Marion Kracht und Susan Tuchel

"Menschen zum Lachen zu bringen ist eine ganz besondere Kunst"

Interview mit der Schauspielerin Marion Kracht


von Dr. Susan Tuchel

Sie standen bereits mit fünf Jahren vor der Kamera und teilten Ihre Kindheit und Jugend zwischen Schule und Filmstudio auf. Nur wenige Kinderstars schaffen den Sprung zum Erwachsenenstar. Thomas Ohrner, bekannt als „Timm Thaler“ Ende der 70er-Jahre, bekam erst 2008 in der Daily Soap „Verbotene Liebe“ wieder eine Rolle, Anita Hegerland, die mit Roy Black „Schön ist es auf der Welt zu sein“ sang, heiratete, bekam Kinder und nahm mit 50 Jahren das gleiche Lied noch einmal auf. Wie haben Sie diese Klippe gemeistert?

Ich hatte Glück, dass mir zum richtigen Zeitpunkt die richtige Rolle angeboten wurde. Mit 18 Jahren bekam ich die Titelrolle in der Fernsehserie „Christian und Christiane“, die erste Serie im deutschen Fernsehen, die aus der Sicht von Jugendlichen erzählt wurde. So hat sich die Prophezeiung meines Vaters, dass der große Traum vom Schauspielen im Teenageralter ein Ende fände, zum Glück nicht bewahrheitet.

Ihr Vater Dr. Fritz-André Kracht, der als Kölner vermutlich ein Stück weit für ihre offene, herzliche, nahezu rheinische Art verantwortlich ist, war eine schillernde Persönlichkeit. Er lebte lange Zeit in Amerika, übersetzte Stücke seines Freundes Carl Orff ins Englische, drehte experimentelle Filme, entdeckte die Sofortbild-Fotografie für sich und war Chefdramaturg in München. Wie haben Sie ihn und Ihre Mutter erlebt?

Ich sage immer: Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau. So war das auch bei meinen Eltern, die 50 Jahre lang, bis zum Tod meines Vaters im Jahr 2005, durch Dick und Dünn gingen. Mein Vater passte in keine Schublade so recht hinein. Er war halt beides, freakiger Künstler und liebender Familienvater. Meine Mutter betrieb sogar zeitweise eine Diskothek in München, um meinem Vater die nötigen Spielräume zu geben und das Familieneinkommen zu sichern.

Als Bühnenschauspielerin wurden Sie mit „Pygmalion“ und „Gottes vergessene Kinder“ berühmt. Für beide Stücke wurden Sie mit dem INTHEGA-Preis ausgezeichnet. Für die Rolle der Sarah erlernten Sie die Gebärdensprache und wurden für Ihr Engagement für Gehörlose 2002 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Und dann sind Sie auch noch Kuratoriumsmitglied des Kinderhilfswerks Plan International.

Die Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz hat mich sehr überrascht und natürlich geehrt, wenngleich es nicht ganz leicht ist, immer daran zu denken, wann man es tragen darf oder sollte und wann nicht. Bei Plan International haben mein Mann und ich insgesamt drei Patenkinder, meines haben wir über Weihnachten in Kambodscha besucht. Ich habe dort auch ein Video gedreht und mir die Hilfsprojekte vor Ort angeschaut.

Auch sonst lassen Sie Ihre Mitmenschen teilhaben an Ihrer Sicht auf die Welt. Sie sind Klimaschützerin und haben soeben auf der Berliner Fashion Week Ihre erste Öko-Kollektion vorgestellt, die mit dem Aachener Textilunternehmen LANA in Deutschland produziert wurde. Was ist neu an dieser Kollektion?

Ich wollte mit veganer Mode auf den Markt, das heißt ich verzichte auf Wolle, Leder, Seide und auf tierische Produkte in den Farben. Viele Frauen möchten sich gerne ökologisch „korrekt“ kleiden, aber eben auch im Business gut aussehen. Meine Kollektion Warm Winter 2015/2016 ist eine Mischung aus Business und Casual. Sie umfasst 26 Teile und geht von Kleidern, Röcken, Blazern und Blusen bis hin zu Jacken und Mänteln und einem langen Abendkleid aus Nicki.

Und dann kochen Sie auch noch gut und gerne?

Stimmt, aber eben auch das vegetarisch und vegan. Vegetarierin wurde ich übrigens schon vor 25 Jahren in Indien, als ich sah, wie man dort mit den Tieren umging. Auch die hiesige Massentierhaltung ist nichts für mein Gemüt.

Ihre Lieblingsrezepte, die Sie alle selber gekocht haben, erscheinen im April im Cadmos Verlag. Das Buch heißt „Kracht kocht vegetarisch – vegan“ und ist mit 19,95 Euro erschwinglich. Warum vegetarisch und vegan?

Sämtliche Gerichte lassen sich sowohl vegan als auch vegetarisch zubereiten, die Alternativen stehen immer dabei. Es ist ein sehr persönliches Buch, in dem ich viel über meine Küchenpraxis verrate und auch Menüvorschläge mache.

Das wird Sie aber nicht von der Schauspielerei abhalten?

Keineswegs. Am 20 März läuft die neue ZDF-Serie „Bettys Diagnose“ mit mir und ich freue mich auch schon auf das nächste Engagement, denn die hohe Kunst und mein Lebenselixier ist es, die Menschen zum Lachen zu bringen.


Kurzvita

Marion KrachtMarion Kracht ist aus der deutschen Fernsehgeschichte nicht wegzudenken. Als Kind war sie in vielen Kinderserien wie beispielsweise in „Das feuerrote Spielmobil“ zu sehen. Mit 14 spielte Kracht die Tony in der Verfilmung der „Buddenbrooks“ von Thomas Mann zusammen mit ihrem Bruder Claudius in der Rolle des Sonderlings Christian Buddenbrook. Mit 20 Jahren nahm sie Schauspielunterricht in München und besuchte eine Schauspielschule in New York. In den 90er-Jahren ließ sie sich in Berlin für Improvisation ausbilden. Als „Tina“ wuchs Kracht in „Diese Drombuschs“ Fernsehgenerationen ans Herz. Sie wirkte unter anderem in den Mehrteilern „Der Havelkaiser“, „Familie Sonnenfeld“, „Liebe, Babys und …“ mit und stand auf Deutschlands Bühnen. Seit drei Jahren tourt die Wahlberlinerin durch Deutschland mit der Komödie „Auf ein Neues“, zuletzt im Theater an der Kö.



Siegmar Rothstein und Walter Brune

„Als Architekt legte ich immer großen Wert darauf, Architektur und Kunst harmonisch zu vereinen“

Interview mit Walter Brune, Architekt und Stadtplaner


von Dr. Siegmar Rothstein

Sie blicken auf eine bewegte, ungewöhnlich erfolgreiche berufliche Tätigkeit zurück. Sie waren und sind Architekt mit Leib und Seele, auch Ihr Vater und Großvater waren Architekten. Haben Sie vor der Ausbildung je überlegt, eventuell einen anderen Beruf zu ergreifen?

Es ist richtig – mein Vater war Architekt und mein Großvater, sowie weitere Generationen zurück waren Baumeister in einem kleinen Ort im Emsland. Dort erzählt man sich, dass ganze Dorf sei von der Familie Brune über mehrere Generationen hinweg errichtet worden. Ich bin das fünfte von acht Kindern und im Gegensatz zu meinen Brüdern hatte ich schon früh eine Affinität zur Architektur und zu Baustellen. So hat mich mein Vater schon in jungen Jahren mit auf die Baustelle genommen. Insofern kam kein anderer Beruf für mich in Frage.

Sie haben nicht nur als Architekt gearbeitet, sondern auch auf die Gestaltung der Innenstädte Einfluss genommen. 1973 ist das Rhein-Ruhr-Zentrum in Mülheim nach Ihren Plänen auf einem ehemaligen Zechengelände gebaut und als gelungene Flächenrecycling-Maßnahme gefeiert worden. Jahre später haben Sie erklärt, nie wieder derartige Shopping-Center zu bauen und sich unter anderem kritisch mit dem Centro Oberhausen auseinandergesetzt. Worin liegen die negativen Nebenwirkungen solcher Zentren?

