, dass es auf der Lorettostraße schöne Restaurants gibt. Haben Sie so etwas wie ein Lieblingsessen?

Ich grille zum Beispiel sehr gerne, lege mir gerne ein gutes Stück Fleisch auf den Rost. Ich mag auch italienisch. Und ich muss für mich in Anspruch nehmen: Meine Spaghetti Bolognese ist richtig gut! Das sagen tatsächlich alle, die sie bisher gegessen haben. Der Clou dabei sind Kapern und die Gewürze. Das ist ein bisschen sizilianisch, aber mehr wird nicht verraten.

Hemd und Anzug ist Ihre Dienstkleidung. Laufen Sie privat auch im Business-Look herum?

Nein! Da mag ich es gerne etwas legerer. Ich bin eher so ein Sneaker-, Jeans- und T-Shirt-Typ.

Kommen wir zur Fortuna: Welche Strukturen muss ein Verein haben, um erfolgreich zu sein? Und wie gehen Sie diese Aufgabe bei Fortuna an?

Man muss das tun, wovon man überzeugt ist. Man muss es konsequent umsetzen. Allerdings muss man dabei auch vorleben, was man von anderen verlangt. Wir als Fortuna müssen jetzt in allen Bereichen die Grundlagen legen. Wir haben einen neuen Arenavertrag ausgehandelt, der nicht nur erstmals finanziell lukrativer ist, sondern auch beinhaltet, dass die ESPRIT arena als unser Heimstadion erkennbar wird. Da haben wir nun mehr Spielraum, mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Wir haben den Bau des Nachwuchsleistungszentrums forciert. Wir wollen uns stark im Service für unsere Fans verbessern. Wir werden noch in diesem Jahr auf unserem neuen Webshop den Ticket- und Fanartikelverkauf vereint haben. Unsere Fans können dann eine Karte kaufen und einen Schal, beides in einen Warenkorb legen und dann bezahlen. Außerdem wird über dieses System auch die Mitgliederbetreuung verwaltet. Das sind nur einige Beispiele für unser Vorhaben, in der Zukunft auf höchstem Niveau konkurrenzfähig zu sein. Wir wollen jetzt die Grundlagen legen, um in der Zukunft auf eine positive sportliche Entwicklung vorbereitet zu sein. Dabei haben wir jetzt schon Dinge erreicht, die vor einem Jahr als nicht machbar beschrieben wurden.

Damit die Bundesliga im Falle eines möglichen Aufstiegs in den nächsten Jahren nicht wieder nur ein Abenteuer für eine Saison bleibt?

Alles was wir tun können, um uns darauf vorzubereiten, machen wir gerade. Das ist natürlich noch lange nicht abgeschlossen. Wir wollen - gesetzt den Fall - so stark und so leistungsfähig wie möglich sein, damit es uns gelingt, uns zu etablieren. Ein anderer Aspekt dabei ist natürlich das Nachwuchsleistungszentrum. Als Traditionsverein, der ein eingetragener Verein bleibt und keinen Investor bekommt, ist das Transfergeschäft mit eigenen Talenten für uns von wichtiger Bedeutung. Auch das müssen wir intensiver entwickeln. Bis jetzt haben wir jahrelang zugelassen, dass die Trainer der U17 und U19 nur halbe Stellen haben, das haben wir geändert. Erste Erfolge haben wir erzielt: In der letzten Saison haben wir die Einsatzzeiten der jungen Spieler gegenüber der Spielzeit 2015/16 verdoppelt. Die Durchlässigkeit vom Junioren- in den Profibereich wird derzeit schon höher, was wiederum auch für die Zertifizierung des NLZ und für neue junge Talente wichtige Argumente sind. Wenn wir gute Voraussetzungen schaffen, wird es uns auch als Traditionsverein gelingen, mit den anderen Clubs zu konkurrieren. Das ist unser Weg.

Welche Umstände müssen gegeben sein, als Traditionsverein zu bestehen?

