15. Dezember 2023In GESELLSCHAFT & KULTUR, 2023/3

Taka Kagitomi in seinem Atelier

Wer bist du? Was machst du? Wie siehst du dich?
schwierig…(lachend). Ja ich bin Taka Kagitomi aus Japan…

Woher genau in Japan?
Chiba, neben Tokio.
Ich bin schon länger hier, habe vor etwas mehr als 10 Jahren an der Kunstakademie Düsseldorf studiert.

Wann bist du nach Deutschland gekommen?
hmmm… weiß nicht so genau… vor ca. 20 Jahren vielleicht?

Was brachte dich hierher?
Ich wollte immer ins Ausland, weil damals in Japan, viel mehr noch als heute, alles hauptsächlich Japaner waren, es wurde nur Japanisch gesprochen. Ich war neugierig was draußen passiert. Wenn ich in Japan bin, treffe ich nur Japaner, spreche nur Japanisch. Weil ich ins Ausland wollte, habe ich Englisch studiert in Tokio. Nicht lange, nur zwei Jahre lang. Ursprünglich wollte ich nach Kanada oder so… Schweiz… Alpen, Rocky Mountains, Amerika, schöne Landschaften, Seen…

Du wolltest schöne Landschaften, bist aber in Düsseldorf gelandet…
Das war einfach Zufall. Damals musste ich eine zweite Sprache wählen. Da gab es Spanisch, Französisch… eine von beiden wollte ich. Man musste einen Wunschzettel ausfüllen, ich notierte Spanisch und Französisch. Es gab noch Deutsch, Chinesisch… Chinesisch wollte ich auf keinen Fall! Noch eine asiatische Sprache will ich nicht lernen… also Deutsch, egal.
Aber da die ersten beiden Kurse voll waren bin ich im Deutschkurs gelandet. Dann habe ich ein oder zwei Jahre lang Deutsch gelernt, einmal die Woche in Tokio. Wenn du einmal die Woche Deutsch lernst, hast du’s in der nächsten schon vergessen, denn du benutzt es nicht, brauchst es ja auch nicht. Da gab’s damals sowieso kaum Deutsche in Tokio.

 

T56 Eindhoven 2022 foto credit krijn, , Taka Kagitomi in seinem Atelier

Hast du in Japan auch schon Kunst oder Musik gemacht?
Nein.

Nein? Also erst in Deutschland?
Musik… doch ich habe in der Schule Trompete gespielt. Aber nur ein Jahr.

Dann landest du zufällig in Deutschland und wirst Künstler?
Ja, ich habe früher gerne gezeichnet, aber nicht Kunst studiert.

Wie kamst du denn zur Kunst?
Damals habe ich in einem Hotel gearbeitet. Das war so ein Stellenangebot einer Sprachschule. Und dann habe ich per Zufall „Düsseldorf, Hotel sucht Mitarbeiter“ gesehen. Ich habe mich beworben… Ich wollte eigentlich nicht, aber es war interessant… okay warum nicht, Deutschland. 6 Leute wurden gesucht aber 60 Japaner hatten sich beworben. Ich dachte ich hätte sowieso keine Chance, aber ich hatte ein bisschen Deutsch gelernt, vielleicht hilft das. Ich habe ihnen die ganze Zeit in die Augen geguckt, ah ich bin motiviert!! Irgendwas erzählt die ganze Zeit, da haben die mich genommen. So habe ich angefangen im Hotel zu arbeiten. Ich hatte Freunde kennengelernt, Künstler, Musiker. Weil die kein Geld hatten, sind die zum Essen in die Mensa der Kunstakademie gegangen, die hatten damals nicht geprüft, ob man wirklich Student war.
Nach dem Essen sagte immer jemand: Komm wir gehen gucken, in ein Atelier, den kenne ich, gucken wir uns die Bilder an. Dann sah ich’s mir an und dachte: Ja, das kann ich doch auch, das kann ich besser!
So habe ich angefangen mich damit zu beschäftigen. Musik war sowieso schon interessant, ich wurde auch öfter zu Jam-Sessions eingeladen.

Und dann hast du dich einfach beworben und 5 Jahre lang studiert?
Nee länger! 6–7 Jahre!

In welcher Klasse warst du?
Bei Penck (A.R. Penck – 1989-2005 Professor für freie Graphik an der Kunstakademie Düsseldorf)
Und bei Tal R (Tal Rosenzweig – Seit 2005 Professor einer Malereiklasse an der Kunstakademie Düsseldorf)

Was hast du in der Zeit gemacht?
Hauptsächlich Malerei, aber auch Skulptur, Installation… alles Mögliche

Wie alt warst du, als du anfingst?
So Ende 20. Ich habe zusammen mit einigen 18-Jährigen angefangen.

Hat die Akademie dir viel bieten können?
Die Akademie ist wie ein großes Atelier, so wie hier. Man kann gucken, was andere Klassen machen, es gibt viel Input. Wenn du Malerei machst oder etwas baust, ganz egal, wird es immer Vorgänger in einer ähnlichen Richtung geben, die sich schon länger damit beschäftigen. Wie ein Vorbild. Man kann mit ihnen quatschen; „Hey wie machst du das?“ oder seine Sachen zeigen, „Wie findest du das?“ Es gibt viel Austausch.
Technische Sachen lernt man da nicht so wie in einem Kurs: „Heute machen wir das und das“. Wenn dich etwas interessiert und du nicht weißt, wie du das machst, dann gibt’s verschiedene Werkstätten mit Spezialisten, die dir helfen.