Während meines Studiums habe ich nicht nur die Architektur, sondern auch alles zum Thema Städteplanung erlernt und mich in beiden, zwar verwandten, jedoch unterschiedlichen Bereichen betätigt. Mit meinem Kollegen Prof. Robaschik hatte ich eine Bürogemeinschaft ausschließlich für Städteplanung. Für viele Regionen in Westdeutschland erstellten wir Gutachten und Planungen bezüglich der Zusammenlegung verschiedener Orte.
1950 machte ich mich selbständig und gewann 1951 den Wettbewerb bezüglich einer neuen Zechenanlage im Ruhrgebiet - einer umfangreichen Industrieanlage und einem großen Kraftwerk. Somit hatte ich bereits sehr früh großen Erfolg und benötigte zehn Mitarbeiter. In der Folge plante und baute ich zahlreiche große Kaufhäuser für Karstadt und Kaufring, auch für Horten. Weiterhin wurde ich vom Stinnes Konzern beauftrag, die Planung für das Rhein-Ruhr-Zentrum in Mülheim zu übernehmen. Zu dieser Zeit unterhielt ich mit dem Kollegen Marcel Breuer ein Büro für Städte- und Entwicklungsplanung in New York. Wir arbeiteten in erster Linie für die Weltbank. Damals lernte ich auch die sehr speziellen Strukturen moderner Einkaufszentren in den USA kennen und war somit in der Lage, für das Rhein-Ruhr-Zentrum – damals für Shopping-Center Entwickler das Mekka Europas - einen professionellen und sehr fortschrittlichen Entwurf zu entwickeln. Man sah auch politisch eine alternative Einkaufsmöglichkeit für das gesamte Ruhrgebiet direkt an der A40. Ein Jahr nach der Eröffnung besuchte ich die Innenstadt von Mülheim und musste sehr bestürzt feststellen, dass die Schlossstraße - damals die interessanteste Einkaufsstraße im Ruhrgebiet - komplett verödet war. Kein Ladenlokal hatte überlebt. Die Innenstadt war leer, tot und ich fühlte mich in meiner Eigenschaft als Architekt – nicht als Investor – hierfür verantwortlich. Alle danach bei mir eingehenden Anfragen zum Bau eines weiteren, ähnlichen Out-of-Town-Centers lehnte ich rundweg ab und entwickelte in den Folgejahren ein neues Einzelhandelsprinzip – nämlich die Stadtgalerie: eine Einkaufsoffenbarung im Zentrum der Innenstadt mit einem auf den umgebenden Einzelhandel abgestimmten Angebotssortiment. Dieses bahnbrechende Prinzip setzte ich dann mit der Kö Galerie in Düsseldorf um.

Sie kritisieren nicht nur, dass Einkaufszentren gewissermaßen auf der grünen Wiese ohne Beziehung zur Innenstadt errichtet werden, sondern greifen auch die Größe der Shopping Center an.

Bis zum heutigen Tag bekämpfe ich Shopping-Center und FOC Projekte, die den gewachsenen Einzelhandel – wie damals in Mülheim – zerstören. Ebenso schädlich sind Zentren, die sich nicht integrieren und einfach viel zu groß sind. Der mir in Verbindung mit dem Rhein-Ruhr-Zentrum gemachte Vorwurf, ich sei vom Saulus zum Paulus avanciert, ist unsinnig, denn als ich Ende der 1960er-Jahre den Auftrag für die Planung erhielt, wusste niemand in Europa, welche Auswirkungen auf die Allgemeinheit zukommen. Ich war als Architekt einfach nur glücklich, einen tollen Auftrag erhalten zu haben. Erst die Erfahrung konnte mir die Kraft geben, das richtige Einzelhandelsmodell zu entwickeln, was ich mit dem Prinzip der Stadtgalerie dann in vielen Städten umsetzen konnte.

Haben Ihre Gedanken, Anregungen und der Bau der Stadtgalerien, wie Kö-Galerie und Schadow Arkaden, zum Umdenken geführt?

Im weiteren Verlauf habe ich mich energisch dafür eingesetzt, Städte vor den Out-of-Town-Centern zu bewahren und vier Bücher, zum Beispiel den Bestseller „Angriff auf die City“ sowie die neueste Streitschrift „Factory Outlet Center – Ein neuer Angriff auf die City“ geschrieben. Letzteres befasst sich mit der schrecklichen Zerstörungskraft von FOCs - fälschlicherweise auch Design Outlet Center genannt - die sich in der Regel am Stadtrand oder außerhalb ansiedeln und eine beängstigende Magnetkraft auf den Einzelhandelsumsatz haben, wodurch diesem die Grundlage entzogen wird. Geschäfte schließen reihenweise, Arbeitsplätze gehen verloren, die Innenstadt verödet und innerstädtische Werte sterben aus. Deshalb habe ich mich als Städteplaner verpflichtet gefühlt, mit aller Kraft gegen diese Entwicklung zu kämpfen. Meine Bücher kritisieren nicht nur, sondern geben Vorschläge, wie man es besser / richtig macht. Ich kann mittlerweile mit Stolz berichten, dass es viele Städte, aber auch Investoren gibt, bei denen der Umdenkprozess begonnen hat.

Sie haben ein Stück Toskana mitten in Brandenburg geschaffen, ein Feriendorf im ostbrandenburgischen Alt Madlitz. Es gab viele Probleme mit Paragraphenreitern und Schwierigkeiten bis zur Baugenehmigung, wie Sie gesagt haben.

In Brandenburg habe ich mit größtem Qualitätsanspruch das Natur- und Wellness Resort Gut Klostermühle Alt Madlitz direkt am Madlitzer See mit 100 Hotelzimmern, drei Restaurants, Reitanlage, Tennisplätzen und dem Brune Balance med & SPA gebaut. Derzeit arbeite ich mit dem bekannt Arzt und Buchautor Prof. DDr. Johannes Huber aus Wien, eine Koryphäe auf dem Gebiet der Anti-Aging Bewegung sowie ganzheitlicher Gesundheit in der Altersgruppe 50plus. Bei der Errichtung des Resorts habe ich zahlreiche Erfahrungen sammeln können, jedoch ist der Ärger mit den Behörden in Brandenburg derart extrem, dass der Spaß bei der Umsetzung komplett auf der Strecke blieb. Während der Bauzeit von gut 10 Jahren erstellte ich auch ein kleines Theater mit 300 Plätzen und erstklassiger Bühnentechnik. Ein ganz besonders Kultur-Highlight war das Violinenkonzert von Ludwig van Beethoven, gespielt vom Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt (Oder) unter der Leitung des Dirigenten Howard Griffith. Wo sich früher Fuchs und Hase „Gute Nacht“ sagten, habe ich Kultur geschaffen, aber meine außerordentliche Leistung wird von der Politik dort nicht anerkannt.

Inzwischen haben umfangreiche Umbauarbeiten  an der Kö Galerie stattgefunden. Wie man hört, haben Sie keinen großen Gefallen daran gefunden.

Das stimmt. Die Umbauten in der Kö Galerie haben mich entsetzt. Meine Idee, den Charme der Königsallee auch in der Kö Galerie fortzuführen sowie Flair und Luxus mit künstlerischen Aspekten zu vereinen, ist von den neuen Eigentümern vernachlässigt bis - man kann es nicht fassen - zerstört worden. Den Neuen geht es nur um Shopping, Shopping und nochmals Shopping. Mir ging es immer um ein Stück Stadtkultur, was ich durch viele Events stützen konnte. Ich habe die Kö Galerie 22 Jahre persönlich geleitet. An jedem Sonntagvormittag wurde ein Matinee Konzert für junge Künstler veranstaltet. Auch der regelmäßig stattfindende Kö Talk mit Moderator Jan Hofer hat das Publikum viele Jahre begeistert. Das Sinfonieorchester der Düsseldorfer Universität hat zweimal ein Debut gegeben und viele andere, große Künstler traten auf. Die kulturell hochwertige Stadtszenerie, die ich etabliert und lange Jahre gepflegt und lebendig gehalten habe, ist mit dem neuen Eigentümer leider komplett untergegangen.

Nach Ihrer Ansicht muss der Architekt so bauen, dass sich die Benutzer in den Gebäuden wohlfühlen. Auch die Kultur darf nicht zu kurz kommen. Liegt in all dem das Geheimnis Ihres großen Erfolges?

Als Architekt, möchte ich betonen, legte ich immer großen Wert darauf, Architektur und Kunst harmonisch zu vereinen. Auch Gebäude früherer Jahrhunderte zeigen diese Aspekte. Denken Sie beispielsweise an ein Schloss oder eine Kirche: entfernen Sie die Kunst, verbleibt ein simpler Rohbau. Deshalb habe ich über dem Portal der Kö Galerie ein Mosaik von Heinz Mack installiert und über dem Portal des Nebengebäudes Kö 62 ein Mosaik von Piene. Ich wollte auch in gleicher Art ein Nagelkunstwerk von Uecker am linken Eingang (Kö 58) anbringen lassen, jedoch kam der Verkauf der Kö Galerie meinem Vorhaben zuvor. Sonst hätte ich die drei Zero-Künstler Mack, Piene und Uecker komplett nebeneinander präsentieren können. Kunst und Architektur zu verbinden, habe ich fast immer verwirklichen können, so auch im Prinzenpark mit der in der Kunstwelt sehr beachteten und hochgelobten Bronzeskulptur von Irmer bestehend aus fünf lebensgroßen Figuren.

Sie sind seit über 60 Jahren im Beruf. Andere Männer sind in Ihrem Alter 20 Jahre im Ruhestand. Haben Sie immer noch große Pläne?
 

Ja, ich kann auf 65 erfolgreiche Berufsjahre zurückblicken. Aber, ich habe noch 20 Jahre vor mir. Meine Mutter wurde 100 Jahre alt und bei den heutigen Erkenntnissen zur gesunden Lebensweise, hoffe ich, noch einen Schritt weiter zu kommen. Obwohl ich 1950 mit 100 DM angefangen habe, stuft mich das Manager Magazin heute in den Kreis der 300 Reichsten Deutschlands ein. Jedoch ist hierbei zu bedenken, dass sich mein Vermögen aus Immobilien zusammensetzt und Projekte dieser Art immer mit großen Hypotheken belastet sind.
Soeben habe ich die Verantwortung für die Errichtung eines modernen Gebäudes für SAP in Ratingen übernommen und bin sicher, das Projekt 2017 übergeben zu können. Außerdem besitze ich noch eine große Anzahl unbebauter Grundstücke, die ich noch bebauen möchte. Und zu meinem großen Glück wird mein Sohn - 27 Jahre, gut ausgebildet - mein Lebenswerk in meinem Sinne weiterführen.