Man muss solide Finanzen haben. Wichtig ist dabei auch, dass man keine Notverkäufe machen muss, um Löcher zu stopfen. Personell gut aufgestellt zu sein, ist ebenfalls eine Grundvoraussetzung. Ein schlagkräftiges Team in allen Bereichen zu bilden, insbesondere im Sport und in der Verwaltung. Obwohl die Anforderungen stetig steigen, ist in der Vergangenheit nicht investiert worden und das müssen wir jetzt schnell nachholen. Die Jugendarbeit muss stimmen. Und es muss eine große Klammer zwischen Verein, Fans und der Stadt geben. Die Menschen, für die wir Fußball spielen, sollen ein Gefühl dafür bekommen, was und warum wir etwas tun. Der Identifikationsgrad soll hoch sein und man soll sich in seinem Verein wiederfinden. Deswegen haben wir uns vor gut einem Jahr mit dem Sport begonnen und dort Veränderungen herbeigeführt. So haben wir eine Mannschaft mit Identität zusammengestellt und eine Verbindung zu den Fans hergestellt, die auch sportlich geholfen hat. Aber auch in anderen Bereichen haben wir Entscheidungen getroffen, um uns besser aufzustellen. Mit dem neuen Hauptsponsor, dem besten Ausrüstervertrag aller Zeiten, dem vierjährigen Ärmelsponsor und den gelungen Marketingaktionen zeigt sich, dass diese Maßnahmen richtig waren.

Wie wichtig sind gute Partner für diesen Weg?

Sehr wichtig. Wir sind sehr stolz darauf, dass alle engen Partnerschaften mit unseren premiumPARTNERn die Fortuna auch in dieser Saison unterstützen. So früh wie in diesem Jahr haben wir bisher noch nie die positiven Signale unserer strategisch wichtigen Partner erhalten. Somit können wir uns auch weiterhin auf starke Unternehmen an unserer Seite verlassen. Unser Dank gilt nicht nur unseren Partnern, sondern auch unserem Vermarktungspartner Infront Sports & Media.

Gibt es auch neue Partner, die man von diesem Weg überzeugen konnte?

Vom Hauptsponsor Orthomol bis zu kleineren Partner haben wir auf allen Ebenen auch neue Partner gefunden, die vom aktuellen Weg der Fortuna überzeugt sind und diesen mit uns gehen wollen. Zudem führen haben wir im Rahmen unserer Partnerstruktur die Ebene der handwerksPARTNER eingeführt. Die Qualität und Flexibilität der eigenen Arbeit ist im Handwerk mindestens genauso wichtig, wie das eigene Netzwerk. Wir möchten das angenehme mit dem Nützlichen verbinden: Bei Fortunas Heimspielen mitfiebern und zeitgleich das eigene Netzwerk pflegen und erweitern. Wir freuen uns, dass die Partnerschaft schon jetzt so eine positive Resonanz erhält.

Was sind die Argumente der Partner für ein Engagement bei der Fortuna?

Wie der Begriff schon verrät, geht es um eine Partnerschaft und nicht um ein reines Sponsoring. Durch gemeinsame Stammtische, exklusive Veranstaltungen, Reisen zu Auswärtsspielen oder ins Trainingslager wollen wir unsere Partner mitnehmen und einen besonderen Einblick in unseren Verein geben. Es geht darum, dass unsere Partner sich mit der Fortuna identifizieren. Selbst die vielen japanischen Partner wie Toyo Tires sind mittlerweile richtige Fortunen geworden und haben ihr Engagement sogar ausgebaut.

Welche Strecke dieses langen Wegs haben Sie schon absolviert?

