14. Dezember 2023In Medizin, 2023/3

„Ärzte IN”legt Finger in die Wunden der Gesundheitspolitik

Rund 450 Gäste aus der Medizin- und Gesundheitsbranche kamen zum zweiten „Ärzte IN”-Treff des Jahres auf dem Areal Böhler. Drei Experten stellten sich in der Alten Federnfabrik den Fragen von Antje Höning, der Leiterin der RP-Wirtschaftsredaktion:
Prof. Dr. Gernot Marx, Intensivmediziner der Uniklinik Aachen, Dr. Susanne Ozegowski, Leiterin der Digitalisierungsabteilung im Bundesgesundheitsministerium, und Dr. Florian Reuther, Direktor des Verbands der Privaten Krankenversicherung.

Die Lage im Gesundheitswesen spitzt sich aktuell zu: Die Infektionszahlen gehen nach oben, Atemwegserkrankungen häufen sich, Personal fällt krankheitsbedingt aus, Krankenhäuser gehen in die Insolvenz. Allein in NRW betrifft dies neun Kliniken. Das größte Problem sei der Fachkräftemangel, erklärte Prof. Marx und nutzte die Gelegenheit für eine Doppelimpfung gegen Influenza und Corona zu werben.
Ob bei der Risikoüberprüfung anlässlich der Aufnahme in eine Privatversicherung auch nach Long Covid gefragt werde, wollte Antje Höning wissen. Das sei der Fall, bestätigte Reuther, auch wenn die Versicherungen am Ende selber entscheiden, wie streng sie bei der Risikoprüfung vorgehen.
Das Publikum wurde per Umfrage in die Diskussion miteinbezogen. Ein Meinungsbild wurde erstellt, ob die elektronische Patientenakte verpflichtend für alle Versicherten sein müsste. Fazit: Die Anwesenden befürworten die Digitalisierung unter der Voraussetzung, dass die Technik funktioniert. Von ungefähr kam diese Antwort nicht, denn es gibt noch immer Gesundheitsämter, die mit Faxgeräten arbeiten und nicht ans WLAN angeschlossen sind, wie Dr. Ozegowski einräumen musste.
Die Publikumsumfrage bezüglich der größten Probleme der Gesundheitsvorsorge ergab, dass dies die Insolvenzen der Krankenhäuser und die Budgetierung in den Praxen seien.

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ
Ist KI der bessere Diagnostiker? Prof. Marx zeigt sich überzeugt, dass auf menschliche Ärzte auch in Zukunft nicht verzichtet werden könne. Andererseits sei die KI gerade in der Intensivmedizin ein Trend, weil sie eine sehr gute Vorhersagekraft habe. So könne man zum Beispiel ein Lungenversagen zwei Tage vorher prognostizieren oder eine Sepsis zwölf Stunden vorher erkennen – wertvolle Stunden, die für den Patienten lebensrettend sein können. Aber auch Übergewicht von Kindern, Brustkrebs und Demenzerkrankungen ließen sich mithilfe von KI früher erkennen, was Kosten und Leid ersparen helfe.

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion ging es zur Stärkung ans Buffet von Caterer Broich und dann zum Netzwerken an die Tische. Die Partnerstände, ohne die ein solches Event gar nicht funktionieren würde, erfreuten sich am Interesse der Besucher.
■ Dr. Susan Tuchel

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