Jan Hofer hat Ihnen in seiner Laudatio anlässlich Ihrer Auszeichnung zum Düsseldorfer des Jahres ungeheure jugendliche Dynamik und Energie zugesprochen. Woraus schöpfen Sie Ihre Vitalität?

Ich war glücklich und dankbar über Jan Hofers Worte bei der Verleihung der Auszeichnung „Düsseldorfer des Jahres“ und ich fühle mich trotz meines Alters immer noch jung, gesund und vital. Aber diesen Zustand bekommt man nicht geschenkt. Meine ganze Lebensweise ist auf die Gesunderhaltung von Körper und Geist ausgerichtet. So treibe ich beispielsweise noch vor dem Frühstück jeden Tag eineinhalb Stunden Sport und ernähre mich sehr bewusst. Nur wenn man auch in frühen Jahren auf den Körper achtet, führt dies in der letzten Lebensphase zu einem vitalen Körperergebnis. Derzeit verfasse ich zu diesem Thema eine kleine Lektüre und würde mich freuen, wenn viele Menschen meinem Lebensbeispiel folgen.


Kurzvita

Walter BruneWalter Brune wurde 1926 in Bremen geboren. 1947 Ingenieurdiplom; 1950 machte er sich nach einer dreijährigen Praxis bei Prof. Gustav August Munzer selbstständig und ist bis heute aktiv.  Schon als junger Architekt baute er das Steinkohlenbergwerk Prosper-Haniel sowie mehrere Kraftwerke und Fördertürme. Er entwickelte neben Großprojekten für zahlreiche Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Industrie, deren Landhäuser im Bungalowstil, die aufgrund ihrer Einzigartigkeit in den Architekturzeitschriften weltweit vorgestellt wurden. Die Weltbank beauftragte ihn mit der Planung umfangreicher Entwicklungsprojekte und für den Schah von Persien erstellte er die Planung einer neuen Stadt am Kaspischen Meer. Seit Anfang der 1980er-Jahre war er in Personalunion Architekt, Entwickler Consulter und Betreiber von innerstädtischen integrierten Einkaufszentren. Sein Konzept der Stadtgalerie entwickelte er erstmals bei der Kö-Galerie in Düsseldorf, danach in anderen Städten und später bei den Schadow Arkaden in Düsseldorf.
Brune erhielt zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem das Bundesverdienstkreuz am Bande. Er hat  zahlreiche Schriften veröffentlicht. 2014 wurde er Düsseldorfer des Jahres. Brune lebt  seit 64 Jahren in Düsseldorf, er hatte sechs Kinder, ein Sohn ist verstorben.



Merida Plaza Grande

In Mexiko geboren ... in Düsseldorf zu Hause

Auf dem Papier bin ich bin eine Mexikanerin - im Herzen jedoch eine Weltbürgerin!


von Teresa Schulte-Trux

Hinter mir blieb die Sonne, Wärme und Geborgenheit einer großen, kinderreichen Familie. Ich war 18 Jahre alt und bekam ein einmaliges Angebot - ein Stipendium für meine weiterführende Ausbildung in Boston/USA. Die Reaktionen meiner Eltern waren unterschiedlich: froh und stolz - jedoch mein Vater fand es für ein junges Mädchen nicht angebracht, in die Ferne zu ziehen. Meine Mutter dagegen sagte mit leiser, aber entschlossener Stimme: „Doch, sie darf gehen!" Meine Mutter war eine außergewöhnliche Persönlichkeit, hatte viel Gutes im Leben getan und erhielt - kurz bevor sie starb - von der Stadt eine Medaille für ihr humanitäres Engagement.

Ich verließ Merida. „In der Ferne lernt der Mensch die Heimat erst richtig zu schätzen." heißt es. Die Hauptstadt der Yucatan Peninsula ist eine Kolonialstadt und ein wichtiges archäologisches Zentrum, eine Region mit kostbaren Schätzen, farbenfroher Folklore und einmaliger Gastronomie. Mein neues Zuhause fand ich bei einem kinderlosen Ehepaar in Boston. Es war Liebe auf den ersten Blick und aus zwei Jahren wurden sieben. Diese Zeit hat mich sehr geprägt, aber die Verbindung zu meiner eigenen Familie blieb intakt und innig.

Boston empfand ich als wunderschöne Stadt. Der Sommer 1966 war warm und ich, die "tropische Pflanze", fühlte mich wohl. Ich lernte täglich fleißig. Boston war meine zweite Heimat geworden. Die Winter waren streng, lang und dennoch wunderbar: Laufen auf Eis und im Schnee - nicht unbedingt mein Lieblingssport. So rutschte ich anfangs auf dem Schulweg lieber auf dem Po den Berg hinunter, als zu Fuß zu gehen.

Nach dem Wyndham Business College wechselte ich zum Boston College, um Psychologie zu studieren. Überraschend wurde mir ein attraktiver Arbeitsplatz in einem internationalen Handelskonzern für Lateinamerika angeboten, den ich nicht ablehnen konnte und ich fing dort an.

Das nächste Ereignis war privater Natur: Im Januar 1969 wurde ich zu einer Party eingeladen. Gefeiert wurde der Geburtstag eines jungen Mannes aus Deutschland, den ich nicht kannte. Jeder brachte etwas zum Essen mit. Ich bot an, den Geburtstagskuchen zu backen. Roland - heute mein Ehemann - war von dieser Geste sehr angetan. Wirklich - ganz ehrlich - ich hatte kein Aphrodisiakum in den Kuchen getan. Kurz danach beendete er seine Ausbildung bei einer Bank und ging nach Deutschland zurück. Unsere Freundschaft wurde per Tonband fortgesetzt. Es gab kein Internet, telefonieren war zu teuer. Abwechselnd besuchten wir uns in den Folgejahren in Europa und Mexiko. Auch ich war in die Heimat zurückgekehrt - allerdings nach Mexiko City und fand ich eine sehr gute Position bei der Amerikanischen Botschaft mit vielen Annehmlichkeiten beim Fliegen, in Hotels, Restaurants, beim Shoppen. Einige Jahre später haben Roland und ich in Boston unsere Hochzeit im Rahmen eines sehr schönen und internationalen Festes gefeiert mit Freunden und Familie aus verschiedenen Himmelsrichtungen. Unvergesslich, wie meine Mutter mit meiner Schwester Carolina vor dem Altar mit Gitarrenbegleitung gesungen haben. Tränen flossen in der Kirche. Was für ein Moment!

Nach diesem Schritt, folgte der große Sprung über den Ozean nach München, wo Roland bei einer Bank tätig war. Deutsch zu lernen war nun angesagt. Ich musste mich an Vieles gewöhnen: Die Sprache, neue Kultur, Menschen, Gewohnheiten, eine andere Familie, das Klima. Ich spürte die große Entfernung zur Heimat, zu allem, was mir vertraut war. Am Sprach- und Dolmetscher Institut in München war auch Königin Silvia von Schweden gewesen. Der Klang der deutschen Sprache war für mich am Anfang hart, aber ich wollte selbständig in meiner neuen Rolle sein und lernte fleißig Deutsch. Heute finde ich eure Sprache sehr schön, spreche und lese sie sehr gerne. Vieles lernte ich kennen und lieben, vor allem das leckere Brot. Der Kult mit den Blumen fasziniert mich noch heute. Ordnung und Sauberkeit habe ich sehr bewundert. Aber ich fand, dass die Leute wenig miteinander sprachen und lachten. Es herrschte eine ernste Atmosphäre, besonders in der Straßenbahn!

Nach München kamen wir für eine kurze Zeit nach Düsseldorf, wo ich mich gleich sehr wohl gefühlt habe. Hier ist unsere erste Tochter Anina geboren. Eine echte Düsseldorferin, worauf sie mächtig stolz ist.

Das nächste beruflich bedingte Abenteuer war Kairo, Ägypten. Aus zunächst 18 Monaten wurden schließlich zweieinhalb Jahre. Dies war unsere erste Begegnung mit der arabischen Welt. Was für ein Kontrast! Eine komplett andere Sprache, Religion, Kultur, Menschenart, die Lebensumstände waren nicht leicht, der Verkehr chaotisch. Große Anpassung und Toleranz waren verlangt. Aber wir erlebten viel Schönes in dieser interessanten Kultur. Bei Ausflügen entlang des Nils und in die Wüste hatte man das Gefühl, zurück in biblische Zeiten versetzt worden zu sein. Marité, unsere zweite Tochter, ist hier direkt am Nil zur Welt gekommen.