Wenn wir einmal überlegen, wo wir mit dem Nachwuchsleistungszentrum vor einem Jahr standen, dann haben wir dort schon viel erreicht. Das gilt auch für unsere Struktur: Wir haben wichtige Themen gelöst, die schon lange im Raum standen. Auch in die Mannschaft hat inzwischen eine eindeutige Struktur. Wir haben Spieler-Werte geschaffen. Nach der Saison 2015/16 mussten wir Spielern Geld mitgeben, weil es keinen Markt gab. Da habe ich nirgendwo gelesen „Mein Gott, unsere Stars verlassen uns!“ Doch in diesem Sommer war genau das der Fall. Das ist ein gutes Zeichen dafür, dass wir Spieler entwickelt haben. Die Angst davor, dass sie gehen, bedeutet im Umkehrschluss ja, dass es gute Spieler sind. Und wenn noch einer gehen sollte, dann geht er so, dass es für Fortuna aus finanzieller Sicht ein Riesenschritt nach vorne ist - und wir dann auch in der Lage sind, diese verlorene Qualität wieder zu ersetzen und uns damit wahrscheinlich sogar noch besser aufstellen zu können. Auf der anderen Seite können wir sehr stolz darauf sein, einen wichtigen Spieler wie Marcel Sobottka, der nach wie vor ein großes Potenzial besitzt, so langfristig an uns gebunden zu haben.

Wenn die abgelaufene Saison eine Umbruch-Saison war, was gilt dann für die Spielzeit, die jetzt vor Tür steht?

Wir haben uns mit dem Vorhaben, unter die ersten Sechs zu wollen, ein ambitioniertes Ziel gesetzt. Das möchten wir erreichen! Letzte Saison hatten wir noch viele andere Baustellen, dieses Jahr gilt der Fokus dem Erreichen unserer sportlichen Ziele. Das weiß der Trainer, das weiß die sportliche Leitung, das wissen aber auch alle Mitarbeiter und die Gremien. Um das Ziel zu erreichen, muss jeder seinen Teil beitragen und noch ein bisschen mehr bringen. Ich bin davon überzeugt, dass wir alles haben, was wir dafür brauchen. Was uns fehlt, müssen wir uns durch Ideen und harte Arbeit holen. Die ersten Spiele sind ja bereits sehr positiv gelaufen. Jetzt ist es wichtig, die guten Leistungen auch konstant abzurufen.


Kurzvita

Robert SchäferRobert Schäfer, Jahrgang 1976, wurde in Darmstadt geboren. Der Volljurist war von 2005 bis 2010 als Projektleiter der International Management Group GmbH verantwortlich für die Vermarktung des TSV 1860 München, wechselte als Geschäftsführer zum Verein und verantwortete bis 2013 die Bereiche Sport, Finanzen, Lizenzierung, Marketing, Recht, Personal, Organisation und Fanbelange. Ab 2014 war Robert Schäfer als Kaufmännischer Geschäftsführer der SG Dynamo Dresden tätig, seit 22. März 2016 ist er Vorstandvorsitzender bei Fortuna Düsseldorf. 2016 wurde er zudem in den Aufsichtsrat der DFL (Deutsche Fußball Liga) gewählt. 



Christian Theisen und Atilla Kilinc

Anleger: Yes, You Can!

Gespräch mit dem unabhängigen Finanzexperten Atilla Kilinc


von Christian Theisen

Sie vertreten die These, dass traditionelle Finanzdienstleister wie Banken und Versicherungen den Anlegern keinen Mehrwert bieten. Wieso?

Banken und Versicherungen haben vor der historischen Niedrigzinsphase Anlegern Produkte verkauft, die eine geringe Realverzinsung ohne Risiko erwirtschaftet haben. Sie haben dabei von der Risikoaversion der Anleger und den Ausgabeaufschlägen sowie laufenden Gebühren vorzüglich profitiert. Seit der Subprime-Krise mit der Lehman-Pleite in 2008 hat die EZB jedoch die Zinsen von damals 4,25% bis Q1-2016 auf 0% gesenkt. Eine baldige Erhöhung ist nicht absehbar. Die Inflation beträgt aktuell 1,7% und die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihen lediglich 0,38% p.a. Was das Vermögensmanagement betrifft, ist das alte Geschäftsmodell von Banken und Versicherungen somit obsolet. Die aktuelle Vertrauenskrise und Schlagzeilen belegen meine Einschätzung.