Was für Arbeiten machst du jetzt?
Schwer zu sagen… ich mache alles! Immer mehr Musik, Sound-Kunst, Musikinstrumente, Performance. Ich interessiere mich für diesen direkten Input, die Vibration, die brauchst du nicht erklären, da gibt es keine Sprache, du verstehst es direkt. Es nimmt die Leute direkt mit. Sonst mache ich auch Installationen, Skulpturen, die Musikinstrumente sind. Installation ist Installation, weil sie direkt mit dem Ort verbunden, für den Ort gemacht ist, denke ich.

Ist Musik gerade dein Schwerpunkt?
ja, immer mehr. Es macht mir Spaß, wobei man natürlich in ökonomischer Hinsicht ein Gleichgewicht finden muss. Spaß macht’s schon aber davon zu leben ist schwierig.

Was ist dein Arbeitsansatz? Hast du eine spezielle Herangehensweise?
Ich arbeite gerne mit Fundstücken, Dingen deren Gestalt ich interessant finde und dann bringen die Sachen mich durch ihre Form auf Ideen. Dann überlege ich, was ich noch brauche, und fange an alles zusammenzubauen.

Kannst du mir etwas über deine Performances erzählen?
Kommt drauf an, was für Performance, wo, wie… z.B. mit den selbstgebauten Instrumenten, Installationen, damit zu musizieren ist die Performance.

Bist du nicht auch in einer Band?
Ja, Dead Sex Universe.

Wie würdest du beschreiben, was ihr macht?
Improvisierte, experimentelle Musik, performativ. Nicht nur musikalisch, sondern auch visuell. Auch mit Spielzeugen, gefundenen Objekten.

Wie siehst du Deine Rolle als Künstler und Musiker in der Düsseldorfer Szene?
Ich weiß es nicht… Also ich verstehe es nicht als Rolle oder so, aber ich möchte anderen Leuten einen Impuls geben, dass andere auch sowas machen.

Du lockerst die Leute auf und verleitest sie dazu mitzumachen, mitzuspielen.
Ja so, dass sie auch anfangen zu klopfen.

 

takacyan2cropped, , Taka Kagitomi in seinem Atelier

Ich erinnere mich an einige Jam-Sessions mit Dir. Die Leute werden ganz verspielt und fangen an in allem ein mögliches Instrument zu sehen. Hat sich die Düsseldorfer Musikszene in der Zeit, in der du hier bist, irgendwie verändert/gewandelt?
Ich glaube Corona hat echt was gemacht… Man konnte nicht Musik machen oder ausstellen. Dann habe ich mich gefragt, wie wir ein Konzert machen könnten. Ich hatte dann die Idee mit dem Open-Air Kino. Ein Open-Air Konzert mit Radio Funk. Ich habe direkt jemanden angesprochen, der im Subsol, im Keller, auf der Ackerstraße 67 experimentelle Musik macht. Subsol muss man sich notieren, das heißt auf Rumänisch „Keller“, also ein Keller-Raum. Es gibt ihn seit vielen Jahren, vielleicht 8 oder länger eine alternative, experimental Musikszene, eine Kneipe – nein nicht Kneipe, weil alles auf Spendenbasis ist. Da wird nichts verkauft. Man kann deren Newsletter abonnieren, um immer Bescheid zu wissen. Da kommen unterschiedliche Musiker, manche von weit her, Schweiz, New York, Belgien, Berlin… In der Szene sehr bekannt. Es gibt nicht so viele Orte, wo solche Musik gemacht wird. Das WP8 macht auch manchmal Konzerte mit alternativer Musik und hier auf der Erkrather 365 passiert manchmal auch was, aber es gibt hier keinen Newsletter oder so. Oft weiß man gar nicht Bescheid, was die anderen hier so machen.

Ich bekomme vieles hier in Düsseldorf oft gar nicht mit. Es kann einem manchmal so vorkommen, als sei die Stadt nicht so vernetzt, oder die Netze seien etwas versteckter.
Ja es braucht überhaupt mehr Zusammenarbeit. Auch mit den jüngeren Leuten. Das ist besonders interessant, denn sie wissen weniger aber trauen sich deswegen Sachen, die ältere nicht tun würden, die z.B. aus einem klassischeren Musik-Hintergrund kommen.

Arbeitest Du gerne mit vielen Leuten zusammen?
Ja, doch.

Oder lieber alleine für Dich?
Wenn ich Sachen baue, Skulpturen, mache ich’s lieber alleine. Ich weiß ja selber nicht wie und kann nicht sagen „Mach das so und so“. Wenn ich es selber mache, ist es anders. Ich schraube es anders dran.
Ich bin gleich noch verabredet, jemand kommt und hilft mir diesen Schrank hier wegzuräumen.

Ich habe dich lange aufgehalten! Möchtest du abschließend noch etwas sagen?
Derzeit gibt’s so viel Krieg, so viele Konflikte. Die Leute sollten alle Musik spielen, statt Krieg zu machen. Das wäre optimal.

■ Ildikó Majevszkaja

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