Mexiko-FlaggeMexiko – Vereinigte Mexikanische Staaten

Grenzt im Norden an die Vereinigten Staaten (USA), im Süden und Westen an den Pazifischen Ozean, im Südosten an Guatemala, Belize und an das Karibische Meer, im Osten an den Golf von Mexiko. Mit einer Gesamtfläche von fast zwei Millionen Quadratkilometern ist Mexiko, das sowohl über subtropisches und alpines Klima als auch über Wüstenklima verfügt, das fünftgrößte Land auf dem amerikanischen Doppelkontinent. Weltweit liegt Mexiko mit einer Bevölkerungszahl von etwa 120 Millionen Menschen auf Platz elf. Sie setzt sich zusammen aus 60% Mestizen, 10% indigenen Völkern - unter anderem Maya und Nahua, Nachkommen der Azteken - und etwa oder 30% Europäischstämmigen (meist Spanier). Das Land ist nach der Hauptstadt der Azteken, Mexico-Tenochtitlan benannt. Die Hauptstadt Mexico-Stadt zählt insgesamt über 20 Millionen Einwohner. 

Zwischen zwei arabischen Ländern hatten wir einen kurzen beruflichen Aufenthalt in Nassau auf den Bahamas: Arbeiten im Paradies, ständig herrschte Urlaubsstimmung. Nach diesem Job in einer Traumwelt konnte es kontrastreicher nicht werden.

Roland bekam eine verantwortungsvolle Tätigkeit in Saudi Arabien für vier lange Jahre. Für mich hieß es: Vom Bikini zu Kopftuch und Abaya. Ein goldener Käfig für eine Frau, ein Land mit den strengsten Sitten überhaupt. Wir wohnten in Jeddah, einer schönen, modernen Stadt direkt am Roten Meer, wo viel Exotisches und Luxuriöses aus der ganzen Welt zu finden ist. Aber keine Freiheit für eine Frau, sondern eine Welt, in der die Frau ein schönes Objekt ist. Eine reine Männer-Gesellschaft. Jeddah mit Wüstenklima, heiß, aber mit herrlichem täglichen Sonnenschein. Es regnete nur 2 bis 3 Tage im Jahr. Das Wochenende verbrachten wir am wunderschönen, menschenleeren Strand. Das Rote Meer mit seinem kristallklaren Wasser ist ein wahres Paradies für Taucher und Schnorchler. Der Strand, Treffpunkt für die Expats, war eine wunderschöne "Oase", die wir Frauen auch mal im Badeanzug frei genießen konnten.

Es gab weder Kino noch Theater oder Konzerte. Wir lebten in einem geschlossenen Compound. Im Auto saß man als Frau neben dem Ehemann oder dem Chauffeur, dann aber bitte auf der Rückbank! Es war klüger, nicht seine christliche Zugehörigkeit offenzulegen. Das private Leben spielte sich im privaten Bereich ab. Hier sind sehr schöne Freundschaften entstanden, die bis heute erhalten geblieben sind.

Jeddah war Endstation der Arbeit im Ausland eines sehr bewegten, kontrastreichen und interessanten Lebens. Endlich waren wir zurück in meinem geliebten Düsseldorf - ein tolles Empfinden, frei zu sein, sich frei zu bewegen und wieder als normaler Mensch zu fühlen. Ich durfte endlich wieder am Steuer sitzen, fahren und genoss das Gefühl der Selbstständigkeit! Hier fand ich Freude daran, Spanisch zu unterrichten und bin für Hilfsprojekte in Mexiko tätig. Die Betreuung von Flüchtlingsfrauen und ihren Kindern liegt mir besonders am Herzen. Ich koche sehr gerne, mein Interesse an Kunst und Kultur ist groß. Ich bin das Resultat eines bewegten und erlebnisreichen Lebens und froh und dankbar, dass Düsseldorf mich adoptiert und mir ein Zuhause gegeben hat. Ich lebe sehr gerne hier.


Kurzvita

Teresa Schulte-TruxTeresa Schulte-Trux wurde 1946 in Tizimin, Yucatán, Mexiko, geboren. Akademische Ausbildung in Mexiko, anschließend Stipendiatin in Boston am Wyndham Junior College, dem Boston College, der Harvard University und dem Mexican-Northamerican Institute. 
Von 1967-1974 im Internationalen Handel und der US-amerikanischen Botschaft in Mexiko City tätig. 1974 Heirat in Boston. Übersiedlung nach München, hier Dolmetscherausbildung. 1977 Geburt von Tochter Anina in Düsseldorf, 1980 Marité in Kairo. Nach Ägypten folgten die Bahamas und Saudi Arabien. Lebt seit 1987 in Düsseldorf Oberkassel.



Sönke Wortmann und Björn Merse

„Der gemeinsame Nenner meiner Filme sind interessante Figuren in einer interessanten Geschichte“

Interview mit Sönke Wortmann, Regisseur und Produzent


von Björn Merse und Christian Theisen

Gerade läuft sehr erfolgreich Ihr Film „Frau Müller muss weg“ in den Kinos. Wer besucht bei Ihnen zuhause die Elternabende. Sie oder Ihre Frau?

Das machen wir am liebsten zusammen. Und es tut auch gar nicht weh, weil die Eltern und Lehrer unserer Klasse nicht so gruselig sind, wie im Film, sondern relativ entspannt.

Sie gelten als begeisterter Fußballfan, waren sogar mal Fußballprofi. Wie oft erleben Sie Fußball heutzutage live im Stadion?

Bundesliga interessiert mich nicht. Ich gehe ab und zu in die Dritte Liga zu Fortuna Köln. Darf ich das in Düsseldorf überhaupt sagen?

Kein Problem, wir Düsseldorfer sind tolerant. Das ist alles nur „Folklore“. Zurück zum Film:
Wie schwierig ist es heutzutage, eine Finanzierung für einen Film auf die Beine zu stellen?

Die Erfolge der letzten Jahre haben die Finanzierung schon erleichtert, aber es ist keinesfalls ein Selbstläufer. Ich muss jedes Mal kämpfen. Aber das macht ja auch Spaß.

An welchen Projekten arbeiten Sie aktuell? Gibt es schon Planungen für einen neuen Film?

Geplant ist ein Heimatfilm aus dem Ruhrgebiet. "Sommerfest" basiert auf einem Roman des Bochumer Autors Frank Goosen, den ich sehr schätze.

In Ihrer bisherigen Arbeit haben Sie viele verschiedene Genres abgedeckt und sehr unterschiedliche Filme gedreht. Gibt es dennoch einen gemeinsamen Nenner?

Ja. Interessante Figuren in einer interessanten Geschichte.

Ihre Kinder durften im letzten Kinofilm „Frau Müller muss weg!“ mitspielen. Eine Ausnahme oder werden wir zukünftig mehr von ihnen sehen?

Das soll eine Ausnahme bleiben, und "mitgespielt" ist auch übertrieben. Sie waren eher Komparsen, auch weil wir mit dem Schulchor in Düsseldorf gedreht haben.

Was sind ihre drei persönlichen Lieblingsfilme?

"Der Pate", "Der Pate II" und aktuell "Birdman" von Alejandro Inarritu.

In Hollywood ist längst die TV-Serie für den klassischen Kinofilm zu einer ernsten Konkurrenz geworden. In Deutschland fehlt es noch an guten Eigenproduktionen. Wäre das eine interessante Aufgabe?

Auch auf diesem Gebiet tut sich was in Deutschland. Tom Tykwer bereitet gerade "Babylon Berlin" nach Romanen von Volker Kutscher vor, und ich habe auch große Lust auf Serie und schon erste Gespräche geführt.

Ihre Produktionsfirma sitzt in Köln und Sie arbeiten ohnehin überall im In- und Ausland. Düsseldorf ist seit vielen Jahren Ihr Wohnort. Können wir hoffen, dass wir auch unsere Stadt einmal in einem Ihrer Filme sehen werden?

Wenn Sie genau hinschauen, erkennen Sie in "Frau Müller muss weg" die Aula des Cecilien-Gymnasiums in Niederkassel. Außerdem habe ich bereits einen ganzen Film hier produziert: "Hardcover" von Christian Zübert.


Kurzvita

Sönke WortmannSönke Wortmann wurde 1959 in Marl geboren. Nach dem Abitur zunächst Fußballprofi. Danach Studium an der Hochschule für Fernsehen und Film in München und dem Royal College of Art in London. Seinen ersten Film drehte er 1991, 1992 kam der große Durchbruch mit „Kleine Haie“. Seitdem arbeitet er durchgehend als Regisseur und Produzent in Deutschland und auch international. Sönke Wortmann erhielt viele Preise, unter anderem den Deutschen Filmpreis, den Bayrischen Filmpreis sowie den Adolf-Grimme-Preis.

Filmografie (Auswahl)
Frau Müller muss weg (2014), Schoßgebete (2014), Die Päpstin (2009), Deutschland, ein Sommermärchen (2006), Das Wunder von Bern (2003), Der Himmel von Hollywood (2001), Der Campus (1998), Das Superweib (1996), Der bewegte Mann (1994), Kleine Haie (1992)



Gaslaterne

Umrüstung der Düsseldorfer Straßenlaternen von Gas auf LED


Kommentar von Dr. Paul Breuer


Paul Breuer
Dr. Paul Breuer

Welch absurde Diskussion wird derzeit darüber in Düsseldorf geführt. Die abgewählte CDU-Mehrheit im Stadtrat hat seinerzeit beschlossen - zumindest war beabsichtigt - die gasbetriebenen original Straßenlaternen auf neue Laternen mit LED-Beleuchtung umzurüsten (Kosten pro Laterne etwa 10.000 EURO).