Was können Anleger im aktuellen Niedrigzinsumfeld tun?

Das Wichtigste ist, aktiv zu werden und sich unabhängig sowie kompetent zu informieren. In Deutschland ist das Thema Geldanlage (noch) ein Tabuthema, aber jeder Anleger verschenkt über den Zinseszinseffekt langfristig Tausende von Euro - oder noch schlimmer - nimmt einen Realwertverlust für das hart verdiente Vermögen hin.

Können Anleger mit traditionellen Produkten eine positive Realverzinsung erzielen?

Auf jeden Fall. Das wichtigste Element ist die Anpassung der Portfolioallokation. Aktuell hält jeder Anleger in Deutschland im Durchschnitt 80% seines Geldvermögens als Bargeld beziehungsweise in Versicherungsprodukten, die wiederum zu 90% in Anleihen investiert sind.

Das zweite Element ist die Überprüfung der Investments unter Kostenaspekten, denn laut einer Studie der europäischen Finanzaufsicht ESMA schlagen 86% der aktiven Fondsmanager nicht die Benchmark (vergleichende Analyse) – hierfür werden bis zu 5% Ausgabeaufschlag sowie laufende Management-Gebühren von circa 1,5% p.a. von den Anlegern verlangt.

Welche alternativen Produkte gibt es für Anleger?

Abhängig vom Anlagebetrag, des Anlagehorizonts sowie Expertise des Anlegers gibt es im Bereich Private Equity (Eigenkapitalbeteiligungen an nicht-börsennotierten Unternehmen), Private Debt (Fremdkapital an mittelständische Unternehmen) sowie Infrastruktur interessante Produkte. Hierbei ist jedoch essentiell, eine professionelle Vorabselektion vorzunehmen und die Geeignetheit für den Anleger zu beurteilen.

Welche Rolles spielen Fintechs in der heutigen Zeit?

Fintechs bieten Anlegern spezialisierte, kundenfreundliche(re) und kostengünstige Möglichkeiten im Finanzsektor, weil die traditionellen Finanzdienstleister neue Trends verschlafen und den Kundenfokus aus dem Auge verloren haben. Vielmehr sind sie mit internen und regulatorischen Herausforderungen konfrontiert. 

Neben den Fintechs gibt es jedoch viele innovative Unternehmen aus den Bereichen Digitalisierung, IoT (Internet of Things), Blockchain oder Elektromobilität, die interessante Investmentmöglichkeiten bieten.

Muss der Anleger in der jetzigen Zeit zum Finanzexperten werden?

Seit 1991 gehe ich meiner Passion für die Börse nach und habe verschiedene Funktionen in der Finanzbranche, zuletzt bei einem der global führenden Asset Manager, übernommen. 

Immer wieder habe ich die Erfahrung machen müssen, dass viele Anleger in ungeeignete und zu teure Anlageprodukte investiert haben, weil sie die Produkte und die damit zusammenhängenden Risiken nicht verstanden haben. Dabei war der Bankberater aus meiner Sicht zu oft Bankverkäufer. Da vielen Anlegern neben ihrem Beruf und der Familie schlicht die Zeit fehlt, um sich Finanzthemen zu nähern, können Anleger auf die Expertise und Kompetenz unabhängiger Experten zurückgreifen, um ihr Vermögen zu bewahren und zu vermehren.


Kurzvita

Atilla KilincAtilla Kilinc wurde 1971 geboren. Nach dem Abitur 1991 Bankausbildung und Studium der Wirtschaftswissenschaften in Düsseldorf und Göteborg (Diplomarbeit über den Neuen Markt). Abschluss Diplom-Kaufmann. Zusatzqualifikation 2006 als Charterholder CFA.

Berufliche Stationen: 1999 PwC – Corporate Finance, 2001 Equity Partners – Investments, 2004 DB Private Equity – Alternative Assets, 2017 Selbständiger Finanzexperte/-berater (kilincconsulting.com)