Der Düsseldorfer Bürger fragt sich natürlich, welche Beweggründe zu einer solch kostspieligen Umrüstung geführt haben. Wie zu erfahren war, ist der neu gewählte Oberbürgermeister Thomas Geisel noch offen für eine solche Entscheidung. Vielleicht trägt dieser Bericht dazu bei, den Streit von Befürwortern und Gegnern zu versachlichen. Dafür bedarf es allerdings einiger Fakten, die aber erst im Vergleich sichtbar werden:

Augenblicklich sind noch circa 15.000 Gaslaternen in Betrieb. Damit hat Düsseldorf den größten Anteil an Gaslaternen einer Stadt in Deutschland, und zwar in den original Abmessungen, wie sie vor 100 Jahren schon gebaut wurden - also von 1850 bis 1950. Sie sind optisch und von der Ästhetik her sicherlich ansehnlicher, als die etwas größeren, moderneren LED-Laternen. Nach der heutigen Lichttechnik erstrahlen die alten gasbetriebenen Laternen jedoch in einer freundlicheren und wärmeren Farbe, als die strombetriebenen kühlen LED-Lampen. Befürworter sprechen von einer erhöhten Sicherheit der LED-Lampen wegen des kalten Lichtes. Wodurch sich die Sicherheit im Freien erhöhen soll, erschließt sich dem Betrachter allerdings nicht.

Große GaslaterneWartungstechnisch ist es so, dass die LED-Laternen mit Kunststoffscheiben versehen sind und nicht perfekt abschließen. Die Folge ist eine innere Verschmutzung der Kunststoffscheiben. Die Gaslaternen dagegen haben Glasscheiben und schließen insgesamt besser ab. Durch die Wärmeausstrahlung des Gaslichtes meiden Spinnen und anderes Ungeziefer das Innere als Brutplatz. Hinzu kommt, dass die Glasscheiben durch die Wärme bei Feuchtigkeit nicht beschlagen. Bei den LED-Laternen ist dies allerdings der Fall. Die Wärmeausstrahlung der Gaslaternen ist auch ein Argument der LED-Befürworter, unter anderem wegen des CO2-Ausstoßes, der angeblich die Umwelt belastet. Tatsächlich ist es so, dass der CO2-Ausstoß bei den gasbetriebenen Laternen lediglich O,2 Prozent des Gesamtausstoßes Düsseldorfs von 5,73 Millionen Tonnen ausmacht. Unterschlagen wird auch, dass bei LED durch die wechselnde thermische Belastung die Kunststoffscheiben springen und teilweise sogar platzen. Das heißt, die Wartung dieser Laternen dürfte wahrscheinlich ähnlich hoch sein, wie bei Gaslaternen. Die niedrigeren Stromkosten bei den LED-Laternen sollten die Differenz ausgleichen.

Betrachtet man den sozial-, wirtschafts- und kulturgeschichtlichen Aspekt der Gaslaternen, dann dürfen hier Fakten, wie die Stadtentwicklungsgeschichte Düsseldorfs, künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe nicht vernachlässigt oder gar ignoriert werden. Es betrifft auch direkt die industriekulturgeschichtliche Entwicklung Düsseldorfs mit den im 19. Und 20. Jahrhundert notwendigen ersten Bauten von Gaswerken, Mannesmann-Röhren (Leitungsnetze) in Verbindung mit Patenten und der bautechnischen Realisation der flächendeckenden Beleuchtungskultur von Düsseldorfs Straßen und Plätzen zur Verkehrssicherung der Bevölkerung. Die Gasbeleuchtung geht einher mit der industriellen Revolution dieser Zeit und ist somit ein wesentliches Merkmal der Epoche und weltweit einmalig.

Düsseldorf besitzt neben Berlin in Deutschland den weitaus größten Bestand an Gasbeleuchtung im öffentlichen Raum und damit ein ausgesprochen technisch-geschichtliches Alleinstellungsmerkmal. Diese Beleuchtungsart kann daher als epochentypisch gelten und die Erhaltung somit eine Denkmalpflegerisch wertvolle Zielsetzung - darstellen. Am Tag des offenen Denkmals 2014 hat Bundespräsident Joachim Gauck explizit die Bedeutung und den Erhalt der historischen Gaslaternen unter anderem in Düsseldorf angesprochen.

Die Erhaltung der Düsseldorfer Gaslaternen ist aktiver Denkmalschutz unserer Bürger, weil sie unsere Stadt bunter und lebenswerter machen. Zugegeben, es ist vielleicht nur eine kleinere Facette des allgemeinen Düsseldorfer Stadtbildes bei Tag und besonders bei Nacht. Im Ausland jedoch, besonders auch in den USA, wird in Reisebeschreibungen Düsseldorfs auf die historischen Gaslaternen hingewiesen, die zur besonderen Atmosphäre der Stadt beitragen. 

Berücksichtigt man die Kosten für die Umrüstung von Gas- auf LED-Laternen, dann müssten mindestens 150 Millionen EURO aufgewandt werden (Kosten/Nutzenrechnung liegt vor). Diese Zahlen basieren unter anderem auf den Berechnungen der Stadt Frankfurt, die eine Entscheidung zu Gunsten der LED-Laternen wohl schon getroffen hat. Die Lebensdauer der Gaslaternen wird auf mindestens 100 Jahre geschätzt. Wartungstechnisch dürften die Kosten für beide Systeme gleich sein.

Ein weiteres Argument der Gegner von Gaslaternen ist die Explosionsgefahr. Auf Anfrage bei der Feuerwehr und den Stadtwerken ist dort jedoch kein einziger solcher Vorfall bekannt geworden. Schwierige Ersatzteilbeschaffung, zu schwache Beleuchtung, die radioaktive Belastung und Entsorgung der Glühstrümpfe erscheinen an den Haaren herbeigezogen.

Die Düsseldorfer Stadtwerke prüfen zur Zeit, ob diese Gaslaternen als Denkmal schützenswert sind und die Kriterien des Weltkulturerbes der UNESCO erfüllen könnten. Bei dem zu bewertenden Moratorium - käme es dazu - wäre es dann ratsam, auf die Ausgewogenheit in der Zusammensetzung der Diskutanten zu achten.

Zu den von der UNESCO-Liste des Welterbes genannten Kriterien für Baudenkmäler, Städteensembles und Industriedenkmäler zählen auch unsere Gaslaternen, denen die Einzigartigkeit und Authentizität (bei Kulturstätten) sowie Integrität zugrunde liegt. Dieses gilt es zu berücksichtigen, um diesen einzigartigen Kulturschatz Düsseldorfs zu erhalten.



Paul Breuer und Kanjo Také

„Ich möchte mit meiner Kunst mich und andere glücklich machen“

Interview mit Kanjo Také, japanisch-deutscher Multimediakünstler


von Dr. Paul Breuer

Wann wurde dein Interesse an Kunst geweckt? 

Das war schon in meiner Kindheit. Mit sieben Jahren stand ich in dem Fotolabor meines älteren Freundes und schaute gebannt in die Entwicklerschale. In dem Rotlicht erschien wie von magischer Hand gezaubert eine Landschaft auf dem Papier. Seit dieser Zeit hat mich das Bildermachen nie wieder losgelassen.

Erinnerst du dich noch an das erste Bild, was du gemalt /entworfen hast?

Ja, das waren Skalar Fische, die ich später als Skulptur bei meiner Frau im Bücherregal entdeckt habe.

Wie hat dich deine Herkunft aus Japan und Deutschland in kreativer Hinsicht geprägt?

Dadurch, dass ich in jungen Jahren in Deutschland aufgewachsen bin, war ich natürlich wissbegierig die Kultur Japans, die meines Vaters kennenzulernen. Die zwei Kulturwelten haben meine Sichtweise erweitert.

Früher hast du Grafikdesign gemacht. Warum hast du dich für die freie Kunst entschieden?

Ich wollte frei sein von verkaufsorientierten Konzepten, frei von Sinn und Absicht. Ich fühlte mich eingeängt in meinen Ideen und Vorstellungen. Die Kunst ist für mich befreiend.

Nach deinem ersten Abschluss der Malerei an der Escuela de Bellas Arte in Granada hast du noch einen zweiten drangehängt. War das ein Plan oder eher ein Zufall?

Das anschliessende Studium der visuellen Kommunikation und Fotografie an der Hochschule für Künste in Berlin war für mich wichtig, um konzeptionelles Denken zu lernen, was nicht nur für die angewandte Kommunikation wichtig war, sondern auch für die freie Kunst.

Bist du patriotisch für Deutschland oder Japan? Und kommt das auch in Deiner Kunst zum Ausdruck?

Weder noch, ich fühle mich als Kosmopolit, ich lerne aus allen Kulturen.

Wie sehen Deine Pläne jetzt aus nach Fertigstellung des Bühnenbildes für die Oper Abraham in der Düsseldorfer Johanneskirche?

Es stehen verschiedene Projekte an, über die ich ungern sprechen möchte, solange ich noch daran arbeite.

Was ist augenblicklich dein größter Traum?

Meinen 12 Meter hohen und 400 Meter langen 25 Kanal-Videofilm INVISION und MIKADO an die chinesische Mauer zu projizieren.

Mikado-Triptycon von Kanjo Také
Mikado Triptycon, 3x 100cm x 100cm

Was möchtest du in deiner Kunst erreichen?

Mit meiner Kunst mich und andere glücklich zu machen.

Stimmt es, das du von den japanischen Manga beeinflusst bist?

Nein, mich hat es nur interessiert, ob ich die Cartoonwesen auch photografisch kreieren kann, um sie dann in Videos zu animieren.

Du hast eine sehr eigene Vision. Wie würdest du deinen Stil beschreiben?

Meine Bildsprache ist mit Hilfe der neuen digitalen Werkzeuge entstanden. Der Computerpinsel hat keine Haare und der Computerstift kein Graphit. Diese Technik ermöglicht mir meine surrealen und collagenhaften Visionen umzusetzen. Ich möchte den Stil nicht beschreiben. Nicht noch ein „ ismus“, um in ein Schubfach gesteckt zu werden.

Wer ist dein großes Vorbild?

Ich studiere die alten Meister, um zu wissen, was ich nicht kopieren darf. Ich will meine eigene Welt entdecken und erfinden.

Gibt es irgendwelche Vorbilder, die dich maßgeblich beeinflusst haben?

Mich interessieren Autobiografien von Künstlern. Das ist für mich wie ein Gespräch, um zu erfahren, womit sie sich auseinandergesetzt haben.

Shooting Star:
Kanjo Také, der japanisch-deutsche Multimediakünstler

Kanjo Také ist alles andere als ein Künstler mit Star-Allüren. Bescheiden und mit einer inneren Ruhe und Aura ausstrahlend. Er arbeitet gleichzeitig intensiv an vielen Projekten. Mit der Kamera, dem Pinsel oder am Computer. Er ist Fotograf, Maler und Video/Lichtkünstler. All das trifft zu auf den auffälligen Düsseldorfer Künstler mit japanischen Wurzeln. 
 
Von seinen Ateliers in Shanghai, Tokio und Hamburg aus arbeitete er als Fotokünstler  und als Artdirektor auch für internationale Agenturen in New York, London und Zürich. Studien in China, Russland, Japan, Indien und Australien weckten seine Neugierde und öffneten seinen Blick für das Surreale. „Das Spirituelle, der Klang eines Instruments, das Raunen der Winde, Düfte, das Rauschen des Meeres, Reflexionen im Wasser, Wolkenformationen, um daraus Bilder zu assoziieren“, das habe ihn immer fasziniert.
Inzwischen hat Kanjo Také , verheiratet mit einer Düsseldorferin, in Düsseldorf seine Wahlheimat gefunden. Ein Geschenk des größten Heimatverein Deutschlands an die Stadt Düsseldorf zum 725. Jubiläum , war eine Lichtperformance mit Také-Videos projiziert auf einen großen Wasservorhang (144 Quadratmeter) im historischen Hofgartenbrunnen. Mit erstmalig photografisch kreierten japanischen Mangas (Comic-Kunst) und den Wahrzeichen Düsseldorfs und des Heimatvereins der Düsseldorfer Jonges kombiniert, schaffte Také sein Lichtkunstobjekt „Tanz der göttlichen Helden“. Für die Klangkulisse sorgte der „Kraftwerk“-Musiker Eberhard Kranemann mit einer eigenen Komposition. 
Ein weiteres dauerhaftes Lichtprojekt des Künstlers im Hofgarten, das „WATEREGG“ mit einem illuminierten, an- und abschwellenden Wasserfontänen-Geflecht, hat ihm große Aufmerksamkeit und Anerkennung  eingebracht. 

Prof. Dr. Dieter Ronte, ehemaliger Direktor des Museum Bonn, beschreibt Takés Kunst wie folgt:
„Takés Kunst ist mit den Begriffen Malerei oder Fotografie oder fotografische Malerei
nicht wirklich zu benennen. Die Technik ist neu und medial, das Konzept der Bilder ist das der Malerei“. 

Prof. Dr. Manfred Schneckenburger, zweimaliger Kurator der „documenta“, sagt über Takés Kunst:
„Er fotografiert und filmt nicht nur, wo er geht und steht und was immer seine Aufmerksamkeit weckt. Er inszeniert seine Geschichte, die narrativ abläuft und poetisch schweift“.

Mit Kanjo Také findet ein weiterer vielseitiger internationaler Fotokünstler und Multimediakünstler mit neuen einmaligen Techniken Einzug in Düsseldorf, das sich so langsam zum Mekka der Fotokunst entwickelt. Dies beweisen die vielen Künstler und Kritiker, Journalisten und Sammler aus ganz Europa und Übersee, die nach Düsseldorf kommen, um sich über eine neue Bildsicht zu informieren.

Woher stammt deine Vorliebe für Surrealismus?

Als ich zum ersten Mal in Paris Ives Tanguy, Max Ernst und René Magritte sah war ich von diesen Welten tief berührt.

Wie beginnt die Arbeit an einem neuen Bild? Was inspiriert Dich?

Ich habe eine Initial-Idee die ich verfolge, skizziere, Bildmaterial aus meinem Archiv sammle oder neu produziere und beginne die Elemente zusammenzufügen.

Für wen malst Du - für dich selbst oder für den Kunden/Sammler?

Es geht mir in erster Linie eine Idee umzusetzten/ sichtbar zu machen, neue Welten zu erschließen. Es sind keine Auftragsarbeiten.

Du sagtest Deine Tante war für Dich wichtig. Hatte sie in deiner Kindheit einen großen Einfluss auf Dich?

Ja, sie hat meine zeichnerischen Fähigkeiten erkannt und mit allen Mitteln gefördert.

Was hast du an der HDK Berlin gelernt, was Du in der Escuela de Bellas Artes in Granada nicht lernen konntest?

In Spanien habe ich ein solides zeichnerisches Handwerk gelernt und in Berlin konzeptionelles Denken. Beides ist für mein heutiges Schaffen elementar wichtig.

Wie kam es zu dem Brunnen-Projekt im Hofgarten?

Der Baas Wolfgang Rolshoven von den Düsseldorfer Jonges fragte mich, ob ich den „Jröne Jong“ gestalten könnte. Ich begann drei Ideen vorzuschlagen. Es folgten die Entwürfe und dann die Ausführung. Teilweise wurden Versuchsaufbauten notwendig, um die praktische Realisierung des Projektes auszutesten und voranzubringen.

Und wie bist Du an diese ungewöhnliche und künstlerisch herausfordernde Arbeit herangegangen?

Meine Arbeiten basieren auf der Basis von Digitalkamera und Videotechnik. Das dokumentarische Fotomaterial, finde ich zunächst in meinem nächsten Wohnort und im Umfeld von Düsseldorf. Dieses wird in einem Strom bewegter Strukturen, mehrschichtiger Transparenzen und farbiger Lasuren gezogen. So möchte ich etwas verkürzt meine Arbeitsweise beschreiben.

Weitere Fotoarbeiten kombiniert mit Malerei in einer Bilderfolge von 100 x 100 in einer Länge von 10 bis 15 Meter werden in Düsseldorf in der Galerie Shia Bender in einer Einzelausstellung gezeigt und gehen in Kürze ins Ausland. Weitere Einzelbilder, Triptychen in den Formaten 100x100, sind in der Galerie Bender im Kunstraum49“ zu sehen. Bis wann läuft die Ausstellung?

Meine Arbeiten werden noch bis zum 27. Januar 2015 dort zu sehen sein. Sie umfassen meine Foto- und Videokunst der letzten zehn Jahre.

Du bist nicht nur Fotograf sondern auch Maler. Wie schaffst Du dabei die Symbiose beider Techniken, wenn man diese als solche vergleichen kann?

Es gilt die zwei Techniken, Kamera und Computer, so zu verbinden und zu kombinieren, dass sich neue Sehfelder eröffnen. Die frühe Erfahrung mit einer dritten Technik, der Malerei, war dabei sehr hilfreich. Mein Ziel ist immer, einen ästhetischen Gewinn zu erzielen, der sich nicht in die Vergangenheit richtet sondern in die Zukunft.

Welche weiteren Projekte sind augenblicklich in Arbeit? Möchtest Du darüber sprechen?

Die moderne Kirchenoper „Abraham“, in einer Uraufführung des New Yorker Komponisten Daniel Schnyder anlässlich des Düsseldorf Festival im November 2014, war eine interessante Arbeit für mich. Ähnliche Licht- und Videoprojekte, die an exponierten Plätzen dieser Welt noch nie gezeigt wurden, daran arbeite ich und sind mein Ziel.

Wie fühlst Du Dich in Düsseldorf angenommen und welche Träume würdest Du hier gerne noch realisieren wollen?

Düsseldorf  inspiriert mich. Die Stadt, die Menschen, die Energie, die vom Rhein ausgeht. In einem bedeutenden Museum meine Arbeiten auszustellen ist ein großes Ziel.


Kurzvita

Kanjo TakéKanjo Také wurde 1953 in Berlin geboren. Studium der Malerei in Granada/Spanien und Visuelle Kommunikation und Fotografie an der Hochschule der Künste Berlin. Künstlerische Artdirection für internationale Agenturen in Tokyo, New York, London, Zürich und Hamburg. Seit 1988 freiberuflich als Multimedia-Künstler mit Ateliers in Düsseldorf, Shanghai und Tokyo. Kanjo Také lebt in Düsseldorf.



Rene Heinersdorff

Der Macher: René Heinersdorff

Schauspieler, Regisseur, Autor und Theaterdirektor


von Evelin Theisen

"Nicht umsonst sind wir so ziemlich das einzige unsubventionierte Theater dieser Größe, das nicht klagt."

Es gibt Leute, die behaupten, René Heinersdorff erkennt erst am Bühnenbild, in dem er als Scha​uspieler auftritt oder in dem er als Regisseur inszeniert, in welcher Stadt er sich befindet. Nicht selten hat er gleichzeitig vier Stücke zu betreuen. Als Autor, als Schauspieler, als Regisseur und als Produzent.

1963 geboren, wollte er schon mit 12 zum Theater. Sein erstes diesbezügliches Erlebnis war der Besuch einer Vorstellung von Brandon Thomas’ CHARLYS TANTE, was in der nächsten Spielzeit, gute 40 Jahre später, in Düsseldorf in seiner Inszenierung mit Marcus Majowski zu sehen sein wird. Seine Vorliebe für Komödien und das Boulevard war da bereits geprägt. Nicht umsonst waren - neben seinem Studium der Germanistik und Philosophie nach seinem Godesberger Abitur - seine Lehrmeister Wolfgang Spier, Harald Leipnitz und die legendären Wölffers. Und seine engen Freunde in diesem Beruf heißen Jochen Busse und Hugo Egon Balder, alles Spezialisten im theatralischen Erzählen von komischen Geschichten.

Ein normaler Tag in Düsseldorf, den DJournal begleitet hat, sah so aus: Um 07h30 verlässt er das Haus mit seinen drei Kindern. Das Wegbringen der Kinder in Schule, Kindergarten und Krabbelgruppe dauert eine gute Stunde.

Im Kindergarten, der zweiten Station, trifft er seinen Freund Moritz Führmann, einer der Protagonisten am Düsseldorfer Schauspielhaus. Führmann und er tauschen sich aus, informieren sich über die neuesten Stimmungen, Projekte, aber auch Gerüchte und Vertraulichkeiten der Theaterszene. Ein Käffchen im Stehen, obwohl Heinersdorff morgens am liebsten Tee trinkt.

Danach fährt Heinersdorff, der leidenschaftlicher Nutzer der öffentlichen Verkehrsmittel und BahnCard 100 ist, nach Köln. Dort synchronisiert er heute einen neuen Walt-Disney Film. Er spielt einen Frosch: surrt, krächzt, überschlägt die Stimme für eine gute Stunde und trifft per Zufall seine alten Weggefährten Thomas Fritsch und Rolf Berg, die ebenfalls aus der Dunkelkammer kommen.

Viel Zeit bleibt nicht. Um 10h ist Probe im Kölner Theater am Dom für Charlys Tante. Unlängst hat er das Stück in Bamberg inszeniert und probiert nun die Kölner Version mit einem Ensemble von 9 Leuten. Mit bester Laune und einem offenen Ohr für alle Belange der Schauspieler - und scheinen sie noch so zweitrangig - treibt er die heutige Szene auf Tempo. Um 13h ist Schluss. Sein Geschäftspartner Oliver Durek fängt ihn noch kurz für ein paar unternehmerische Entscheidungen ab und begleitet ihn über die Domplatte zum Hauptbahnhof, um noch ein paar Details zu besprechen.

Fast, aber auch nur fast, pünktlich erreicht er gegen 14h die Probebühne auf der Kronprinzenstraße in Düsseldorf. Tom Gerhardt, Moritz Lindbergh und Tina Seydel probieren das Stück DINNER FÜR SPINNER von Francis Veber, das nun schon erfolgreich Premiere hatte. (Siehe Bericht auf Seite...) Heute sollen Sprachaufnahmen gemacht und ein heikler Umzug probiert werden, da Tina Seydel eine Doppelroll​e spielt. Tom Gerhardt wartet mit neuesten Textänderungen auf, die er allabendlich zur Verbesserung am Stück vornimmt. Mit viel Lachen und Spaß werden Passagen eingearbeitet oder verworfen, eingearbeitet oder modifiziert.

Um 19h macht sich Heinersdorff auf ins Theater an der Kö. In den Schadow Arkaden kann man allabendlich im Basement unterschiedlich essen. Heute entscheidet er sich gegen Sushi oder Currywurst und wählt den Thailänder. Kein Gastronom, der ihn nicht herzlich grüßt. „Das hier ist meine Multi-Kulti-Kantine“, lacht er und schiebt sich zwei vegetarische Frühlingsrollen in den Mund.

Um 20h heißt es: Vorhang auf für DER MENTOR von Daniel Kehlmann, der 20-jährigen Jubiläumsproduktion des Theaters (DJournal berichtete im letzten Heft). Als er um zwanzig vor acht die Garderobe betritt, ruft sein Bühnenpartner Peter Bongartz: Du bist aber früh heute!

Nach der Vorstellung trifft er noch Gäste aus Stuttgart: den Theaterleiter Manfred Langner, der die Produktion DER MENTOR gerne nach Stuttgart einladen möchte.

So kann es, wie im letzten Sommer, passieren, dass zeitgleich sieben Produktionen aus Heinersdorffs Düsseldorfer Theaterschmiede bundesweit unterwegs sind: „Ohne das ginge es nicht. Nicht umsonst sind wir so ziemlich das einzige unsubventionierte Theater dieser Größe, das nicht klagt. Leben könnte ich von dem Theater nicht. Das ist ein Nullsummenspiel ohne die eigene Arbeit zu berechnen. Ich verdiene erst, wenn die Produktion weiter verwertet wird. Auch als Autor.“

Ach ja: Wann schreibt er eigentlich die Stücke, die überall gespielt werden?

„Im Zug. Die Deutsche Bahn ist mein Büro. Deshalb stören mich die vielen Verspätungen nur, wenn ich selber spielen muss.“

Wenn das kein echter MACHER ist …



Björn Merse und Paul Jäger und Christian Theisen

"Fortuna wird in 10 Jahren ein etablierter Bundesligist sein"

Interview mit Paul Jäger, Vorstand Finanzen bei Fortuna Düsseldorf


von Björn Merse und Christian Theisen

Sie sind erst spät zum Fußball gekommen. Ihre erste Sportart war immer Hockey, gefolgt von Tennis. Wie sind sie zu Fortuna gekommen?

Ich bin schon ganz früh Fortuna-Fan gewesen. Meine Erinnerung setzt 1964 ein, da habe ich schon Spiele mit meinem Vater besucht. Unvergessen ist der erste Aufstieg der Fortuna in die Bundesliga 66, dazu die WM in England. Unser erster Sieg in der Bundesliga direkt im ersten Spiel damals beim amtierenden Europameister BVB in Dortmund. In der 92. Minute schoss Pitter Meyer das 2:1 für uns. Und dann diese unglückliche Niederlage unserer Nationalmannschaft in Wembley gegen England. Diese beiden Ereignisse haben aus mir endgültig einen Fußballverrückten gemacht. Hinzu kam, dass Onkel Matthes (Mauritz) mein Nachbar war und mich öfter einmal in der Kindheit zu den Spielen der Fortuna mitnahm.

Könnten Sie sich vorstellen, irgendwann im Bereich Hockey aktiv zu werden, damit dieser Sport noch beliebter und wirtschaftlich erfolgreicher in Deutschland wird?

Hockey hat sich für mich durch den Kunstrasen ein wenig entfremdet. Das ist eine andere Sportart geworden! Physische Voraussetzungen haben an Wichtigkeit gewonnen, die Technik kommt mir oft zu kurz. Pakistanis und Inder waren zu meiner Zeit tolle Techniker. Durch die neuen, mit dem Kunstrasen verbundenen Anforderungen, sind sie hinten runter gefallen. Grundsätzlich könnte Hockey aus meiner Sicht im Indoor-Bereich, also im Hallenhockey, in Deutschland die Nr. 1 werden. Aber dies wurde nie angestrebt. Dazu ist Feldhockey zu wichtig, weil olympisch. Eine ähnliche Begeisterung, wie es das Feldhockey in Holland entfacht, sollte allerdings auch in Deutschland möglich sein. Dazu müssten die Vereine, vor allem die Bundesligisten, wahrscheinlich in eine bessere Infrastruktur investieren. Tribünen in unmittelbarer Nähe zum Platz, das wäre gut für die Stimmung. Und VIP-Bereiche - da gibt es sicherlich eine interessierte Zielgruppe. Die Hockeyvereine benötigen zusätzliche Einnahmequellen für ihren Etat.

Fortuna hat gerade Anfang der 2000er-Jahre einen starken sportlichen Abstieg hingelegt. Man war sogar viertklassig und trotzdem sind Sie dabei geblieben. Gab es keine Angebote von anderen höherklassigen Vereinen?

Oh doch, ich hatte zwischendurch immer mal Angebote von anderen Vereinen - unter anderem zu Rüssmanns Zeiten von Gladbach - und Rostock war zu deren Bundesligazeiten auch einmal ein Thema. Aber ich leiste mir den Luxus, mein Hobby Fortuna zum Beruf gemacht zu haben und deshalb bin ich nicht käuflich. Hundertprozentige Identifikation geht nur bei Fortuna - hier bin ich zu Hause, hier ist mein Verein, einmal Fortune, immer Fortune! Und Düsseldorfer mit Leidenschaft bin ich nebenbei auch!

Wie ist es Fortuna gelungen, die Mitgliederzahlen von 2.250 im Jahr 2006 auf 24.000 aktuell zu steigern?

Durch unsere Mitgliederkampagne, die vorsieht, dass jeden Monat Gewinne für Neumitglieder ausgelobt werden, die man nicht kaufen kann. Diese Idee war die Seele des Ganzen und wird auch noch heute durch Claudia Beckers mit Engagement und Leidenschaft umgesetzt. Dazu kamen dann verstärkende Maßnahmen, wie die Möglichkeit des Beitritts über eine Online-Mitgliedschaft oder der zwischenzeitliche Aufstieg in die Bundesliga. Insgesamt eine Erfolgsgeschichte, die noch lange nicht zu Ende ist!

Kann man die Bundesligazeit in den 90er-Jahren eigentlich überhaupt noch mit Ihrer aktuellen Arbeit vergleichen oder liegen da Welten zwischen?

Als ich 1989 angefangen habe, hatte ich eine Festangestellte und eine Azubi! Der Fußball hat sich in den letzten 25 Jahren unglaublich entwickelt! Mittlerweile sind alle 36 Vereine der DFL mittelständische Unternehmen. Die Fortuna hat in der 2. Bundesliga einen Umsatz von ca. 30 Millionen Euro und verfügt insgesamt - ohne angestellte Fußballspieler und Trainer - über 50 Mitarbeiter.

Können Sie anhand einiger Zahlen verdeutlichen, wie sich das Fußballgeschäft – insbesondere bei Fortuna – in den letzten 25 Jahren verändert hat?

Nun ja, damals gab es zum Beispiel nicht einmal einen Bereich wie Merchandising. heute haben wir als Zweitligist dort einen Umsatz von 2 Millionen Euro.
Die unglaubliche Entwicklung der TV-Erträge ist jedem bekannt! Zu Bundesligazeiten hatten wir damals einen Gesamtetat von 12 Millionen DM. Heute wäre dies ein Etat von 60 Millionen Euro.

Paul Jäger und Björn Merse

Fortuna steht heute wirtschaftlich wieder gut da. Sie waren in guten und in schlechten Zeiten in der wirtschaftlichen Verantwortung. Was machen Sie heute anders als vor 15 Jahren?

Nicht ganz richtig! Ich war immer für die Zahlen verantwortlich. Aber es ist ein Unterschied, ob du weisungsgebundener Geschäftsführer bist und einem Finanzvorstand oder Schatzmeister zuarbeiten musst oder ob du Vorstand und damit Entscheider bist. Ich war schon einmal in den Jahren 1994 bis 1997 Vorstand und auch in dieser Zeit war die Finanzwelt bei der Fortuna in Ordnung. 1997 war ich als Vorstand nicht mehr gewünscht, weil die Fortuna aus der Bundesliga abgestiegen ist und eine neue Vorstandsmannschaft den Verein führen wollte. Die finanztechnischen Informationen waren damals wie heute vorhanden, die Prognosen bezüglich GuV und Liquidität waren nachweislich korrekt, aber die Maßnahmen, die vom jeweiligen Vorstand eingeleitet (oder nicht eingeleitet) wurden, um die Finanzen in Ordnung zu bringen oder in Ordnung zu halten, waren in meiner Zeit als weisungsgebundener Geschäftsführer nicht in meinem Sinne. Ich habe die ganzen Jahre über die Berichte für die Schatzmeister geschrieben und es wurde darin - vor allem nach den abgeschlossenen Verträgen mit der Sportwelt - immer von einer galoppierenden Verschlechterung des Minuskapitals gesprochen und dies wurde auch im Rahmen von Jahreshauptversammlungen verlesen. Keinen hat es gestört! Das finanzielle Desaster des Vereins war abzusehen und eine ganze Menge Leute sind sehenden Auges trotzdem und unbeirrt in die gleiche und falsche Richtung weiter marschiert. Aber, schauen wir in die Zukunft, denn alle früheren Verantwortlichen haben es gut mit dem Verein gemeint und ihr Bestes gegeben.

Waren Sie überrascht, als auf der gerade erst stattgefundenen Mitgliederversammlung ihr Aufsichtsratsvorsitzender Burchard von Arnim keine Mehrheit gefunden hat?

Ich habe mir abgewöhnt, mich im Fußball oder bei der Fortuna überraschen zu lassen. Niemand kann sagen, dass die Gremien der Fortuna - also Vorstand und Aufsichtsrat - in den letzten Jahren nicht erfolgreich und kontinuierlich gearbeitet hätten. Deshalb irritiert es mich ein wenig, dass der Aufsichtsratsvorsitzende und sein Stellvertreter abgewählt wurden.

Eigentlich bringt Düsseldorf beste Standortbedingungen für einen erfolgreichen Fußballverein mit. Warum ist aus der Fortuna nie ein „Großer“ wie der BVB oder Bayern München geworden?

Wir haben aktuell seit mehreren Jahren zum ersten Mal die Möglichkeit, uns als Verein kontinuierlich und ohne Störfeuer aus den unterschiedlichsten Richtungen zu entwickeln. Dies haben wir genutzt und viele Weichen für eine tolle Zukunft des Vereins gestellt! Düsseldorf hat in der Tat beste Voraussetzungen für einen Fußballverein, und diese Voraussetzungen werden und wollen wir nutzen. Viele Vereine der Bundesliga sind zwar aufgrund unserer 10jährigen Abstinenz vom Lizenzfußball Lichtjahre von uns entfernt, aber wir holen überproportional auf.

Welche Vereine sind Benchmark für Fortuna in wirtschaftlicher Hinsicht?

Wir schauen immer, was die Konkurrenz besser macht: Welche Anstrengungen unternehmen andere Vereine bezüglich des Nachwuchsleistungszentrums? Mit welchem Etat planen sie für die Lizenzmannschaft? Wie sieht die Infrastruktur aus? Woher haben andere Vereine ihre Gelder? Es lohnt sich grundsätzlich immer, zum Branchenführer nach München zu schauen. Aber im Ergebnis muss jeder Verein seinen eigenen Weg finden.

Die Diskussion um sogenannte Retortenvereine, wie Hoffenheim oder RB Leipzig ist ja in aller Munde. Wie stehen Sie dazu? Ist dieser Weg überhaupt noch aufzuhalten?

Hoffenheim ist kein Retortenverein! Die haben nur mit Herrn Hopp jemanden gefunden, der sich materiell und ideell dort engagiert. Leipzig ist auch nicht mein Fall. Mateschitz und seine Marketingkampagnen sind mir nicht sonderlich sympathisch. Aber insgesamt gilt es, mit dem Jammern aufzuhören. In der Tat, wir können solche Entwicklungen wahrscheinlich nicht aufhalten.
Deshalb müssen wir schauen, dass auch die Fortuna langfristige Partner findet, die uns bei der mittelfristigen Etablierung der Fortuna in der Bundesliga helfen. Da müssen die Verantwortlichen im Verein ergebnisoffen diskutieren! Allerdings kann jeder Fortune sicher sein, dass wir die Tradition im Verein wahren und langfristige Partner in die Philosophie der Fortuna passen müssen.

Wann sehen wir die Fortuna endlich international wieder spielen?

Erst einmal müssen wir in die Bundesliga aufsteigen, dann die Bundesliga halten, dann uns etablieren, und dann marschieren wir in Richtung Tuchfühlung zu den UEFA-Rängen! Und dann schreiben wir das Jahr 2024 und die Weltmeisterschaft findet in Katar statt.

Wo sehen Sie Fortuna in 10 Jahren? Wo sehen Sie sich in 10 Jahren?

Fortuna wird in 10 Jahren ein etablierter Bundesligist sein und vielleicht auch einmal an die UEFA-Cup-Ränge klopfen können. Und ich helfe manchmal am Flinger Broich oder helfe in Wolf Werners Garten in Wilhelmshaven.

Zählt für Sie wie für manch andere hier im Verein auch: Einmal Fortuna immer Fortuna?

Bis dass der Tod uns scheidet und gerne auch darüber hinaus!


Kurzvita

Paul JägerDer 56-Jährige Paul Jäger arbeitet seit 1989 für die Fortuna. Bis Frühjahr 2010 war der in Düsseldorf geborene ehemalige Bundesliga-Hockeyspieler kaufmännischer Geschäftsführer des Vereins und erlebte dabei großartige, aber auch betrübliche Zeiten der Vereinsgeschichte. Der Diplom-Kaufmann begleitete wie Peter Frymuth und Thomas Allofs den Weg zurück in die Bundesliga und wurde im Mai 2010 in den Vorstand der Fortuna berufen. Paul Jäger verfügt über gute Beziehungen zum DFB und DFL und gilt als ausgewiesener Experte in Sachen Lizenzierung.